Reinbek. Verein Biker fahren für Kids unterstützen den Reinbeker Verein, der eine zweite Unterkunft für traumatisierte Kinder sucht.
Den Familien zu helfen, deren Kinder schwere Traumata erlitten haben, – das haben sich der Reinbeker Patrick Kliefoth, seine Ehrenamtlichen und sein Verein ShakenKids zur Aufgabe gemacht. Wenn er von den Schicksalen einiger Kinder erzählt, ist dies manchmal kaum zu ertragen. So wie das des Jungen, der über Jahre vom Babysitter vergewaltigt und missbraucht worden ist und seine verwitwete Mutter das erst von der Polizei erfuhr. „Der Junge wird medizinisch und psychologisch betreut“, erzählt die Ehrenamtliche Ina Thiel. „Wir helfen jetzt der Mutter, wieder auf die Füße zu kommen. Sie macht sich schwere Vorwürfe.“ Denn sie hatte Veränderungen im Wesen ihres Kindes als Zeichen der Trauer um den Vater verstanden.
„Patrick Kliefoths Arbeit und die seiner Ehrenamtlichen haben meinen größten Respekt“, sagt Hartwig Holst, Präsident des Vereins Biker fahren für Kinder (BFFK) aus Schwarzenbek. „Ihr Verein hat sich sensationell entwickelt.“ Deshalb besuchte er Kliefoth nicht nur mit seiner Familie in Reinbek, sondern überreichte ihm auch einen Spendenscheck in Höhe von 1000 Euro – ein Zuschuss für das gesuchte zweite Schutzhaus des Vereins. Die BFFK sammeln unermüdlich Spenden, mit denen sie regelmäßig ihre beiden Patenkinder unterstützen: Einem neunjährigen Ratzeburger, der als Kleinkind auf den Kopf gestürzt war und heute ein Pflegefall ist, finanzieren sie die Akupunktur-Behandlung, einem 14-jährigen Geesthachter mit Down-Syndrom die Reittherapie. „Wir freuen uns, dass wir eine so hohe Spendenbereitschaft erleben“, sagt Holst.
ShakenKids ist nach einer Familientragödie gegründet worden
Der Reinbeker Verein ShakenKids ist vor drei Jahren aus einer Familientragödie heraus entstanden: Der vier Monate alte Neffe der Kliefoths ist im Sommer 2019 von einem Mitglied aus der weiteren Familie zu Tode geschüttelt worden. Außerdem betreute Patrick Kliefoth als Schulbegleiter ein Mädchen, das in Folge eines als Säugling überlebten Schütteltraumas nur noch mit den Augen kommunizieren konnte.
Denn das Schütteln eines Säuglings verursacht schwere Hirnverletzungen. Aus dem Wunsch heraus, diesen Kindern zu helfen, gründeten die Kliefoths den Verein ShakenKids. Er bildete sich bereits als Traumatherapeut fort, seine Frau und Ina Thiel sind gerade dabei, diese Ausbildung bei einem christlichen Trägers zu absolvieren.
Immer mehr Fälle von Gewalt an Kindern
Mittlerweile kommen immer mehr Fälle von Gewalt gegen Kinder ans Tageslicht. Laut Kinderschutzbund hatten die Kindeswohlgefährdungen 2020 den höchsten Stand seit Beginn der Statistik 2012 erreicht – in Schleswig-Holstein wurde ein Anstieg um 30 Prozent gemeldet.
Nach dem starken Anstieg im ersten Corona-Jahr zeige sich nur eine leichte Entspannung. Wie Patrick Kliefoth fürchtet auch Irene Johns, Landesvorsitzende des Kinderschutzbundes, dass es sich bei diesen hohen Zahlen nur um die Spitze des Eisberges handelt. Die Dunkelziffer sei nach wie vor hoch
Erstes Schutzhaus steht im Oberharz
Die Behörden haben in 45 Prozent der Fälle von Kindeswohlgefährdung Zeichen von Vernachlässigung festgestellt, bei 18 Prozent gab es Hinweise auf psychische Misshandlungen, bei 20 Prozent mehrere Arten von Vernachlässigung oder Gewalt. Mittlerweile hilft ShakenKids daher auch Familien, deren Kinder durch andere Formen der Gewalt, entweder erlitten oder miterlebt, traumatisiert sind.
Ein erstes Schutzhaus steht im Oberharz und beherbergt seit April 13 aus der Ukraine geflüchtete Kinder mit vier Müttern und einer Großmutter. Eine der Mütter habe während der Flucht in einem Keller Zwillinge geboren und habe noch drei weitere Kinder, das älteste ist neun Jahre alt. „Alle diese Kinder sind schwer traumatisiert“, erzählt Patrick Kliefoth. „Sie sollen sich in unserem Schutzhaus sicher fühlen können. Wir fahren sie zu Ärzten und Ämtern, kommunizieren über eine Messenger-App mit ihnen, die für uns übersetzt.“ Dieses Haus haben seine Frau und er privat finanziert. „Jetzt suchen wir ein Wohnhaus im 20-Kilometer-Umkreis von Bergedorf“, sagt der Ehrenamtliche. Es dürfe ländlich gelegen sein, damit die Familien zur Ruhe kommen könnten. Für den Kauf wollen die Kliefoths eine Stiftung gründen.