Reinbek/Wentorf. Wentorfer Vergleichsportal listet viele günstige Stromanbieter. Grundversorger ist teurer. Warum er dennoch Vorteile hat.
Durch die Energiekrise sind die Preise für Strom und Gas kräftig gestiegen. Aktuell fallen die Preise an den Börsen wieder. Aber das kommt bei den Endverbrauchern nicht an. Noch nicht. Das E-Werk Sachsenwald aber plant bereits die Senkung der Preise für seine Kunden zu Beginn des kommenden Jahres. Aber warum erst dann? Und ist ein Wechsel noch sinnvoll?
Die Deutschen gelten als Sparfüchse – insbesondere jetzt in Zeiten von Inflation. Dem Wentorfer Unternehmen Tarifcheck kommt die Sparmentalität sehr zugute. Das Onlinevergleichsportal hat der Wentorfer Jan Schust vor 22 Jahren in Wentorf als Start-up gegründet. Der heute 44-Jährige war auf der Suche nach einer günstigen privaten Krankenversicherung und war es leid, sich die Infos der verschiedenen Anbieter mühselig zusammenzusuchen.
Die Idee für das Vergleichsportal war geboren. Heute ist es das drittgrößte unter den Vergleichsportalen, das nicht nur Krankenversicherungen, sondern auch Strom- und Gaspreise, Telefontarife oder Kreditkonditionen vergleicht. Das Unternehmen verdient Geld damit, dass es die verschiedenen Anbieter auflistet und erhält eine Provision bei Vertragsabschluss.
Energiekrise: Wentorfer Vergleichsportal listet 1000 bundesweite Stromanbieter
Schust hat ein Buch geschrieben, in dem er Tipps gibt, wie man im Internet Geld verdient („Jetzt zum eigenen Einkommen im Internet: Grundlagen, Methoden und Expertentipps – Affiliate Marketing“). Der Firmensitz ist immer in Wentorf geblieben.
Zum Interview in den Geschäftsräumen an der Zollstraße empfängt Stephan Cordes. Der Dassendorfer ist Marketingchef und mit 40 Jahren etwas älter als der Durchschnitt der restlichen 30 Mitarbeiter. Die Räume sind hip eingerichtet. „Anfragen zu privaten Krankenversicherungen sind zurückgegangen, dafür verzeichnen wir aktuell sehr viele zu Stromtarifen“, sagt Cordes.
Mehr als 1000 bundesweite Stromanbieter – vom kleinen Stadtwerk bis zum großen Konzern – sind auf dem Portal. Die wechselwilligen Kunden kommen auch aus der gesamten Bundesrepublik. Je nach Haushaltsgröße, Standort und Verbrauch sucht Tarifcheck kostenfrei den günstigsten Anbieter heraus und vergleicht deren Preise beispielsweise mit denen des Grundversorgers vor Ort.
E-Werk Sachsenwald steht im Vergleich zur Konkurrenz nicht so gut da
Das ist in diesem Fall das E-Werk Sachsenwald. „Aktuell kommen wir bei dem Vergleich nicht ganz so gut weg“, weiß Moritz Manthey, Vertriebsleiter beim E-Werk und verantwortlich für den Strom- und Gaseinkauf. So könnte laut Berechnung von Tarifcheck ein Zweipersonenhaushalt bei einem Wechsel zu Vattenfall aktuell rund 340 Euro im Jahr sparen. „Der billigste Anbieter zu sein, war aber auch nie unser Ziel. Wir machen bei diesem Preiskampf bewusst nicht mit. Unsere Aufgabe ist es, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und für faire, transparente und langfristige Preise zu sorgen“, sagt Manthey.
Das hat den Vorteil, dass sich die Kunden im Versorgungsgebiet in Reinbek, Glinde, Barsbüttel, Oststeinbek, Wentorf, Wohltorf und Aumühle seit 124 Jahren darauf verlassen können, dass Gas und Strom zu ihnen – auch in Krisenzeiten – ins Haus kommt. Die Kehrseite ist: Kurzfristige Preisänderungen nach oben unten gibt es beim E-Werk nicht, es sei denn, die EEG-Umlage wird erhöht oder fällt weg. „Unsere Preise sind mindestens ein Jahr lang stabil. Wir kaufen unsere Mengen langfristig zwei Jahre im Voraus ein und geben diese Beschaffungspreise an unsere Kunden weiter“, erklärt der Vertriebschef.
Warnung vor Schnäppchenanbietern
Im vergangenen Jahr haben die 26.000 Strom- und 9000 Gaskunden des E-Werks davon noch profitiert, in diesem Jahr haben sie nun das Nachsehen. Da locken Anbieter, die ihre Mengen kurzfristig am risikoreichen Terminmarkt einkaufen mit günstigeren Preisen. „Kunden, die auf Schnäppchenjagd sind und regelmäßig den Strom- und Gasanbieter wechseln, gibt es immer“, sagt Manthey. Er warnt aber davor, bei der Wahl des Energieversorgers nicht nur auf den Preis zu schauen und erinnerte an das vergangene Jahr.
Da schlitterten sogenannte Stromdiscounter durch die stark gestiegenen Preise an der Börse in die Pleite. Sie stellten die Lieferung ein und Tausende Kunden standen plötzlich ohne Strom- und Gas da. Einige davon landeten beim E-Werk. Der Grundversorger verzeichnete 2022 zweistellige Zuwachsraten. „Ein Großteil der Kunden ist geblieben, die Wechselquote bei uns ist generell gering“, sagt Manthey.
Energiepreise sinken ab 2024 deutlich, aber nicht auf Vorkriegsniveau
Ab Januar 2024 profitieren dann alle E-Werk-Kunden von den derzeit fallenden Preisen an den Energiebörsen. „Die Preise für Gas und Strom werden ab Januar deutlich sinken“, kündigt Manthey an. Auf das Vorkriegsniveau fallen die Preise zwar nicht, „aber unsere Kunden werden deutlich weniger zahlen als derzeit“, verspricht Manthey – vorausgesetzt, dass es keine weiteren großen Verschiebungen in der weltpolitischen Lage gibt.
Bis dahin aber müssen die Kunden weiterhin die hohen Abschläge zahlen. Die Krise ist also noch nicht geschafft. Ob der lokale Versorger gestärkt oder geschwächt hervorgeht, kann er derzeit noch nicht abschätzen. „Bislang ist die Zahl der Zahlungsausfälle gering. Mahnungen haben einen langen Vorlauf“, sagt der 42-jährige Vertriebschef.
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Was er aber jetzt schon abschätzen kann ist, dass die eingekaufte Gasmenge in jedem Fall reicht. Rund acht Prozent weniger Gas – das entspricht dem Bundesdurchschnitt – haben die Haushalte und Unternehmen der Region in diesem Winter weniger verbraucht. Wahrscheinlich ist auch, dass das E-Werk ab Mitte des Jahres sein Vertriebsgebiet wieder vergrößert und Bürger angrenzender Kommunen wie Bergedorf ihren Strom und Gas ebenfalls vom E-Werk beziehen können.
„Auf Kundenfang mit Lockangeboten werden wir aber nicht gehen“, sagt Manthey. Bestands- und Neukunden zahlen hier immer das gleiche. „Richtig groß werden ist nicht unser Ziel. Zuverlässig Energie liefern hingegen schon“, sagt Manthey. Das ist auch der Grund, warum das E-Werk in keinem Vergleichsportal gelistet ist.