Hamburg. Beim Buchen der Urlaubsreise kommt es auf den Wohnort, die Smartphone-Marke und sogar die Tageszeit an. Was Sie wissen müssen.

Viele Hamburger schauen gerade nach dem nächsten Ferienziel – und erleben so manche Überraschung. „Teilweise drastisch teurer“ werden Pauschalreisen für die Sommerferien 2023, schreibt das Reisebuchungs- und Bewertungsportal Holidaycheck kürzlich in einer Frühbucher-Preisanalyse.

Nach der Auswertung eigener Daten für beliebte Reiseziele koste etwa eine einwöchige Pauschalreise für zwei Erwachsene und zwei schulpflichtige Kinder an der türkischen Riviera im Schnitt 3488 Euro – das sei ein Plus von 45 Prozent gegenüber 2019, heißt es von dem Internetportal. Für Mittelmeerziele von Mallorca bis Griechenland, für die Kanaren und Ägypten lag die durchschnittliche Preisspanne zwischen 3200 und 4000 Euro.

Urlaub ab Hamburg buchen: So können Sie sparen

Die höheren Reisepreise 2023 seien durch teurere Energie und gestiegene Personalkosten zu erklären, sagt Christoph Heinzmann von Holidaycheck. Andererseits gelte: Urlaub sei dort günstig, „wo es viele Flugverbindungen und ein breites Angebot an Hotellerie gibt“, rät der Tourismusexperte.

Das Ausbleiben von Schnäppchen ist nur ein Phänomen, über das sich Verbraucher derzeit wundern. Viele Urlauber beobachten auch stark unterschiedliche Summen, die sie für Hotels oder Flüge zahlen müssen. Das so genannte Dynamic Pricing ist eine immer öfter genutzte Marketingstrategie, bei der Preise anhand automatischer Algorithmen schwanken. Die Technologie sorgt dabei immer wieder für verblüffende Effekte: Teilweise hängen die Preise sogar davon ab, ob jemand per iPhone sucht oder mit einem günstigeren Handy.

Das Abendblatt beantwortet wichtige Fragen zur Buchung. Warum differieren die Preise so stark, wie funktionieren die Suchmaschinen, wo trickst die Branche?

Pauschalreisen – laut Gesetz sind die Preise gleich, aber …

Eine Pauschalreise muss per Gesetz überall gleich viel kosten, sagt Nina Hammer von Holidaycheck. Dabei sei es egal, ob der Kunde „online, offline, beim Veranstalter oder übers Reisebüro bucht“, sagt die Sprecherin des Reiseportals im Internet. Diese Regelung betreffe im Voraus durch den Veranstalter fest geplante Pauschalreisen, aber auch die sogenannten dynamisch paketierten Reisen, die oft ein X vor dem Namen haben, wie X Dertour.

Auch diese müssten vom gleichen Reiseveranstalter zum gleichen Zeitpunkt überall zu gleichen Preisen buchbar sein – sofern alle Bestandteile identisch sind. Also: Um 13:30 Uhr muss etwa XFTI die Reise bei allen Anbietern zum gleichen Preis anbieten, bei Check24, Ab-in-den-Urlaub oder Holidaycheck.

Je nach Veranstalter können Urlauber ein Drittel sparen

Doch wenn es sich zwar um die gleiche Reise handele, jedoch um unterschiedliche Reiseveranstalter, „dann ist das natürlich hinfällig und kann zu unterschiedlichen Preisen führen“, beschreibt Nina Hammer die Realität bei Anbietern wie Tui oder Dertour.

Martin Zier, Geschäftsführer für den Bereich Pauschalreise beim Internetportal Check24 bringt es auf den Punkt: „Vergleichen Sie verschiedene Anbieter, können sie mehrere Hundert Euro sparen.“ Nach einer aktuellen Analyse könnten Reisende „durch einen Anbietervergleich bis zu 58 Prozent für den identischen Pauschalurlaub sparen.“ Also für die gleiche Reise mit dem gleichen Flug, dem gleichen Hotel, dem gleichen Zimmer und sogar dem gleichen Transfer. Für Sparfüchse lohnt also ein Blick auf die Vergleichsportale im Netz.

Große Kontingente – günstiger Urlaub

Es gebe einen Wettbewerb zwischen den Veranstaltern, sagt Kerstin Heinen vom Deutschen Reiseverband (DRV). Jeder Anbieter kalkuliere seine Reise selbst. Dabei sicherten sich die Veranstalter Kontingente in verschiedenen Hotels. Je größer diese Kontingente seien, umso eher würden sie zu günstigeren Preisen angeboten „Es gibt auch Veranstalter, die eigene Hotels haben, was in der Preiskalkulation berücksichtigt wird“, so Heinen. Eigene Häuser haben etwa Tui mit Tui Blue oder Alltours mit Allsun.

Die Preise können sich minütlich ändern

Früher standen die Preise über eine ganze Saison hinweg fest. „Wir erinnern uns sicher alle an die riesigen Preisteile in den Katalogen“, sagt Kerstin Heinen über vergangene Zeiten. Doch heute würden Reisen häufig auch auf Grundlage tagesaktueller Preise zusammengestellt – das ist das sogenannte ‚dynamic packaging‘. Die daraus resultierende Vielfalt der Angebote beschreibt Tui-Sprecher Aage Dünhaupt: „Wir bieten zu jedem Zeitpunkt mehr als sechs Milliarden Preiskombinationen für alle im Portfolio verfügbaren Reisen an.“ Nina Hammer von Holidaycheck nennt ein Beispiel für die Veränderungen im Zeitablauf: „Wenn Sie die Reise um 13:30 Uhr bei uns abfragen und um 13:35 Uhr dann bei Check24 – in diesen paar Minuten kann sich der Preis schon verändert haben.“

Ein Grund für die Schwankungen: Fluggesellschaften und Hoteliers bieten den Reiseveranstaltern zum Teil mehrmals täglich Rabatte an, um ihre Auslastung zu verbessern. Steigt die Nachfrage, ziehen auch die Preise wieder an. „Es gibt viele Flugkategorien und eine Vielzahl von Preisanpassungen in Echtzeit, sogar innerhalb einer Tarifklasse wie Economy“, beschreibt Susanne Dopp vom Reiseportal Expedia.de die Mechanismen.

Last Minute am besten gut eine Woche vorher buchen

Der günstigste Buchungszeitpunkt für einen Last-Minute-Deal ist sieben bis 14 Tage vor der Abreise. Allerdings gilt auch: Wer mit gepackten Koffern zum Flughafen-Schalter rollt und auf den Traumurlaub zum Billigpreis spekuliert, erlebt oft eine Enttäuschung. Last Minute ist der Preis für dieselbe Reise oft deutlich höher als noch ein paar Monate zuvor. Mittlerweile spart oft der am meisten, der am frühesten bucht.

Rabatte – schnell 200 Euro gespart

„Diverse Veranstalter und Plattformen arbeiten mit Rabatten, um Kunden zu werben“, sagt Nina Hammer von Holidaycheck: Die Nachlässe würden manchmal erst bei Zahlung abgezogen, manchmal seien sie aber auch schon in den Reisepreis integriert. „Das heißt, dass eine Tui-Reise nach Mallorca bei uns zum Beispiel 1000 Euro kostet, bei der Tui aber zu genau den gleichen Bedingungen (Abflughafen, Uhrzeit, Airline, Verpflegung etc.) 200 Euro weniger, weil diese einen Rabatt gewähren“. Auch, ob die Flexoption integriert ist oder nicht, sollte geprüft werden. „Bei einigen Veranstaltern wird diese direkt in den Preis einkalkuliert“, sagte Nina Hammer.

Dynamic Pricing – eine Wissenschaft zum Haare raufen

Auf Dynamic Pricing, also verschiedene Preissetzungen, können Kundinnen und Kunden vor allem bei großen Anbietern stoßen, etwa bei der Suche von Mietwagen auf der Sixt-Seite oder bei der weltgrößten Hotelgruppe Accor. Das Thema Dynamic Pricing sei für den Konsumenten zum Haare raufen, sagt Marketingprofessor Oliver Gansser. So seien die Preise auch geräteabhängig. „Wenn ich einen günstiges Samsung im Vergleich zu einem neuen iPhone nehme und ein Produkt suche, bekomme ich beim iPhone möglicherweise den höheren Preis angezeigt, weil das Endgerät erkannt wird“. Der Grund: Wenn der Reiseanbieter mit Dynamic Pricing arbeite, gehe er vielleicht davon aus, dass der iPhone-Besitzer mehr zu zahlen bereit ist.

Mehrfacher Angebots-Check erhöht den Preis der Reise

„Die menschliche Psyche ist so ausgelegt, dass man immer noch mehr rausholen will“, sagt Gansser. „Ist das schon ein guter Preis oder bekomme ich noch einen besseren?“ Doch wer lange nach Flügen sucht, bekommt am Ende oft einen höheren Preis angezeigt als anfangs. Das liegt an sogenannten Cookies, die Daten auf der Festplatte der Kunden abspeichern. Sie signalisieren der Buchungsseite, dass der User großes Interesse hat – und treiben die Preise in die Höhe.

Wer sparen will, verschleiert die Suche

Wenn ich meine Abfragen geheim halten und damit die steigenden Preise verhindern möchte, kann ich natürlich die Cookies löschen, sagt Gansser. Oder im Inkognito-Modus suchen. Die IP-Adresse, die vom Anbieter eines Produkts erkannt wird, ist vom Internetanschluss abhängig. Also: Wenn ich im Büro suche, ist das eine andere IP-Adresse, als wenn ich von zu Hause aus nach einem Produkt schaue.

Die beste Zeit, um zu buchen

Die Preise und Verfügbarkeiten sind auch tagesabhängig. Ein Kriterium: Wann haben die meisten Menschen Zeit, die Flüge zu suchen? „Freitagabends und am Wochenende suchen besonders viele Leute, deswegen ist es montags relativ günstig“, sagt Marketingexperte Gansser. Der Zusammenhang sei folgender: „Wir haben höhere Preise, wenn die Anzahl der Anfragen steigt, wenn die Anzahl der Anfragen abnimmt, sinkt der Preis.“

Nina Hammer von Holidaycheck rät Urlaubern für den Hotelleriebereich, gerade bei Last-Minute-Buchungen, immer vormittags die Verfügbarkeiten zu prüfen. „Die noch nicht vergebenen Zimmer werden morgens bis 10 Uhr in die Datenbanken eingespielt, auf die wir zugreifen. Hier geht es jetzt weniger um den Preis, als um die Verfügbarkeit“.

Es kommt auch auf den Wohnort an

Bei der Suche wird die ausgelesene IP-Adresse, also der eigene Standort, häufig mit Daten des Statistischen Bundesamts verknüpft: „Wenn eine Nachfrage aus Starnberg kommt, kann man eine hohe Kaufkraft vermuten. Diese Analyse wird heruntergebrochen bis auf die Stadtteile“, sagt Wirtschaftsprofessor Oliver Gansser. Und dann ist der Preis möglicherweise gekoppelt an die Kaufkraft.

„Ein Produkt für normalerweise 500 Euro kostet dann vielleicht 250 Euro mehr, wenn es sich um eine Adresse mit hoher Kaufkraft handelt“, ergänzt der Professor von der Hochschule FOM in München. Bei Flügen beispielsweise könne es Schwankungen um 50 Prozent geben.

Urlaub buchen 2023: Gebühren sind bei Reisebüros unterschiedlich

Gebühren bei Reisebüros, die seit einigen Jahren aufgekommen sind, seien eine „individuelle Entscheidung“, sagt Kerstin Heinen vom DRV mit Blick auf die einzelnen Betriebe der Branche. Ein eine Online-Umfrage von Counter vor9 hat ergeben, dass 43 Prozent der Reisebüros Entgelte im Fall einer Buchung auf den Reisepreis aufschlagen.

Neun Prozent verrechnen demnach Beratungsgebühren im Fall einer Buchung, weitere neun Prozent stellen immer eine Beratungsgebühr in Rechnung. Grundsätzlich verdienen Reisebüros als Vermittler von Reisen ihr Geld an der Provision. Diese beträgt ungefähr zehn Prozent vom Reisepreis, heißt es in der Branche.