Reinbek. Unternehmer kann jedes Auto in einen echten Stromer verwandeln. Ganz billig ist dieser Beitrag zur Mobilitätswende allerdings nicht.
Wer aufs E-Auto umsteigen möchte, muss sich aktuell auf lange Wartezeiten einstellen. Zudem fällt vielen der Abschied vom liebgewonnenen Auto schwer. Wer keine Kompromisse machen möchte, dem hilft Nils Iwahn mit seiner Reinbeker Firma E-Drive-Solution. Der 33-Jährige verwandelt jeden Verbrenner in ein vollelektrisches Auto – besonders gern Oldtimer und Liebhaberstücke.
Vor vier Jahren gründete der gebürtige Kieler, der mit seiner Familie in Marxen in Niedersachsen lebt, das Unternehmen und kann sich vor Anfragen aus der ganzen Welt kaum retten. Er ist auf Messen, im Internet und in Fachmagazinen ein gefragter Experte. „Das Thema E-Mobilität hat enorm an Fahrt aufgenommen, viele wollen ihre Autos umrüsten. Die Wenigsten aber wissen, wie es geht und was man braucht“, sagt Iwahn, der die Marktlücke erkannte und für sich in seinem Ein-Mann-Unternehmen nutzt.
Reinbeker Unternehmer macht aus Oldtimern E-Autos – auch aus Bau- und Landmaschinen
Das Know-how bringt der gelernte Elektrotechniker mit Aufbaustudium zum Techniker für Elektromobilität in jedem Fall mit. Vor acht Jahren hat er als Abschlussprojekt für sein Studium sein erstes Auto, einen alten Citroën 2CV – besser bekannt als „Ente“ – mit einem E-Motor ausgestattet und erfolgreich durch den TÜV gebracht. In diesem Jahr wird das quietschblaue Auto in Cabrioausstattung mit Originalgetriebe bereits 40 Jahre alt. Es steht aktuell im Empfangsraum in den Geschäftsräumen von E-Solution am Mühlenweg in Schönningstedt und schafft nach wie vor problemlos die 100 Kilometer lange Strecke von Kiel nach Reinbek. Allerdings ohne viel Gepäck, denn dort, wo sonst die Rückbank ist, sind die Akkus verbaut. „In den acht Jahren hat sich viel getan. Heute ist eine Batterie nur halb so groß, die Reichweite aber viermal größer“, sagt der Fachmann.
„Grundsätzlich kann jedes Gefährt – auch Traktoren, Baumaschinen und sogar Schubkarren – elektrifiziert werden“, sagt Nils Iwahn. Ob das am Ende auch wirtschaftlich ist, steht auf einem anderen Blatt. Denn günstig ist ein Wechsel vom Verbrenner auf E-Motor nicht: Allein die Materialkosten (Motor, Akku, Kabelverbindungen) liegen bei durchschnittlich 15.000 Euro. Die 150 Arbeitsstunden, die es für den Ausbau des alten Motors, den Einbau des neuen und das Verlegen der Kabel braucht, sind da noch nicht mit eingerechnet. Eine E-Auto-Prämie gibt es nicht. „Bei modernen Autos mit viel Steuerungstechnik wird es dann meist auch kompliziert“, sagt Iwahn.
Vielen Kunden geht es um den Spaßmoment an der Ampel
Doch seinen Kunden kommt es nicht aufs Geld an. Die meisten sind Autoliebhaber und Bastler und wollen ihren Zweitwagen fürs Wochenende – oft sind das Oldtimer wie Mini Classic, Käfer, aber auch Porsche und Trabant – spritziger machen. Ein mehr als 100 Jahre alter Ford Modell A mit Holzrädern war auch schon darunter. „Manche sind Enthusiasten und wollen grüner fahren, vielen aber geht es um den Spaßmoment und das neue Beschleunigungsgefühl an der Ampel“, sagt Iwahn. Wer schon einmal am Steuer eines E-Autos saß, weiß, was er meint. Lange Reichweiten spielen keine Rolle. Iwahn selbst nutzt für lange Strecke seinen Tesla. Mit dem kann er dann auch eine Schnellladesäule anfahren. Seine umgebauten Fahrzeuge können das nicht. Deren Ladeleistung liegt bei bei maximal 22kW, zu groß ist sonst die Gefahr, dass es einen Kurzschluss geben könnte. „Bislang aber ist keines meiner Autos und das meiner Kunden abgebrannt“, sagt er mit einem Augenzwinkern.
„Die Mobilitätswende wird mit diesem Reinbeker Unternehmen allein zwar nicht geschafft, aber es ist ein Baustein von vielen“, sagt Steffen Steinicke von der Klimaschutzinitiative Sachsenwald. Er und seine Mitstreiter wollen die Mobilitätswende voranbringen und den Reinbekern und allen Interessierten schmackhaft machen. Jungunternehmer Iwahn haben sie deshalb für Mittwoch, 19. April, in den Schlosshof geladen. Hier wird er zwischen 18 und 19 Uhr seine E-Ente präsentieren.
Iwahn präsentiert E-Ente am 19. April – Verkehrswendeaktivistin Katja Diehl hält Vortrag
Daneben parkt dann ein Ono, ein sogenanntes E-Cargo-Bike für den Geschäftsbetrieb des Berliner Start-up onomotion. Deren Gründer haben sich zum Ziel gesetzt, eine saubere und nachhaltige Alternative für den Transport von Waren wie Pakete in Städten zu entwickeln. Heraus kam Ono, das Sprinter, Vans und Transporter auf der letzten Meile der Zustellung ersetzen soll. Im vergangenen Jahr wurde die Produktion in der Hamburger Scheringstraße aufgenommen.
- Dorfstromer: Carsharing bald auch in Wentorf und Reinbek?
- E-Motion Wentorf: Boom bei E-Bikes hält weiter an
- E-Autos: Wie es mit der Förderung weitergeht
Ab 19 Uhr will Autorin, Podcasterin und Verkehrswendeaktivistin Katja Diehl mit einem Vortrag im Schloss die Besucher endgültig davon überzeugen, dass eine nachhaltige Mobilitätswende Sinn macht. Die 50-jährige Hamburgerin hat im vergangenen Jahr den Bestseller „Autokorrektur“ veröffentlicht. Diehl macht darin Lust auf eine Gesellschaft, die gemeinsam eine attraktive und klimafreundliche Zukunft für alle baut. Der Eintritt ist frei.