Reinbek. Haltepunkt der S21 ist in einem üblen Zustand, sind sich viele einig. Aber es ist offenbar schwierig, das zu ändern. Die Gründe.
Zigarettenkippen, überlaufende Müllbehälter, Glasscherben auf dem Boden, verdreckte Toiletten: Der Reinbeker Bahnhof verkommt. „Das wirkt alles sehr gammelig“, wendet sich eine Reinbekerin per E-Mail hilfesuchend an unsere Redaktion. „Die Zustände am Reinbeker Bahnhof halten wir für unhaltbar. Die Treppen zum Bahnsteig wurden seit Monaten nicht mehr gefegt. Man muss aufpassen, nicht in irgendwelchen Unrat zu treten“, schreibt die Frau, die anonym bleiben möchte.
Sven Nötzel, Reinbeks Bauamtschef, redet auch nicht lange um den heißen Brei herum: „Reinbeks Bahnhof ist ein Schandfleck“, gibt er ohne Umschweife zu.
Müll und Scherben: „Reinbeker Bahnhof ist ein Schandfleck“
Das zu ändern hat sich der Rathausmitarbeiter schon länger vorgenommen. Nur die Problemlösung ist nicht einfach. Die Gemengelage bei den Zuständigkeiten ist schwierig, denn bei der Reinigung mischen viele verschiedene Akteure mit: die Bahn, die Stadt, externe Dienstleister und die Ladenbesitzer selbst. Schon herauszufinden, wer wo und wie oft putzt und fegt, ist eine Herausforderung. Grob gesagt: Die Bahn ist für die Bahnsteige zuständig, die Stadt für Wege und Plätze vor dem Bahnhof, die Ladenbesitzer für die Gehwege vor ihren Geschäften.
Mit der Reinigung der öffentlichen Toiletten hat die Stadt die Reinbeker Firma Jörg Kind beauftragt, deren Mitarbeiter einmal täglich an sieben Tage in der Woche anrücken und „versuchen, gegen den Schmutz anzuputzen“, sagt eine Mitarbeiterin. Das aber sei nahezu unmöglich, denn nur kurze Zeit später sind die Toiletten wieder verschmutzt. Kein Wunder bei den bis zu 6000 Fahrgästen täglich, die in Reinbek ein- und aussteigen.
Meterhohes Gestrüpp auf der Rückseite der Geschäfte
Einige davon können sich nicht überwinden, die öffentlichen Toiletten aufzusuchen. Die stehen dann im Kiosk und Backshop von Kemchand Dasija und bitten darum, seine Toilette benutzen zu dürfen. „Alle kann ich auf meine aber nicht lassen“, sagt der Kioskbesitzer, der die Bitte versteht. Dasija sorgt selbst dafür, dass es in und vor seinem Geschäft sauber ist, ärgert sich aber darüber, dass es dahinter ziemlich verschmutzt ist. Hier auf der Rückseite stehen Hunderte von Rädern angeschlossen an Bügeln. Zwischen den Rädern stapelt sich Müll, und das Gestrüpp steht mannshoch.
Das Gestrüpp würde Sansun Ayrian, Inhaber der Firma Ruhm, sofort runterschneiden, „wenn ich von der Stadt dazu den Auftrag bekäme“, sagt er. Ihm selbst sei es ein großes Anliegen, dass „mein Reinbek sauber ist“. Er ist aber nur für die Reinigung des Parkplatzes vor dem Blumen- und Pizzageschäft beauftragt. Diese Aufgabe nehme er ernst und rücke immer montags mit seinen Mitarbeitern an. Einmal im Monat säubert seine Firma zusätzlich die Fläche hinterm Blumengeschäft.
Für den Bereich der Unterführung fühlt sich weder Bahn noch Stadt zuständig
Viel öfter, einmal in der Woche und meistens am Freitag, sind Mitarbeiter des städtischen Baubetriebshofs vor Ort, um im Bereich der Bushaltestellen vor dem Bahnhof sowie den rückseitigen Eingang zu reinigen. „Noch öfter und nach Bedarf leeren wir die Mülleimer“, sagt Sabine Rosenbaum, stellvertretende Bauhofsleiterin.
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Und wer sammelt den Müll in der Unterführung und fegt die Treppen? „Das ist Aufgabe der Bahn“, sagt Sven Nötzel. Die Deutsche Bahn wiederum winkt ab: „Die Unterführung gehört der Stadt“, widerspricht Bahnsprecherin Angelika Theidig, die Bahn sei lediglich für die Bahnsteige zuständig, sie gebe einen hohen Millionenbetrag für die Reinigung ihrer Bahnhöfe aus. „Sollten Fahrgäste Verunreinigungen auf dem Reinbeker Bahnsteig feststellen, kann dies unter der Rufnummer 040/39 18 10 53 übermittelt werden“, sagt Theidig.
Sozialarbeiter kümmern sich um die Obdachlosen
Und was ist mit dem Rest des Bahnhofs? „Diese vielen verschiedenen Zuständigkeiten sind ein echtes Problem“, sagt Nötzel. „Das Beste wäre, alle Beteiligten an einen Tisch zu holen und die Reinigung in eine Hand zu übergeben“, schlägt Nötzel vor. Die Kosten müssten dann geteilt werden. Allein die Umsetzung sei aufgrund der angespannten Personalsituation in seinem Fachbereich aktuell schwierig.
Die fehlende Sauberkeit im und rund um den Bahnhof ist das eine, die Obdachlosen, die zeitweise in der windigen Unterführung kampieren, das andere: „Unsere Sozialarbeiter sind regelmäßig vor Ort, sprechen mit den Wohnungslosen und bieten ihnen eine Unterbringung in einer städtischen Notunterkunft an“, sagt Sozialamtsleiter Torsten Christ. Bisher aber wurde das Angebot immer abgelehnt. Viel mehr können die Mitarbeiter dann auch nicht tun: „Die Menschen haben ein Recht darauf, frei zu entscheiden, wo sie sich aufhalten“, sagt Christ. Solange sie sich und andere nicht gefährden, könne nicht aktiv eingegriffen werden.