Kiel. Viele Ferienorte an Nord- und Ostsee versuchen, das Wachstum an Ferienobjekten zu stoppen. Es sind sogar Verbote im Gespräch.

Neue Ferienhäuser und -wohnungen an Nord- und Ostsee zu bauen, wird in Zukunft schwieriger werden. Viele Ferienorte versuchen, das Wachstum an Ferienobjekten zu stoppen. Denn was auf Sylt schon lange ein Thema ist, gilt auch für die anderen Küstenorte: Überall herrscht Wohnraummangel.

Zwar gibt es ausreichend Wohnungen und Häuser, aber diese werden zu einem großen Teil als Ferienunterkünfte genutzt. Um Wohnraum für die Einwohner zu schaffen, wollen nach Scharbeutz auch andere Gemeinden genauer prüfen, wo Ferienwohnungen noch zugelassen werden können und wo nicht. Der SSW im Kieler Landtag fordert, den Kommunen mit einem Wohnraumschutzgesetz die Möglichkeit zu schaffen, gegen die Zweckentfremdung vorzugehen.

Fehmarns Bauausschuss tagt am 19. September

„Auch auf Fehmarn ist Wohnraum knapp“, sagt zum Beispiel Benjamin May, Leiter Fachbereich Bauen und Häfen auf der Insel. Das Thema wird daher politisch angegangen. Rund 37 Prozent aller Wohnungen und Häuser sind Ferienunterkünfte, knapp 55 Prozent sind Erstwohnsitze, der Rest Zweitwohnungen, die zu einem Teil vermietet werden. „Das ist ein sehr hoher Anteil an Ferienwohnungen“, sagt May.

Derzeit gilt auf der Insel ausschließlich für die Stadt Burg eine Erhaltungsverordnung als eine Möglichkeit, das Verhältnis von Ferien- und Hauptwohnsitz zu regeln und die Zusammensetzung von Wohnraum zu beeinflussen. „Wir müssen achtgeben, dass das Verhältnis zwischen Wohnraum für die Bevölkerung und reinen Ferienwohnungen nicht kippt“, so May. Genauer wird sich der Bau- und Umweltausschuss mit dem Thema am 19. September beschäftigen. Dann wird es darum gehen, wie die Insel in Zukunft mit Bauanträgen für Ferienwohnungen umgeht.

Sierksdorf geht gegen Bau von Ferienwohnungen vor

Krass ist die Situation in Sierksdorf: Bei 1600 Einwohnern gibt es 1500 Zweitwohnungen, die dann teilweise in die Vermietung gehen. „Heruntergelassene Jalousien kennen wir hier“, sagt der stellvertretende Bürgermeister Volker Weidemann. In dem kleinen Ostseeort versucht man, die Zahl der Ferienobjekte durch eine entsprechende Bauleitplanung zu reduzieren. So wird der Bau neuer Ferienwohnungen nicht mehr zulässig sein.

Denn ein Problem haben kleine Gemeinden wie Sierksdorf gemeinsam: Wenn niemand in den leeren Häusern außerhalb der Saison lebt, fehlt es auch an Unterstützung der sozialen Infrastruktur. Dann gibt es Lücken bei der Freiwilligen Feuerwehr, in den Vereinen und bei anderen Organisationen, die auf ehrenamtliche Mitarbeit angewiesen sind. Dann sind die Orte mit den heruntergelassenen Jalousien Geisterorte.

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Auch in Lübeck gibt es Leerstände

Deutliche Leerstände gibt es außerhalb der Saison in Lübeck und in Travemünde. Diese „Rolladensiedlungen“ sind städtebaulich allerdings überhaupt nicht erwünscht. „Ziel ist, die Wohngebiete in Travemünde wie auch in der Lübecker Altstadt als lebendige Wohnstandorte zu erhalten“, sagt Nicole Dorel, Sprecherin der Stadt Lübeck. Die Stadt versucht die Zahl an neuen Ferienwohnungen zu lenken, indem sie dort geplant werden, wo es städtebaulich als verträglich beurteilt wird. Das sind dann in Travemünde Orte wie das Pommernzentrum, der Fischereihafen, der Priwall oder die Umgebung des Aja-Hotels.

Deshalb ist es nicht mehr so leicht, neue Ferienwohnungen zu bauen. „In bestehenden Bebauungsplänen für Travemünder Wohngebiete wurden bereits zum Teil Ferienwohnungen ausgeschlossen, und in neuen Bebauungsplänen zur Entwicklung von Wohngebieten erfolgt dies regelmäßig sowohl für Travemünde als auch für Lübeck“, so Dorel. „Die Nutzung einer Wohnung als Nebenwohnung, die nur einige Wochen beziehungsweise Monate im Jahr genutzt wird, lässt sich auch mit einer neuen Fremdenverkehrssatzung steuern.“ Wie und wo das genau erfolgen kann, wird noch geprüft.

Sylt nimmt mit Zweitwohnungssteuer 5,6 Millionen Euro ein

Für den Bereich der Lübecker Innenstadt hat die Bürgerschaft bereits im Februar 2020 die „Satzung zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung für die Altstadt“ beschlossen. Dort sind keine Ferienwohnungen erlaubt. Allerdings fallen etwa 170 bestehende Ferienwohnungen unter den baurechtlichen Bestandsschutz und können weiterhin betrieben werden. Für etwa 80 Ferienwohnungen in Gängen und Höfen gilt dies nicht: Sie waren schon immer unzulässig und sind nicht genehmigungsfähig.

Die Stadt Heiligenhafen hat ebenfalls bereits reagiert. Im Innenstadtbereich sind über einfache Bauleitplanungen keine weiteren Ferienwohnungen mehr zulässig.

Die Gemeinde Sylt hat 3630 Nebenwohnsitze – bei 15.247 Hauptwohnsitzen. Die Einnahme aus der Zweitwohnungssteuer lag 2019 bei 5,6 Millionen Euro. Sylt versucht unter anderem mit dem Erlass von Erhaltungssatzungen, den Bau weiterer Ferienwohnungen zu begrenzen.

Die Haltung vieler Kommunen ist zwiespältig

Dramatischer als auf der Nordseeinsel sind die Zahlen in St. Peter-Ording. Hier gibt es 3997 Hauptwohnsitze und 3128 Nebenwohnsitze. Die Zweitwohnungssteuer spült rund 1,8 Millionen Euro in die Gemeindekasse.

Das ist viel Geld. Insofern ist die Haltung vieler Kommunen zu Zweitwohnungen durchaus zwiespältig. Auf die Einnahmen können viele Badeorte nicht verzichten. Der SSW hat deshalb den Vorschlag eines Wohnraumschutzgesetzes gemacht, das es den Kommunen überlässt, bei den Zweitwohnungen die Reißleine zu ziehen.

Lars Harms, SSW-Fraktionschef im Landtag, sagt: „Unser Gesetzentwurf besagt, dass immer dann, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum gefährdet ist, jede anderweitige Nutzung als Wohnzwecke der Genehmigung durch die Kommune bedarf.“ Als Zweckentfremdung gilt auch die Vermietung als Ferienwohnung. Im Landtag gab es für eine solche Regelung, die auch vom Mieterverein gefordert wird, allerdings noch keine Mehrheit.