Reinbek. Constanze Hellthaler verlor in der Corona-Zeit ihren Angestelltenjob. Wie es ihr gelang, dann ihren Traum zu verwirklichen.

Aus der Krise noch stärker hervorgehen: Das hat die Reinbekerin Constanze Hellthaler (49) mithilfe der Wirtschaftssenioren geschafft. Die Mutter zweier Kinder hat in der Corona-Krise ihren Bürojob verloren. Jetzt macht sie sich mit ihrer Kreativ-Werkstatt Reinbek selbstständig. Der Plan: Dort will sie nicht nur eigene Geschenkartikel herstellen und verkaufen, sondern vor allem auch Kurse für andere anbieten. „Ich hatte schon immer ein Talent, andere mitzureißen“, erzählt sie. „Das möchte ich nutzen, um meine Freude am kreativen Werken weiterzugeben.“

Nähen, sticken, häkeln, aber auch Papeterie oder Arbeiten mit Bienenwachs – unter dem Motto „Upcyceln mit Herz“ sind den Techniken, mit denen sie schöne Dinge herstellt oder auch veredelt, kaum Grenzen gesetzt. Gerade will sie sich in Sachen Textilfärben mit Pflanzen weiterbilden. Dass aus ihrer Freude an schönen Dingen einmal ihr Beruf werden könnte, mit diesem Gedanken hatte Constanze Hellthaler schon länger geliebäugelt.

Existenzgründung: Nicht getraut, bequemes Angestelltenleben aufzugeben

„Aber ich habe mir nicht zugetraut, mein bequemes Angestelltendasein aufzugeben“, erzählt sie. Ausgerechnet die Corona-Krise spielte ihr da in die Hände. Denn während dieser wurde ihr nach 16 Jahren Betriebszugehörigkeit gekündigt. Die anfängliche Trauer der 49-Jährigen wich fast einer Dankbarkeit für die Kündigung. Denn diese habe ihr den notwendigen Schubs in Richtung Selbstständigkeit verpasst. „Heute möchte ich auf keinen Fall zurück ins Bürokorsett“, stellt sie fest.

Da ihr Mann Marcus Bradtke-Hellthaler gerade mit seiner Imkerei umgezogen ist, hat sie jetzt sogar die passenden Räume für die Werkstatt am Haus. Ein Pluspunkt, mit dem sie Kosten sparen kann: Eine Miete fällt weg. Doch als es darum ging, den Businessplan für die Agentur der Arbeit zu schreiben, war ihr Elan etwas gebremst. „Mein Mann half mir dabei, aber wir kamen an unsere Grenzen“, sagt sie. „Ich bin kreativ, aber überhaupt kein Zahlenmensch.“

Existenzgründung: Steuerberater war überlastet

Die Steuerberater, bei denen sie anrief, waren wegen der Corona-Hilfen total überlastet. „Vermutlich wären sie auch dreimal so teuer wie die ehrenamtlichen Wirtschaftssenioren gewesen“, sagt sie. Von denen hatte sie in der Zeitung gelesen. „Ich dachte mir, ich nehme einfach mal jede Hilfe, die ich kriegen kann“, erinnert sie sich. Sie rief die Terminvereinbarung an, Helmut Burmeier meldete sich gleich zurück. „Er hat mir super geholfen, das hätte ich im Leben so nicht hinbekommen“, lobt ihn die Geschäftsfrau. „Die Haftpflichtversicherung, die Gebühren für die Handwerkskammer – das hätte ich glatt vergessen.“ Bei der Preiskalkulation will sie noch nachsteuern und sich weiter beraten lassen. „Ich habe auch immer Schiss vor dem Finanzamt, dass ich irgendetwas verkehrt mache“, verrät die 49-Jährige. „Oder dass ich nichts verdiene. Aber ich versuche es jetzt erst einmal für zwei Jahre.“

Constanze Hellthaler und ihr Mentor Helmut Burmeier.
Constanze Hellthaler und ihr Mentor Helmut Burmeier. © Susanne Tamm | Susanne Tamm

Helmut Burmeier ist voll des Lobes für seine Klientin: „Constanze Hellthaler ist eine toughe Frau.“ Er ist voller Bewunderung, wie locker sie aus ihrer Krise eine Chance machte. „Und Upcycling liegt voll im Trend“, urteilt der Wirtschaftssenior über ihre Geschäftsidee. Der 71-Jährige war im aktiven Berufsleben europaweit Vertriebs- und Marketingleiter beim Unternehmen Sharp Electronics. Vor zehn Jahren ist er in die Ruhephase der Altersteilzeit gegangen.

Wirtschaftssenioren bieten kompetente Unterstützung

Die Wirtschaftssenioren sind alle ehemalige Führungskräfte. Sie helfen als fachkundige Berater, als fordernder Sparringpartner, als aufbauender Coach oder auch als seriöser Mentor – ganz so, wie es Gründer oder auch langjährige Unternehmer brauchen: Die Wirtschaftssenioren haben in den vergangenen 39 Jahren gut 15.000 Beratungen angeboten. Der Schritt, sich außerhalb der Familie oder des Freundeskreises kompetente Beratung zu holen, sei genau richtig, sagt Burmeier. Wo, sei im Grunde egal. Auch ihm sei die Wichtigkeit der Zahlen erst im Ehrenamt deutlich geworden. „Aber ohne verlässliche Zahlen findet man beispielsweise keinen Investor“, mahnt er.

„Mein Ehrenamt ist gelebtes Lernen“, sagt der 71-Jährige. Mit Kleingewerbe etwa hätten die wenigsten der Ehrenamtlichen während ihrer aktiven Laufbahn zu tun gehabt. Mittlerweile hätten sie aber so viele Handwerksbetriebe betreut, dass die Erfahrungen groß sind. Burmeier ist für den Verein zudem als Webmaster für die Homepage (www.wirtschafts-senioren-beraten.de) und für die Sozialen Medien aktiv. „Auch in diese Aufgabe bin ich erst im Ehrenamt hineingewachsen.“ Auch etliche ältere Menschen wurden von den Wirtschaftssenioren übrigen schon beim Start in den zweiten Berufsweg beraten. Burmeiers ältester Klient war fünf Jahre älter als er. Für ihre Unterstützung bekommen die Ehrenamtlichen eine Aufwandsentschädigung von 25 Euro pro Stunde.

Wer gute Laune und Lust am Experimentieren hat, ist bei Constanze Hellthaler richtig. Sie ist unter 0177/ 629 18 90 oder unter www.kreativ-werkstatt-reinbek.de zu erreichen.