Kiel. Ministerpräsident gibt sich trotz steigender Zahlen betont optimistisch – Gesundheitsminister betont: “Wir sind in der dritten Welle.“
In einigen Teilen von Schleswig-Holstein muss der Einzelhandel wieder schließen – nämlich überall dort, wo die Corona-Inzidenz über 50 liegt. Letzter Öffnungstag ist der kommende Sonnabend. Betroffen von dieser Regelung ist der gesamte „Speckgürtel“, also die Kreise Pinneberg, Segeberg, Stormarn und Herzogtum Lauenburg.
Hinzu kommen die Städte Flensburg und Neumünster. Danach ist nur noch „Click and meet“ möglich – also der Einkauf nach vorheriger Anmeldung und mit reduzierter Kundenzahl. Das hat die Kieler Landesregierung am Mittwoch beschlossen. Außerdem wird es in der kommenden Woche keine Öffnung der Außengastronomie geben.
Anstieg bei den Corona-Infektionen in Schleswig-Holstein
Grund für diese Entscheidungen ist der Anstieg bei den Corona-Infektionen. Am vierten Tag in Folge lag Schleswig-Holstein über dem Grenzwert von 50, am Dienstag waren es 53,8.
Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:
- Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
- Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
- Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
- Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
- Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).
Schleswig-Holstein macht nun deshalb eine Kehrtwende. Denn bislang war der Landesinzidenzwert maßgebend für Öffnungen. Deshalb durften vor zehn Tagen auch Geschäfte in den Kreisen öffnen, die teilweise recht deutlich über dem Grenzwert von 50 lagen.
Gesundheitsminister: „Wir sind in der dritten Welle“
Doch nun wird angesichts einer Landesinzidenz von deutlich über 50 nicht etwa landesweit der Einzelhandel geschlossen, sondern nur dort, wo auch die Kreisinzidenz über 50 liegt. Es ist ein Schritt, der zwar mit dem Bund-Länder-Beschluss vom 3. März vereinbar ist, aber ein Maximum an Freiheiten erlaubt. Offen blieb gestern, ob die „Jamaika“-Koalition regelmäßig ihre Entscheidungsgrundlage ändern will – ob also mal der Kreiswert, mal der Landeswert gelten soll.
Schleswig-Holstein habe seit fast genau einem Monat eine Inzidenz von um die 50, erklärte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) gestern, sei also stabil. „Das ist eine Lage, die wir gut im Griff haben“, urteilte er. Das kontrastierte merkwürdig mit einem Satz des Gesundheitsministers Heiner Garg (FDP). Der sagte auf derselben Pressekonferenz, er sei manchmal überrascht von der „Überraschung von manchen“. „Wir sind in der dritten Welle, wir haben die britische Mutante im Land“, so Garg.
Widersprüchliche Entscheidungen der „Jamaika“-Koalition
Entsprechend widersprüchlich sind nun auch die Entscheidungen der „Jamaika“-Koalition. Keine Außengastronomie, teilweise Beschränkungen für den Einzelhandel, aber zugleich keine Veränderungen bei den Schulöffnungen. Es bleibt hier bei den derzeit geltenden Regelungen.
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Das führt dazu, dass im Kreis Pinneberg (Inzidenz 80,8) zwar der Einzelhandel zu „Click and meet“ zurückkehren muss, für die Schulen aber weiterhin dieselben Öffnungen gelten wie etwa im Kreis Dithmarschen (Inzidenz 36,0): Die Klassen 1 bis 6 werden in Präsenz unterrichtet, alle anderen haben Wechselunterricht.
Die bereits zuvor verhängten Sonderregeln in Flensburg, dem Herzogtum Lauenburg und dem Kreis Segeberg gelten ebenfalls weiter: Dort haben die Klassen 1 bis 6 Wechselunterricht, ältere Schüler werden von zu Hause aus unterrichtet. Ab kommenden Montag stehen laut Bildungsministerium genügend Selbsttests für den Zeitraum bis zu den Osterferien bereit, um allen Schülerinnen und Schülern einen kostenlosen Test pro Woche anzubieten.
Aus „Click and meet“ wird „Klopf und komm’“
Dem Einzelhandel werden die neuen Beschränkungen dadurch schmackhaft gemacht, dass sie recht weit gefasst sind. Ab Montag gilt zwar, dass die Kunden nur nach vorheriger Terminvereinbarung in die Läden kommen dürfen. „Das kann auch auf Zuruf vor der Tür geschehen“, heißt es allerdings in der Pressemittelung des Landes.
Dabei sei zu gewährleisten, dass sich nicht mehr als eine Person pro 20 Quadratmeter zeitgleich in der Verkaufsstelle aufhalte. Aus „Click and meet“ wird gewissermaßen das norddeutsche „Klopf und komm’“ – Spontaneinkäufe bleiben möglich.
Hamburg kündigt Corona-Notbremse an:
Die aktuelle Corona-Entwicklung in Schleswig-Holstein gibt durchaus Anlass zur Sorge. Im Verlauf einer Woche – vom 11. bis zum 17. März – haben sich die Inzidenzen in fast allen Kreisen und kreisfreien Städten des Landes verschlechtert.
Corona-Ausbrüche in der Geriatrie der Klinik Bad Bramstedt
Besonders unerfreulich sieht es im Hamburger Rand aus. Im Kreis Pinneberg stieg die Inzidenz in dem genannten Zeitraum von 47,8 auf 74,3, im Kreis Segeberg gar von 79,4 auf 105,3. Mit dem aktuellen Wert ist Segeberg derzeit Spitzenreiter in Schleswig-Holstein.
Im Kreis gibt es mittlerweile Corona-Fälle in acht Kindergärten und elf Schulen. Hinzu kommen Ausbrüche in der Geriatrie der Klinik Bad Bramstedt und in der Boostedter Flüchtlingsunterkunft. Segebergs Landrat Jan Peter Schröder deutete am Dienstag im Hauptausschuss des Kreises an, eventuell Maßnahmen wie in Flensburg verhängen zu müssen. Dort hatte es zeitweise eine Ausgangssperre gegeben.
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Nur in drei Kreisen sank die Inzidenz in der vergangenen Woche
Gesunken ist die Inzidenz nur in Flensburg sowie in den Kreisen Rendsburg-Eckernförde und Stormarn. Die niedrigste Inzidenz verzeichnet inzwischen nicht mehr der Kreis Dithmarschen, sondern der Kreis Plön: Während in Dithmarschen der Wert von 11,3 (11. März) auf 36,0 (17. März) stieg, verzeichnete Plön nur einen Anstieg von 20,2 auf 25,6.
Und was wird aus der Hotellerie, die immer noch hofft, vor Ostern öffnen zu könne? Günther sagte, er werde sich auf der Bund-Länder-Konferenz am kommenden Montag dafür einsetzen, dass es eine „Perspektive ab Ostern“ geben könne. „Unsere Fachleute sagen, dass im Beherbergungsbereich keine großen Infektionszahlen zu erwarten sind“, so der Ministerpräsident.