Steinburg. Vorstand und Gemeinde können sich nicht auf neuen Nutzungsvertrag einigen. Der Verein stört sich an Verantwortungsverlagerungen.

Am Montagnachmittag um 16.09 Uhr startete die größte Kampagne in der Geschichte des SV Eichede. Über seine Internetseite und die sozialen Medien erzählt der Fußballverein von nun an Geschichten über die Vielfalt seiner Mitglieder, über den Stellenwert im Dorf. Von Fußballern, die es sensationell bis in den DFB-Pokal geschafft haben. Von mehr als 200 Kindern und Jugendlichen, die beim SVE jede Woche zusammenkommen. Oder von den Kickern der Handicap-Mannschaft.

Der bisherige Vertrag wurde zum 31. Dezember gekündigt

Es muss die größte Kampagne der Vereinsgeschichte sein. Denn es geht dabei um nichts weniger als den Erhalt der Sportanlage. Darum, dass es den SV Eichede im neuen Jahr überhaupt noch gibt. Es geht um alles.

Die Verhandlungen zwischen dem Verein und der Gemeinde Steinburg über einen neuen Nutzungsvertrag für das Ernst-Wagener-Stadion sowie die angrenzenden Spiel- und Trainingsfelder seien gescheitert. Das gab der Verein mit Beginn der Kampagne bekannt.

Beide Seiten konnten sich trotz zahlreicher Gespräche in den vergangenen Monaten nicht auf eine neue Vereinbarung verständigen. Zuvor hatte die Gemeinde als Eigentümerin der Sportanlage sowie des darauf befindlichen Gemeinschaftshauses mit Gastronomie den bisherigen Nutzungsvertrag zum 31. Dezember 2020 gekündigt. Nach jetzigem Stand muss der Verein den zurzeit aufgrund der Corona-Regelungen unterbrochenen Spiel- und Trainingsbetrieb seiner 18 Mannschaften damit zum Jahreswechsel einstellen. Weil die Anmietung alternativer Sportflächen so kurzfristig kaum realistisch erscheint, müsste der Vorstand den 556 Mitgliedern dann womöglich die Auflösung des Vereins vorschlagen.

Verein übernahm Unterhaltung und Verwaltung des Objekts

Der Konflikt zwischen Gemeinde und Verein schwelt seit Jahren und beinhaltet zahlreiche komplizierte Details. Unter anderem geht es um Geld, die Vertragslaufzeit und Fragen der Haftung.

In den Nutzungsverträgen der vergangenen anderthalb Jahrzehnte war geregelt, dass die Gemeinde Mitarbeiter und Gerätschaften für die Bearbeitung der Außenflächen stellt. Darüber hinaus wurde dem SVE eine finanzielle Beteiligung an den Unterhaltungskosten für die Sportanlage gezahlt. Im Gegenzug übernahm der Verein die Unterhaltung und Verwaltung des Objekts inklusive des Umkleide- und Gemeinschaftshauses. Alle nicht zwingend erforderlichen „Extras“ – also zum Beispiel Zuschauertribünen oder eine dem Leistungsniveau angepasste Rasenqualität – leistet der Verein nach eigenen Angaben ohnehin schon immer selbst.

Laut dem neuen Vertragsentwurf, der unserer Redaktion vorliegt, würde über eine Gesamtlaufzeit von viereinhalb Jahren die Bereitstellung von Mitarbeitern und Gerätschaften seitens der Gemeinde reduziert. Vorgesehen ist ferner, die finanzielle Beteiligung der Gemeinde (bisher pro Jahr 30.000 Euro) um 50 Prozent zu reduzieren und ab Sommer 2021 jährlich neu festzulegen. Der Betrag könnte von der Gemeinde einseitig auf null gesenkt werden.

Vorsitzender ist von der Gemeinde enttäuscht

Der SV Eichede müsste indes weiterhin die volle Unterhaltung und Verwaltung der Sportanlage inklusive der Gebäude übernehmen. Zusätzlich sieht der Vertragsentwurf vor, dem gemeinnützigen und ehrenamtlich geführten Verein Verpflichtungen in puncto Verkehrssicherungspflicht und Haftung aufzuerlegen. Nach Darstellung des Vereins entspricht der am 9. November während der Gemeindevertretersitzung verabschiedete Nutzungsvertrag in seinen Grundzügen nicht den bisherigen protokollierten Verhandlungsergebnissen. Es gebe Ungereimtheiten, Verantwortungsverlagerungen und Haftungsrisiken.

Olaf Gehrken, der Vorsitzende des SV Eichede, sagte: „Es geht uns nicht in erster Linie um finanzielle Unterstützung, sondern um eine vertrauensvolle und langfristige Partnerschaft mit der Gemeinde, um unsere sportliche Heimat weiter mit einem so bemerkenswerten ehrenamtlichen Einsatz pflegen und stetig verbessern zu können wie bisher. Umso größer ist unsere Enttäuschung, dass die Gemeinde die Verhandlungen über den Nutzungsvertrag erst immer wieder verzögert hat, um uns dann ein vom Ergebnis der Gespräche eklatant abweichendes Vertragsangebot zu unterbreiten, das ein verantwortungsvoll handelnder Vereinsvorstand nicht unterschreiben kann.“

Noch hofft der SV Eichede auf eine Notlösung

Unterstützung darf sich der Verein offenbar von Sportverbänden erhoffen. So sagte Tim Cassel, Geschäftsführer des Schleswig-Holsteinischen Fußballverbandes (SHFV): „Der SHFV ist Mitte November vom SV Eichede über die brisante Situation informiert worden. Gemeinsam mit dem Landessportverband Schleswig-Holstein sind wir über einige Inhalte des Vertrages, den die Gemeinde Steinburg als ,Zentraler Ort’ dem ehrenamtlich geführten SV Eichede zur Unterschrift vorgelegt hat, sehr verwundert. Ich bin überzeugt, dass es im Bereich des Sportes landesweit und darüber hinaus, aber auch in der Politik, ein großes Interesse gibt, dass der SV Eichede seine außerordentlich geschätzte Arbeit im Bereich Nachwuchs-, Handicap- und Herren-Fußball langfristig fortsetzen kann. Der Schleswig-Holsteinische Fußballverband wird sich entsprechend einbringen, an einer Lösung mitzuwirken.“

Steinburgs Bürgermeister Wolfgang Meyer gab sich verwundert über die Darstellung des SVE. Die Gemeinde sei dem Verein „in etlichen Punkten“ entgegengekommen. Das Vereinsleben im Ort habe für ihn einen hohen Stellenwert, zumal er selbst 40 Jahre lang Fußball gespielt habe.

„Man muss aber die Frage stellen: Inwieweit kann und darf eine kleine Gemeinde einen Sportverein, der hochklassig spielt, finanziell unterstützen? Wo nützt das Steuergeld der Gemeinde am meisten? Daran müssen wir uns entlanghangeln“, so der Bürgermeister. Einen Plan B für das Grundstück gebe es bisher nicht, sagte Meyer. „Gerüchte, dass dort gebaut werden soll, entbehren jeglicher Grundlage.“

Noch hofft der SV Eichede. Zumindest auf eine vorübergehende Notlösung. Gehrken forderte, „den bestehenden Vertrag vorerst um ein halbes Jahr zu verlängern, um im Januar neue Verhandlungen aufnehmen und den Fortbestand des SV Eichede sichern zu können.“