Cuxhaven. Den Norden neu entdecken,Teil 5: Das Seebad hat das altbackene Image abgelegt und punktet vor allem mit Ferienwohnungen.

Ja, wo ist es denn nun dieses Cuxhaven? Oder zumindest der Strand? Mit dem Bild der gelben Strandkörbe im Kopf haben wir uns von Hamburg aus die B 73 fast zwei Stunden zur Elbmündung hinauf gequält. Und dann das: eine langgezogene Einfallstraße, Tankstellen, Baumärkte, schließlich ein Bahnhof – aber kein Meer. „Kurteile Duhnen und Döse“, steht auf einem Schild. Dort wird’s sein! Unvermittelt schrammt man dann nach zwei Kurven doch am Wasser vorbei: ein altes Hafenbecken, Krabbenkutter am Kai erkennt man und hat damit schon eine erste Ahnung von Nordsee.

Plötzlich öffnet sich das Bild: Schlepper, ein kleines Tankschiff und die „Neuwerk“ der Küstenwache liegen in einem großen Hafenbecken. Direkt daneben Cafés, Restaurants, dunkle, trutzige Ziegelbauten – und die „Alte Liebe“, jenes hölzerne Bauwerk mit der weiß gestrichenen Balustrade, das hier, wo die Elbe in die See mündet, seit Generationen Sehnsuchtsort ist und als Aussichtsterrasse mit dunklen Holzpfählen schon im Wasser steht. Unmittelbar und ungewöhnlich dicht gleiten hier die großen Frachter auf ihrem Weg nach Hamburg vorbei – oder fahren eben hinaus in die Welt. Ganz dünn und weit weg erkennt man gegenüber eine Linie mit Windrotoren an der schleswigholsteinischen Küste, etwas links davon aber nur Wasser bis zum Horizont. Ein würzig salziger Duft liegt in der Luft, Möwen schreien. Endlich am Meer!

Cuxhaven setzt auf Vielfalt

Und der Strand? „Den gibt es natürlich auch“, sagt Anett Bentert, Sprecherin der städtischen Nordseeheilbad Cuxhaven GmbH. Cuxhavens Besonderheit als Touristenziel an der See sei eben seine „Vielfältigkeit“. Und da hat die Dame von der touristischen Schaltstelle Cuxhavens wohl recht. Wer sich näher mit der niedersächsischen 50.000-Einwohner-Stadt beschäftigt, entdeckt bald schon diese Vielfältigkeit: Da ist der Hafen, geprägt vor allem durch den Fischfang. Dann kommt der grüne Rasenstrand der Grimmershörner Bucht. Seit jeher schon der Ort, wo die Cuxhavener selbst im Meer schwimmen gehen, weil das hier auch noch bei Ebbe geht.

Strandleben in Cuxhaven
Strandleben in Cuxhaven © Martin Elsen, luftbild.fotograf. | Martin Elsen

Am Ende der Bucht ragt das Wahrzeichen der Stadt auf, die Kugelbarke: ein hölzernes Seezeichen, das die Mündung markiert. Und dann findet man auch die hellen Strände von Duhnen und Döse, die schließlich in eine eher wilde Heide- und Dünenküste übergehen. In Sahlenburg schließlich endet der gut zehn Kilometer lange Strand. Schon seit gut 200 Jahren kommen die Besucher hier an diese vielfältige Küste am Wattenmeer. Anfangs, um sich an der würzigen Seeluft zu kurieren. Nordseeheilbad heißt es noch heute. Die Stadtteile sind „Kurteile“ und die Touristen heißen in Cuxhaven immer noch „Kurgäste“.

40 Millionen Euro wurden in die Infrastruktur investiert

Jährlich zählt Cuxhaven mittlerweile 3,66 Millionen Übernachtungen in seinen Hotels, Pensionen und unzähligen Ferienwohnungen. Cuxhaven gilt damit als meist besuchte Destination an der Nordseeküste. Allerdings waren die Zahlen vor gut zehn Jahren auch schon einmal rückläufig. 70er-Jahre-Bettenburgen, ein altbackenes Image und Mängel an der Qualität mancher Unterkunft schreckten seinerzeit die Touristiker der Stadt auf.

Seitdem hat sich viel getan – und die Übernachtungszahlen steigen wieder deutlich. Rund 40 Millionen Euro hat Cuxhaven dazu in den vergangenen zehn Jahren in seine tourische Infrastruktur investiert: Die Promenade am Strand von Duhnen und Döse wurde beispielsweise neugestaltet, ein neues Thalassozentrum aufgebaut. 2013 öffnete im Fischereihafen das neue Museum „Windstärke 10“ über die Hochseefischerei. Neu ist zudem das Wattenmeer-Besucherzentrum in Sahlen­- burg.

Vor allem Familien fühlen sich wohl

Auch optisch hat sich Cuxhaven gewandelt. Gut, mancher Apartmentblock lugt da noch hinter dem Deich hervor – so wie bei vielen westdeutschen Seebädern. Mehr und mehr putzt man aber auch das gründerzeitliche Erbe heraus. Und wer hinter den Stränden durch die Straßen von Duhnen und Döse schlendert, entdeckt doch auch viele liebevoll restaurierte Villen, wo Gästezimmer oder Ferienwohnungen angeboten werden. Und bei Ferienwohnungen scheint Cuxhaven vor allem zu punkten. Das zeigten Anfang des Jahres die Auswertungen von gleich zwei Ferienhausportalen: Beim wohl größten Anbieter Fewo-direkt fand sich Cuxhaven erstmalig unter den weltweit 20 meistgebuchten Zielen der Deutschen. Es verdrängte damit die Costa Brava. Im innerdeutschen Fewo-Ranking liegt Cuxhaven sogar auf Platz 14 und damit vor Sylt oder Norderney. Bei der Auswertung des Portals traum-ferienwohnungen.de ist Cuxhaven, gemessen an den Anfragen zu einzelnen Orten 2016, sogar Spitzenreiter geworden.

Diese Beliebtheit bei Ferienwohnungen spiegelt sich auch in der Gästestruktur wider. „Interessant ist Cuxhaven vor allem für Familien mit Kindern, gern in Begleitung der Großeltern“, sagt Tourismusfachfrau Anett Bentert. Größte Gruppe bei den Besuchern sind Familien mit Kindern bis 14 Jahren und „Best Ager“ ab 55 Jahren.

So viel Meer ist selten

Ein Spaziergang auf der Duhner Strandpromenade gibt diesen Zahlen schnell recht. Familien mit voll gepackten Bollerwagen sieht man dort, Großmütter, die Sandspielzeug zum Strandkorb schleppen und Kinder, die bei Ebbe im flachen und dann sehr warmen Wasser spielen.

Ein Ziel, das in Hamburg aber offenbar ein wenig in Vergessenheit geraten ist. Der Großteil der Cuxhaven-Urlauber kommt laut Statistik aus Nordrhein-Westfalen (55 Prozent) und Niedersachsen (20 Prozent). Hamburger fahren eben eher an die Ostsee, heißt es oft – dorthin gibt’s ja auch eine Autobahn. Doch auch wenn der Weg über die B 73 beschwerlich und der erste Eindruck von Cuxhaven irritierend ist – so viel Meer ist sonst selten.