Kiel. Stufenpläne oder überraschende Kooperationen – jedes Bundesland verfolgt eigene Wege. Kritik in Schleswig-Holstein wächst.

Wann geht es wieder mit dem Tourismus an der Nord- und Ostsee los? Und wie? Diese Fragen treibt mittlerweile viele Unternehmer und auch viele Politiker an der Küste um. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hat am Donnerstag einen Fünf-Phasen-Plan für den Ausstieg aus den durch die Coronapandemie ausgelösten Maßnahmen verkündet. Startpunkt: 1. Mai.

In Schleswig-Holstein beginnt der dortige dreistufige Plan am 4. Mai mit der Öffnung der Zweitwohnungen – auch solcher, die auf den Inseln oder Halligen liegen. Dies beschlossen Landesregierung und Landräte am Donnerstag via Telefonkonferenz – unter dem Vorbehalt des weiteren Infektionsgeschehens.

Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sagte: „Wir müssen den Weg von Lockerungen weiterhin behutsam gehen und sorgfältig abwägen, an welchen Stellen mit Blick auf das Infektionsgeschehen bestehende Einschränkungen zurückgenommen werden können.“ Damit hat die erste Stufe in Günthers touristischem Öffnungsplan nun einen Termin. Weitere, noch nicht terminierte Stufen sind die Öffnung der Ferienwohnungen und Hotels sowie des Tagestourismus.

Fünf Schritte bis zur Öffnung in Mecklenburg-Vorpommern

Mecklenburg-Vorpommern hat sich für ein Fünf-Phasen-Programm entschieden. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) sprach am Donnerstag von einem Plan für einen „sicheren Tourismus“, der die Bevölkerung schütze. Es ist ein Plan mit einer starken regionalen Komponente: Zum 1. Mai sollen Zweitwohnungsbesitzer ins Land kommen können. Die weiteren vier Schritte sind ebenfalls noch nicht terminiert.

Klar ist aber, das am 5. Mai über das weitere Vorgehen beraten wird. In einem zweiten Schritt soll laut Schwesig eine „sichere Gastronomie“ erlaubt werden. In einem dritten Schritt folgt der Übernachtungstourismus, der zunächst auf Einwohner aus Mecklenburg-Vorpommern selbst beschränkt bleibt. Im vierten Schritt dürfen auch Touristen aus den anderen Bundesländern kommen. Erst der fünfte Schritt macht Tagestourismus und internationalen Übernachtungstourismus möglich.

Niedersachsen plant gemeinsam mit Baden-Württemberg und NRW

Niedersachsen will gemeinsam mit Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen ein Tourismuskonzept erarbeiten. Am 30. April wollen Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) und seine beiden Ministerkollegen einen Vorschlag „für eine weitere und gestufte Öffnung des Einzelhandels sowie von Gastronomie und Hotellerie“ vorlegen. An jenem Tag treffen sich die Ministerpräsidenten der Länder mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), um über weitere Lockerungen ab dem 18. Mai zu beraten.

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„In unseren Bundesländern haben Tourismus, Einzelhandel, Hotellerie und Gastronomie eine besondere Bedeutung“, sagte Althusmann. Angesichts der Vielzahl attraktiver Ausflugziele und Erholungsgebiete und wegen der hohen Qualität der Angebote prägten Einzelhandel, Hotellerie und Gastronomie unser Wirtschaftsgefüge nachhaltig.

„Es muss uns gelingen, diese einzigartigen Strukturen zu erhalten. Deshalb benötigen wir jetzt schnell eine wohlüberlegte, differenzierte und zwischen unseren Bundesländern abgestimmte Vorgehensweise, zumal der Öffentlichkeit in Hotellerie und Gastronomie eine uneinheitliche Strategie kaum vermittelbar ist“, erklärte Althusmann nach einem Treffen mit der baden-württembergischen Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut und Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart.

Kritik an Schleswig-Holsteins Regierung wächst

Warum Schleswig-Holstein bei diesem gemeinsamen Vorstoß außen vor bleibt, war am Donnerstag nicht zu ermitteln. Immerhin gibt es zwischen den beiden Nord-Bundesländern mehr Gemeinsamkeiten als etwa mit dem Süd-Bundesland Baden-Württemberg.

 In Schleswig-Holstein wächst nicht nur deshalb die Kritik an der Landesregierung. Regina Poersch, die tourismuspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, sagte: „Die Hotel- und Gastronomiebetriebe und deren Beschäftigte müssen wissen, worauf sie sich einstellen müssen. Die bisher vagen Aussagen des Ministerpräsidenten werden der Verantwortung für den für unser Land wichtigsten Wirtschaftszweig jedenfalls nicht gerecht!“

Coronakrise ist im Norden auch eine Tourismuskrise

Die Coronakrise sei auch eine Krise für die Tourismuswirtschaft. „Dass Hotels und Restaurants in Schleswig-Holstein so schnell wie möglich wieder öffnen möchten, ist nur zu verständlich“, sagte Poersch. „Niemand möchte, dass die Saison 2020 komplett abgeschrieben werden muss.“

Der SSW-Fraktionsvorsitzende Lars Harms sagte: „Die Saison nähert sich bereits der zweiten Hälfte, und die Landesregierung hat immer noch keinerlei Strategie, wann und unter welchen Voraussetzungen schrittweise Lockerungen erfolgen sollen. So geht man nicht um mit einem der wichtigsten Wirtschaftszweige unseres Landes.“ Der Tourismus brauche zügig klare Ansagen und Planungssicherheit. „Sonst droht eine massive Insolvenzwelle an Ost- und Westküste, von der wir uns jahrzehntelang nicht erholen werden“, sagte Harms.

SSW: Man muss die Grenzen „jetzt einfach mal öffnen“

Den Streit zwischen Landräten und Landesregierung um die Öffnung der Zweitwohnungen bezeichnete er als „dummes Zeug“. „Zweitwohnungsbesitzer verhalten sich am Zweitwohnsitz auch nicht anders als am Erstwohnsitz. Hier wie dort halten sie sich an die Regeln. Die Leute sind vernünftiger, als manche denken“, so Harms. Deshalb könne man das Nutzungsverbot auch schon vor dem 4. Mai zurücknehmen.

„Ich bin dafür, dass ab 4. Mai auch Hotels und Restaurants, aber auch Campingplatzbetreiber öffnen können – selbstverständlich unter Wahrung der Hygiene- und Abstandsregeln. Auch das Reiseverbot sollte dann fallen“, sagte der SSW-Fraktionschef. Man müsse die Grenzen „jetzt einfach mal öffnen“.

Sonderregelung für Ferienwohnungen auf den Inseln

Im Streit um die Nutzung der Zweitwohnungen hat sich die Landesregierung gestern nicht durchsetzen können, vielleicht auch nicht wollen. Besonders die FDP in der „Jamaika“-Koalition wollte eine schnelle Öffnung der Zweitwohnungen. Rechtlich wäre es möglich gewesen, sie seitens des Landes anzuordnen. Doch nun bleibt es beim 4. Mai. Ostholsteins Landrat Reinhard Sager sagte: „Die Landräte begrüßen einen Stufenplan für eine Lockerung der Schutzmaßnahmen im Bereich Tourismus.“

Man bleibe – so wie bisher bei den Beschränkungen – auch bei der Aufhebung einzelner Maßnahmen im Gleichklang mit den Vorgaben der Landesregierung. Für Zweitwohnungen auf Inseln und Halligen gibt es allerdings eine Besonderheit: Wenn der Wohnungsbesitzer in Coronaquarantäne muss, dann muss sie am Erstwohnsitz angetreten werden.