Kiel. Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Buchholz hofft auf Wiederaufschwung nach Katastrophenjahr 2020.

Die Tourismuswirtschaft in Schleswig-Holstein hat im Corona-Jahr 2020 einen herben Dämpfer erhalten. In diesem Jahr, vielleicht schon zu Ostern, soll der Wiederaufschwung des Tourismus im Land zwischen den Meeren beginnen. Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) setzt auf Corona-Impfungen, strenge Hygienekonzepte und Schnelltests, um den Tourismus im Land „wieder in die Erfolgsspur zurückzubringen“.

Noch sei die Nachfrage zwar extrem zurückhaltend. Er erwarte aber, „dass die Buchungen massiv anspringen werden“, sagte Buchholz am Mittwoch. Über die Frage einer Öffnung der Beherbergungsbetriebe schon zu Ostern solle bei den Beratungen von Bund und Ländern am 22. März entschieden werden. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hatte sich zuletzt vorsichtig optimistisch über eine Öffnung zu Ostern geäußert. Es werde aber knapp und komme nun auf jeden Tag an, sagte er im Interview mit dem Hamburger Abendblatt.

Hoteliers bleibt nicht mehr viel Zeit für die Vorbereitung

Den Hoteliers bleibt in der Tat nicht mehr viel Zeit für die Vorbereitung. Vom 22. März bis Karfreitag sind es nur anderthalb Wochen. Günther räumte in dem Interview ein, dass Hotels einen Vorlauf von zehn Tagen benötigen würden, um öffnen zu können.

Im vergangenen Jahr verzeichnete die Branche zwischen Nord- und Ostsee wegen langer Schließungen dramatische Einbußen. So sank die Zahl der Übernachtungen in Häusern mit mindestens zehn Betten um fast 20 Prozent auf knapp 29 Millionen und die der Gäste um gut 30 Prozent auf 6,2 Millionen.

Übernachtungszahl fast auf dem Niveau von 2016

Der Rückgang war aber deutlich geringer als im Bundesdurchschnitt. Schleswig-Holstein fiel bei der Übernachtungszahl fast auf das Niveau von 2016 zurück. Außerdem fehlten Millionen von Tagesgästen, die 2020 nicht ins Land kommen konnten.

Die Übernachtungszahlen beziehen jeweils die Menschen mit ein, die auf Campingplätzen nächtigen - und für den Tourismus weniger wichtig sind. Rechnet man sie heraus, sieht die Situation noch wesentlich schlimmer aus. Besonders im Binnenland ist die Zahl der Übernachtungen dramatisch zurückgegangen.

Nachfrage nach Ferienwohnungen und Ferienhäusern überdurchschnittlich hoch

Schleswig verzeichnet ein Minus von 42 Prozent, Malente büßt 33 Prozent ein, in Glückstadt sind es 36 Prozent, in Heide 51. Rätsel gibt der Kappelner Wert auf. Dort soll es laut Unterlagen der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein sogar einen Zuwachs von 22 Prozent gegeben haben.

Die Nachfrage nach Ferienwohnungen und Ferienhäusern war 2020 überdurchschnittlich hoch. Das Tagungs-, Messe- und Kongressgeschäft brach stark ein, weil die meisten Veranstaltungen coronabedingt abgesagt werden mussten. Jugendherbergen hatten ebenfalls große Verluste zu verkraften.

Gewinner im Krisenjahr war der Campingtourismus

Das Land zwischen Nord- und Ostsee verbesserte sich dennoch im Ranking der Bundesländer bei den Übernachtungen um einen Platz auf den vierten Rang hinter Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen. Der unangefochtene Tourismus-Spitzenreiter Bayern musste mit 40,6 Prozent einen im Vergleich zu Schleswig-Holstein mehr als doppelt so starken Einbruch bei den Übernachtungen verkraften.

Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:

  • Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
  • Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
  • Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
  • Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
  • Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).

Größter Gewinner im Krisenjahr war der Campingtourismus in Schleswig-Holstein mit einem Plus von fast neun Prozent. Es gab Überbuchungen und Wartelisten.

Buchholz plädierte dafür, nicht nur auf den Inzidenzwert zu schauen

Die Geschäftsführerin der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein, Bettina Bunge, sagte, sie erwarte für dieses Jahr einen starken Wettbewerb um Touristen: „Alle wollen etwas vom Kuchen abhaben.“ In Schleswig-Holstein solle besonders für Ziele abseits der Küsten geworben werden. Die Gäste wollten reisen, ist sie überzeugt. „Die Koffer sind gepackt, die Sehnsucht der Menschen nach Reisen ist groß“, sagte Bunge.

Buchholz plädierte dafür, nicht nur auf den Inzidenzwert zu schauen, der in Schleswig-Holstein seit Tagen unter der Marke von 50 Infektionen je 100.000 Menschen innerhalb von sieben Tagen liegt, zuletzt aber wieder leicht angestiegen ist. Man müsse auch die Situation im Gesundheitssystem beachten. Er halte nichts von tageweisen Entscheidungen. Kurzfristiges Öffnen und wieder Schließen von Geschäften oder Hotels sei keine Perspektive.

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Mit Blick auf Tagestouristen sagte der Minister, er könne sich eine Abschottung des Landes nicht vorstellen. Auf lokaler Ebene könnten aber entsprechende Entscheidungen getroffen werden, wenn etwa an einem Strand eine Überfüllung drohe.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Der Minister unterstrich die wirtschaftliche Bedeutung der Tourismuswirtschaft für Schleswig-Holstein. Vor der Corona-Krise hatte der Tourismus einen Bruttoumsatz von 9,7 Milliarden Euro im Jahr erwirtschaftet und damit 5,6 Prozent zum gesamten Volkseinkommen beigetragen. Nach seinen Angaben leben fast 60.000 Menschen im Land als Beschäftigte vom Tourismus.