Trittau. Mitten in der Pandemie hat sich der 41-jährige Andreas Herbst als Gastronom selbstständig gemacht. Seine Ribs sind der Renner.

Die Hiobsbotschaften für Betreiber von Hotels und Gaststätten reißen nicht ab. Nach Wochen coronabedingter Schließungen ist ein Ende der Leidenszeit noch immer nicht in Sicht. Anfang Dezember wurde gerade beschlossen, dass die bis zum 20. Dezember befristeten Lockdown-Auflagen vorerst bis zum 10. Januar 2021 verlängert werden. So häufen sich die Meldungen, dass Gastronomen buchstäblich das Handtuch werfen und aufgeben. Ganz anders Andreas Herbst. Der 41-Jährige hat am 1. Dezember das Restaurant Moonshiner am Mönchteich übernommen. Von Depression keine Spur.

2019 war noch Beziehungskrise angesagt

„Für mich ist die Pandemie zur Chance meines Lebens geworden“, sagt der gebürtige Hamburger. Er habe immer davon geträumt, sich selbstständig zu machen. „Eigentlich hatte ich damit frühestens in zwei Jahren gerechnet. Doch als sich die Gelegenheit jetzt schon bot, wollte ich nicht kneifen“, so Herbst.

Andreas Herbst mit seiner Lebensgefährtin Sandra Nienhuysen.
Andreas Herbst mit seiner Lebensgefährtin Sandra Nienhuysen. © Lutz Kastendieck

Weil die Vorbesitzer in die Lüneburger Heide gezogen sind, wo sie den traditionsreichen Landgasthof Wesseloh in Schneverdingen übernommen haben, offerierten sie Herbst, das Moonshiner noch vor dem Jahreswechsel abgeben zu wollen. „Dafür, dass ich erst im April dieses Jahres als Aushilfe nach Trittau gewechselt und wenig später Restaurantleiter geworden bin, hat sich das alles ziemlich rasant entwickelt“, sagt Herbst.

Seine Lebensgefährtin Sandra Nienhuysen spricht sogar von einer „steilen Karriere“, die ihr Partner da binnen weniger Monate hingelegt habe. Wie das in wenigen Tagen zu Ende gehende Seuchenjahr für die beiden überhaupt zum „echten Glücksjahr“ geworden sei. 2019 hatte das Paar nämlich noch in einer handfesten Beziehungskrise gesteckt. Das Moonshiner habe sie dann nicht nur wieder zusammengeführt, sondern ihnen auch noch eine berufliche Perspektive verschafft.

„Ein Platz, um Träume wahr werden zu lassen“

Das sehen freilich längst nicht alle so. „Klar, haben mich einige Bekannte gefragt, ob ich jetzt völlig verrückt geworden sei“, berichtet Herbst. Ein Restaurant mitten in einer Pandemie mit all ihren folgenreichen Einschränkungen zu übernehmen, wäre doch kompletter Irrsinn. „Natürlich ist das ein Wagnis, auch ich hatte da so meine Zweifel und etliche schlaflose Nächte“, gesteht er.

Doch dann habe er sich mit Sandra auf die Terrasse des Moonshiners gestellt und auf den nahen Mönchteich geschaut. „Da waren wir uns einig, dass das ein wunderbarer Platz ist, um Träume wahr werden zu lassen. Gut zu erreichen für Spaziergänger, Radler und Ausflügler. Und ein herrliches Fleckchen Erde auch für die Kinder unserer Patchworkfamilie“, erzählt Andreas Herbst. Leni Marie (2), Lucas (7) und Jasper Elia (10) hätten sich hier sofort wohlgefühlt, das sei ihm ebenso wichtig gewesen.

Erste Woche habe über den Erwartungen gelegen

Für den gelernten Fleischer ist es in der Tat ein großer Sprung. Nach seiner Ausbildung arbeitete er eine Zeit lang als Abteilungsleiter im Groß- und Einzelhandel und bei einem Partyservice, bevor er schließlich in die Gastronomie wechselte. Ja, die Zeiten seien stürmisch. Sie könnten einen allerdings auch stählen. „Wenn ich dieses Krise meistere, dann kann mir doch eigentlich nichts mehr passieren“, versprüht der Wahl-Trittauer grenzenlose Zuversicht und ansteckenden Optimismus.

Bestätigt fühlt er sich durch die erste Woche der Alleinherrschaft über das Moonshiner. „Sie lag deutlich über unseren Erwartungen“, sagt Sandra. Andreas habe sogar als Hilfskoch aushelfen müssen, um alle Bestellungen abarbeiten zu können. „Wir mussten außerdem einen zweiten Fahrer einsetzen, um alle Kunden versorgen zu können. Bis nach Nusse im Herzogtum liefern sie, 17 Kilometer vom Mönchteich entfernt.

Nur auf Steaks müssen die Kunden momentan verzichten

Zum absoluten Renner des auf American Food spezialisierten Restaurants seien schnell die Spare Ribs geworden. „Sie werden gekocht, gegrillt und mit einer speziellen Sauce gewürzt, die ich nach einem Geheimrezept selbst herstelle“, berichtet Herbst. Auf der Karte für den Lieferservice finden sich zudem diverse Salate, Burger, Borritos sowie Pulled Pork. Und extra georderte Crispers-Pommes, die länger knusprig bleiben.

Auf Steaks müssen Kunden derzeit allerdings verzichten. „Sie eignen sich einfach nicht für den Lieferservice, damit könnte ich meinen eigenen Qualitätsansprüchen nicht gerecht werden“, sagt der neue Moonshiner-Chef. Frische sei für ihn oberstes Gebot. Und das Gemüse sollte möglichst aus der Region stammen. Beim Rindfleisch mache er allerdings keine Kompromisse: „Ich achte darauf, dass es aus schonender Schlachtung stammt. Weil man 100-prozentig schmeckt, ob ein Tier gelitten hat, oder nicht“, erklärt Herbst.

„Ich hoffe, dass uns Stammgäste weiter treu bleiben“

Wenn Corona irgendwann vorbei ist und wieder Normalität einkehrt, plant er mit sieben Mitarbeitern für Küche, Tresen und die 35 Plätze im Restaurant sowie weitere 60 im Außenbereich. Große Hochzeiten mit bis zu 200 Gästen sollen ebenso möglich sein, wie intime Candlelight-Dinner zu zweit.

„Ich hoffe, dass uns die Stammgäste weiter treu bleiben und wir viele neue Kunden gewinnen“, sagt Andreas Herbst. Der Start sei immerhin schon vielversprechend gewesen: „Wenn Kunden nach der Lieferung anrufen und sich ausdrücklich bedanken, müssen wir schon vieles richtig gemacht haben.“