Reinbek. Ismail Özen spricht im Waldhaus über seinen nächsten Kampf und die Stiftung, mit der er perspektivlosen Jugendlichen hilft
Um den Fitnesszustand von Ismail Özen, der in diesem Jahr seinen 35. Geburtstag feiert, muss man sich wirklich keine Sorgen machen. Der 1,81 Meter große Boxprofi wirkt bis in die letzte Faser seines Körpers austrainiert. 14 Kämpfe, zwölf Siege, elf davon durch Knock-out – der Kampfrekord des Super-Mittelgewichtlers spricht eine deutliche Sprache. „Und in zehn Tagen werde ich den zwölften K.o.-Sieg feiern“, verspricht Özen mit einem Lächeln.
Im Waldhaus Reinbek sprach der 34-Jährige, dessen Eltern aus der Türkei stammen, über seinen bevorstehenden Kampf in der Hamburger Barclaycard Arena. Am Sonnabend, 7. Mai, trifft er auf Selemani Saidi aus Tansania. Özen steigt direkt vor dem Hauptkampf in den Ring. Diesen bestreiten der Bulgare Kubrat Pulew und Dereck Chisora aus England. Die beiden Schwergewichtler kämpfen um den vakanten Titel des Europameisters.
Der Sieger erwirbt das Recht auf einen Kampf um die IBF-Weltmeisterschaft gegen den Gewinner des Fights zwischen Titelverteidiger Charles Martin (USA) und Anthony Joshua (England). Der Fernsehsender SAT 1 überträgt um 22 Uhr zunächst den Hauptkampf, im Anschluss folgt als Aufzeichnung der Auftritt von Özen.
Das Waldhaus Reinbek beherbergt am Kampf-Wochenende die Boxer und das Kamerateam des Privatsenders. „Wir durften bisher die deutsche Fußball-Nationalmannschaft und die Teams von Borussia Dortmund und Bayern München als Gäste begrüßen“, sagt Hoteldirektor Moritz Kurzmann. „Boxer haben bisher bei uns noch nicht übernachtet, wir freuen uns darauf.“
In den vergangenen acht Jahren hat Özen als Profi im Boxsport jede Menge Erfahrung gesammelt. Doch was den 34 Jahre alten Super-Mittelgewichtler, der in Hamburg schon vor mehreren tausend Zuschauern geboxt hat, am 7. Mai in der Barclaycard Arena erwartet, wird auch für ihn ein Novum sein. „Ich rechne mit einer ausverkauften Halle“, sagt Özen. „Viele meiner Landsleute kommen, um mich zu sehen, die Mehrheit aber, um Selahattin Demirtaş zu feiern.“
Özen hat den kurdischen Politiker zu seinem Kampf eingeladen. „Demirtaş ist nicht nur wegen seiner politischen Ansichten, sondern auch aufgrund seiner beeindruckenden Persönlichkeit in Teilen der Türkei ein Volksheld, da er den Mut hat, sich öffentlich gegen Präsident Erdogan zu positionieren“, sagt Özen. „Im Ring wird er ein paar Worte an seine Landsleute richten.“
Özen, der neuerdings auch in den Klatschspalten auftaucht, weil er mit Janina Otto, Tochter des erfolgreichen Unternehmers und Stifters Michael Otto, liiert ist, wird unterstützt vom Reinbeker Andreas Ellermann. „Ismail und ich haben uns vor zweieinhalb Jahren kennengelernt“, sagt der Entertainer und Moderator. „Bei seinem großen Auftritt werde ich versuchen, ihn tatkräftig unterstützen.“ Für den Privatsender Hamburg 1 moderiert Ellermann einen Bericht über die After-Show-Party.
Özen gibt nicht nur im Ring eine gute Figur ab. Der 34-Jährige hat am eigenen Leib erlebt, wie schwer es ist, sich von ganz unten nach oben zu boxen. Deshalb hat er vor einigen Jahren die Stiftung „Kampf Deines Lebens“ gegründet. „Ich möchte junge Menschen ohne Perspektive, egal welcher Herkunft, von der Straße holen“, sagt Özen, „und ihnen vermitteln, wie sie ihre Aggressionen gegen sich selbst und andere kanalisieren und sich im Sport abreagieren können.“
Das Training unter professioneller Anleitung soll den Jugendlichen helfen, die Bedeutung grundlegender gesellschaftlicher Werte wie Respekt, Disziplin, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit zu lernen, sagt Özen.
Gemeinsam mit seinem Trainerstab betreut er rund 120 Kinder und Jugendliche – unter ihnen viele Flüchtlinge unterschiedlicher Herkunft. Der 34-Jährige scheint den perfekten Weg der Integration gefunden zu haben. „Wir bringen den Jugendlichen die deutsche Sprache bei und legen Wert darauf, dass sie sich bei uns auch nur auf Deutsch verständigen“, erzählt Özen. Zehn von ihm betreute Jugendliche hat Özen bisher zu Amateurboxern geformt, worauf er sehr stolz ist.
Für Schlagzeilen sorgte der Profiboxer im vergangenen Jahr, als er Hamburger Familien Unterstützung anbot, deren Kinder mit dem islamischen Staat sympathisierten.