Reinbek. Die Ordensfrau war jahrzehntelang Pflegedirektorin im Reinbeker Krankenhaus. Bei den Kollegen und den Patienten überaus beliebt.
Ihr herzliches und anpackendes Wesen haben die Reinbekerinnen und Reinbeker vor Augen, wenn sie an sie denken – und die Geschichte des katholischen St. Adolf-Stiftes ist untrennbar mit ihrem Namen verbunden: Schwester Gerharda Biener ist jetzt im Alter von 87 Jahren verstorben. Die Ordensfrau war seit 1961 im St.Adolf-Stift tätig, sie war unter anderem jahrzehntelang Pflegedirektorin und sechs Jahre lang Oberin des Reinbeker Konvents.
Schwester Gerharda Biener: Landesweite Anerkennung für die Arbeit im St. Adolf-Stift
„Schwester Gerharda war eine außergewöhnliche Frau“, sagt Lothar Obst, bis 2016 Verwaltungschef des Krankenhauses Reinbek. „Sie war einerseits unheimlich herzlich und mitfühlend, was ihr bei ihrer Aufgabe, den Menschen zu helfen zugute kam. Andererseits war sie eine sehr durchsetzungsfähige Frau, die klare Ansagen machte, wie die Dinge zu laufen hatten.“
Beide Charakterzüge hätten ihr eine hohe Wertschätzung in der Pflege gebracht. Schmunzelnd erinnert sich der ehemalige Verwaltungschef an eine Baubesprechung. „Unser Architekt musste damals schlucken, als sie ihm in klaren Worten mitteilte: So wird die Bauplanung nicht realisiert werden“, erzählt Lothar Obst.
Lobende Worte vom ehemaligen Verwaltungschef Lothar Obst
„Wir haben uns sehr gut verstanden“, erinnert er sich gern an ihre siebenjährige Zusammenarbeit: Von 1974 bis 2004 war Schwester Gerharda Pflegedirektorin im Adolf-Stift. Wie er sei sie in der Verbandsarbeit aktiv und daher viel unterwegs gewesen. Sie hätten sich gegenseitig vertreten, er habe Entscheidungen für die Pflege, sie für die Verwaltung gefällt.
„Zu 90 Prozent waren wir immer einer Meinung. Wir haben manches Mal gestaunt und uns gesagt: ‘Ja, so hätte ich auch entschieden.’ Es war ein tolles Arbeiten.“ Schwester Gerharda sei von den schleswig-holsteinischen Pflegeverbänden entsandt worden. „Ihre Arbeit war landesweit anerkannt“, stellt Obst fest.
1984 trug ein Patient ihr die Idee der grünen Damen vor, die sich ehrenamtlich um die Kranken kümmern. Sie erkannte sofort das Potenzial und etablierte dieses Ehrenamt im Krankenhaus St. Adolf-Stift.
2004 übergab sie das Amt der Pflegedirektorin an ihren Nachfolger
Mit 70 Jahren übergab sie ihr Amt an ihren Nachfolger Martin Klein. Der emeritierte Erzbischof von Hamburg, Dr. Ludwig Haberkamp, hatte zu Ehren von Gerharda Biener damals eine heilige Messe in der Krankenhauskapelle gelesen.
Einen Tag später gab es noch einen offiziellen Abschiedsempfang in der Aula der Krankenpflegeschule. In einem Alter, in dem andere schon längst in Rente sind, sei sie noch „voll Saft und Kraft“ gewesen, erinnert er sich. „Und darüber hinaus“, erinnert sich Lothar Obst.
1956 war die Ordensfrau der Kongregation der Schwestern von der heiligen Elisabeth beigetreten, der Trägergemeinschaft des Reinbeker St. Adolf-Stiftes. Eine Einsicht, die sie anlässlich ihres 40-jährigen Jubiläums unserer Zeitung mitteilte: „Man muss im Leben Kompromisse schließen.“
Schwester Gerharda: „Man muss Kompromisse im Leben schließen“
Lächelnd erläuterte sie, welche sie meinte: „Man muss Kompromisse suchen zwischen Kinderwunsch und Keuschheitsgelöbnis, dem Talent zur Seelsorge und dem Auftrag, im Krankenhaus anzupacken, zwischen dem Wunsch, auch mal allein zu sein, und der Gemeinschaft im Ordenshaus.“
Im Notfall sogar zwischen Bayern München und dem HSV: „Ich lebe nahe an Hamburg und müsste eigentlich Fan des Hamburger Sportvereins sein“, verriet sie. „Aber ich bewundere Bayern München, weil die immer eine Lösung finden.“
1956 wurde aus Elisabeth Biener Schwester Gerharda
Die Wertschätzung für ihre Arbeit und ihre Beliebtheit wurden bei Jubiläen und feierlichen Anlässen offensichtlich. Dann türmten sich in ihrem Büro auf einem Tisch Geschenke und Gaben.
1956 war sie als Elisabeth Biener in den Orden zur „Kongregation der Schwestern von der Heiligen Elisabeth“ eingetreten. Ein halbes Jahr später erhielt sie ihren neuen Namen. Von der Realschule bis hin zu Managementkursen durchlief die spätere Chefin der Pflege alle weltlichen Stationen.
Ihr Leben hat sie Gott, den Kranken und dem Konvent gewidmet
Mit acht Geschwistern auf dem elterlichen Hof im Emsland aufgewachsen, hätte dies in ihrer Kindheit wohl niemand geglaubt. Während die älteren Geschwister das Vieh versorgten, passte sie auf die fünf jüngeren Geschwister auf. „Mit vier Jahren litt ich unter Diphtherie. Ich war jahrelang so schwach – man hätte mich wegpusten können“, erzählte sie einmal.
Doch offenbar hatte ihr Gott anderes mit ihr vor. „Eine echte Autorität“, nannte ihre Sekretärin Schwester Gerharda – akkurat in Tracht, mit Silberuhr und Medaillon samt Ordenspatronin Elisabeth. Ihr Leben hatte sie Gott, den Kranken und dem Reinbeker Konvent gewidmet.