Bargteheide. Drama vor Rekordkulisse: US-Profi Jeremy Ingram verletzt sich gegen Königs Wusterhausen, fällt jetzt mehrere Wochen aus.

Auf der Anzeigetafel leuchtete der Spielstand von 76:77 und die verbliebene Zeit von wenigen Sekunden, als sich Marcel Hoppe noch mal ein Herz fasste. Der 1,98 Meter große Topscorer der TSV Bargteheide Bees dribbelte nach vorn, sprang vor der Dreierlinie ab und warf mustergültig Richtung Korb. Dort tänzelte der Ball vom vorderen Teil des Rings auf den hinteren und wieder auf den vorderen, flog einige Zentimeter nach oben, liebäugelte mit dem Netz, prallte auf die linke Seite des Rings – um sich nach reiflicher Überlegung für die Rolle des Spielverderbers zu entscheiden und begleitet vom gellenden Ton der Schlusssirene wieder herauszuspringen.

Einlaufmusik des Bargteheider HipHop-Produzenten Jambeatz

Das erste Heimspiel der Basketballer in der 1. Regionalliga Nord war lange Zeit die versprochene Party, die Zuschauer sahen ein 40-minütiges Drama mit Wendungen, Verletzungen und Emotionen. Als Einlaufmusik präsentierten die Bees einen Beat des Bargteheider HipHop-Produzenten Jambeatz, der mit Stars wie der 187 Strassenbande und RAF Camora an mehreren Gold- und Platin-Alben beteiligt war.

Das ganz große Finale aber blieb den Stormarnern und der Rekordkulisse verwehrt. „Das Bild, wie der Ball eigentlich schon im Korb ist, bleibt im Kopf. Die Halle wäre explodiert“, sagte Sportdirektor Said Ghalamkarizadeh nach der maximal unglücklichen Niederlage gegen die Red Dragons der WSG Königs Wusterhausen.

230 Zuschauer feiern den Aufsteiger trotz der knappen Niederlage

Fassungslos standen die Spieler auf dem Feld und vor der Bank, fast alle verschränken die Arme hinter dem Kopf, ungläubig ob der unvollendeten Tanzeinlage des Balles. Die kurze Stille in der KGB-Halle, in der die Bargteheider dank einer Ausnahmegenehmigung ihre ersten beiden Heimspiele absolvieren dürfen, wurde durch die 230 Zuschauer aber schnell beendet. Mit rhythmischem Klatschen feierten die Fans den Auftritt des Aufsteigers. Und so blieb auch viel Gutes von der Heimpremiere hängen.

Trainerin: So eine Stimmung findet man in Hamburg und Umgebung nicht oft

„Man hat gespürt, dass es den Leuten Spaß gemacht hat, sie sind emotional mitgegangen“, sagte Ghalamkarizadeh. „Wir wollen hier etwas Tolles für Bargteheide und ganz Stormarn aufbauen und das haben wir heute vor der Rekordkulisse hinbekommen. Ich hoffe, dass viele Zuschauer wiederkommen. Dann haben wir eines unserer Ziele erreicht.“ Selbst Trainerin Şükran Gencay, für die der hochklassige Basketballsport anders als für den Verein kein Neuland mehr ist, zeigte sich beeindruckt: „Die Unterstützung heute war einmalig – das habe ich lange nicht mehr erlebt. So eine Stimmung findet man in Hamburg und Umgebung nicht oft.“

Die Partie begann sehr ausgeglichen mit hoher Intensität aber auch vielen Fehlern in den Offensiven beider Teams. Die Bees führten nach dem ersten Spielabschnitt mit 25:19. Das zweite Viertel gehörte dann aber den Gästen aus Königs Wusterhausen, die dank eines 11:0-Laufs mit einer 39:35-Führung in die Pause gingen.

Stormarner führten drei Minuten vor Schluss mit 74:70

Auch in das dritte Viertel starteten die Bees schlecht, lagen schnell zweistellig zurück (35:47, 21. Minute). Eine frühe Auszeit war die Folge. Dort fand Gencay offensichtlich die richtige Worte, denn die Hausherren kamen furios zurück. Angeführt von Hoppe gelang ein 19:0-Run (54:47, 28.). Königs Wusterhausen eroberte die Führung zum Ende des Viertels jedoch wieder zurück (57:59). Bargteheide blieb kämpferisch, Vladimir Migunov prägte nun mit seinem Einsatz und seiner Spielübersicht die Partie. Drei Minuten vor Ende führten die Gastgeber mit 74:70, die Red Dragons aber schlugen erneut zurück – und präsentieren sich als etablierter Regionalligist letztlich minimal abgeklärter als der Aufsteiger. „Es fehlte ein bisschen das Wurfglück und wir hatten leider einige vermeidbare Turnover. Bei so einem engen Ergebnis ist das dann spielentscheidend“, sagte Gencay.

Bei Jeremy Ingram wurde ein Haarriss im Fuß diagnostiziert

Und dann war da noch das Drama im Drama: US-Profi Jeremy Ingram, der mit 26 Punkten ein starkes Debüt zeigte, verletzte sich im dritten Viertel ohne Fremdeinwirkung am Fuß. Immer wieder ließ er sich behandeln, kehrte zweimal kurz auf das Feld zurück und versenkte humpelnd sogar noch einen Dreier. In der entscheidenden Phase aber konnte der Spielmacher nicht mehr mithelfen und wurde nach der Partie gestützt von Ghalamkarizadeh und Center Fabian Klevemann in die Kabine gebracht. Die bittere Diagnose folgte: Haarriss, das bedeutet mehrere Wochen Pause.

Auch Forward Vincent Beckmann verletzte sich, verlor eines Stück eines Zahns

„Mit Ingram wäre die Crunch Time anders verlaufen, er ist ja unser Unterschiedsspieler“, sagte Gencay. „Er wird ausfallen, das ist ganz, ganz bitter für uns.“ In der letzten Minute verletzte sich nach starker Leistung auch noch Forward Vincent Beckmann, der ein Stück eines Zahns verlor.

So blieben vom Bargteheider Heimdebüt vor allem Schmerzen zurück. „Man kann aber auch stolz sein auf das, was die Jungs gezeigt und wie uns die Fans unterstützt haben“, sagte Gencay. „Ich freue mich jetzt schon wieder auf unser nächstes Heimspiel.“ Am 8. Oktober kommt die SG Braunschweig in die KGB-Halle.