Mascha und Seija Mallhaus vom TSV starten erstmals bei angesehenem Judoturnier. Coach Swenja Krosien spricht von „wichtigen Erfahrungen“.

Glinde Die innere Anspannung bei Mascha und Seija Ballhaus steigerte sich von Minute zu Minute. Kein Wunder, denn die beiden 14 Jahre alten Judokämpferinnen des TSV Glinde näherten sich nach rund fünfstündiger Autofahrt Bad Blankenburg (Thüringen) – und dem Beginn einer neuen sportlichen Ära. Gemeinsam mit Jugendtrainer Torsten Cordts und fünf weiteren Mädchen des Landeskaders waren die Zwillinge auf dem Weg zum Thüringen-Pokal – ihrem ersten namhaften internationalen Wettkampf.

„Während wir bei Turnieren in Deutschland mittlerweile fast alle Konkurrentinnen kennen“, sagte Mascha, „hatten wir in Bad Blankenburg keine Vorstellung, was uns vom Leistungsniveau her erwartet.“

Anlaufstation spätabends war ein kleines, abgelegenes Hotel. An Schlaf dachte jedoch noch niemand, denn zuvor stand in der Sporthalle der 7000 Einwohner zählenden Kleinstadt das offizielle Wiegen auf dem Programm – ohne das erwartete internationale Flair. Denn aufgrund der späten Ankunft waren die Teilnehmerinnen aus Schleswig-Holstein vorerst unter sich. Dies sollte sich schlagartig am nächsten Tag ändern: „Beim Aufwärmen Judoka aus Brasilien, Kanada, Frankreich, Schweiz oder Belgien zu treffen, war schon aufregend“, erzählte Seija.

Schwester Mascha traf im ersten Kampf auf die Niederländerin Lola van Zeijl. Die Glinderin siegte mit Waza-Ari und Yuko – zwei von drei möglichen Wertungen. Ein Waza-Ari erfolgt, wenn der Rücken die Matte nur halb berührt oder ein Haltegriff nur wenige Sekunden andauert. Ein Yuko erhält die Kämpferin, der sich einen technischen Vorteil erarbeitet, den Gegner nicht entscheidend beherrscht. Ein Ippon dagegen führt zum sofortigen Abbruch. Ihn vergeben die Kampfrichter, wenn ein Judoka seinen Kontrahenten auf den Rücken wirft oder ihn mit einer Haltetechnik für mindestens 20 Sekunden auf den Boden drückt.

In Runde zwei wartete die Belgierin Lois Petit – Silbermedaillengewinnerin der U-18-Europameisterschaften. Ein taktischer Fehler brachte Mascha um den erhofften Erfolg. „Meiner Trainerin Swenja Krosien und mir war bekannt, dass die Stärke der Belgierin eine bestimmte Beinwurf-Technik ist“, erzählt Mascha. „Und mit genau dieser hat sie mich gleich zu Beginn des Kampfes kalt erwischt.“

Nach zwei Siegen in der Trostrunde gegen die Niederländerin Naomi de Graf und Amanda Lima aus Brasilien traf Mascha in Runde drei auf Dauerkonkurrentin Jana Gussenberg von den Crocodiles Osnabrück. Mascha hatte die Niedersachsin zuletzt im Finale der deutschen U-18-Meisterschaften (bis 44 Kilogramm) besiegt – dieselbe Veranstaltung bei der Schwester Seija Bronze gewann (bis 48 Kilogramm). Bis eine halbe Minute vor dem Ende lag Mascha in der Wertung der Kampfrichter vorn, als Jana erfolgreich einen Haltegriff ansetzte. „Die Niederlage war ärgerlich und überflüssig, für Mascha allerdings eine wertvolle Erfahrung“, sagte Coach Krosien.

Seija bezwang zum Auftakt mit einem Ippon die Polin Natalia Matejko. Gegen Lalou Lebrun fiel die Entscheidung erst in der verlängerung – zu Gunsten der Französin. „Knapp sieben Minuten hat der Kampf gedauert“, erzählte Seija, „was körperlich aber auch mental enorm anstrengend ist.“

Die nötige Kondition holen sich die beiden 14-Jährigen viermal die Woche beim Training in der Sporthalle der Schule am Wiesendamm. Ab und an legen sie mit Vereinskollegin Miriam Buttkereit – Bronzemedaillengewinnerin bei den deutschen Titelkämpfen der Frauen – zusätzliche Laufeinheiten ein. „Ausdauer ist im Judosport nicht so gefragt wie Schnellkraft und mentale Belastbarkeit“, sagte Mascha, die gemeinsam mit ihrer Schwester dem European-Cup im tschechischen Teplice Mitte April und Anfang Mai in Berlin entgegenfiebert.

Auch wenn der Jahresauftakt für die Glinder Schwestern hätte kaum besser laufen können, rechnet Trainerin Krosien mit Rückschlägen. Sie sagt: „Jeder Sportler, egal welchen Alters, erlebt Höhen und Tiefen. Wichtig für Mascha und Seija wird sein, soviel wie möglich an Erfahrungen zu sammeln, um in ein paar Jahren nahtlos den Übergang in die Frauenklasse zu bewältigen.“

Eines können Mascha und Seija sich nicht vorstellen: während eines Judowettkampfs aufeinander zu treffen. „Häufig werden wir gefragt, wer von uns beiden die Bessere ist“, sagt Seija lächelnd. „Zum Glück brauchen wir diese dumme Frage nicht zu beantworten, da wir in unterschiedlichen Gewichtsklassen antreten.“

Eine Erklärung dafür, dass die beiden Schwestern seit ihrem elften Lebensjahr vier Kilogramm trennen, haben sie nicht. Und so heimsen die Stormarnerinnen Medaillen, Titel und Trophäen bei Kreis-, Landes-, norddeutschen und mittlerweile auch bei nationalen Meisterschaften in zwei unterschiedlichen Altersklassen ab.

Swenja Krosien sagt beiden eine große Zukunft voraus. „Das was Mascha und Seija in diesem Jahr bisher geleistet haben, ist schon außergewöhnlich“, sagt die Judotrainerin vom TSV Glinde. „Sie haben ihre Ziele fest vor Augen, legen jede Woche einen enormen Trainingsfleiß an den Tag und werden von Monat zu Monat mental stärker.“