Reinbek. Der Aumühler Hotelier übernimmt das bekannte Promi-Hotel. Nun öffnet das Waldhaus wieder – und schon bald stehen Änderungen an.

Wenn einer sein Geschäft von der Pike auf gelernt hat, dann ist es Hotelier Karl Schlichting. Gemeinsam mit seiner Frau Bettina Schlichting und Tochter Sandra Langhans (32) erfüllt sich der Aumühler jetzt einen Traum und übernimmt das Waldhaus Reinbek. „Das Waldhaus steht seit vielen Jahren für Qualität und gelebte Gastfreundschaft“, sagt der 63-Jährige. Er wohnt mit seiner Familie seit 30 Jahren in Aumühle und kennt das Fünf-Sterne-Haus schon lange.

„Ein Haus vom Schützengasthof zum führenden Hotel- und Gastronomiebetrieb in Hamburgs Osten zu bringen – das ist schon eine Leistung“, sagt Karl Schlichtig anerkennend über Christa und Dieter Schunke, die jetzt nach 57 Jahren von ihrem „Baby“ Abschied genommen haben. „Ich hoffe doch, dass sie noch häufig bei uns zu Gast sein werden, beispielsweise wenn Jens Rittmeyer am 20. Juni für uns beim Schleswig-Holstein Gourmet Festival kocht“, sagt Karl Schlichting.

Waldhaus Reinbek hat neuen Besitzer – Eröffnung am 4. Juni

Die Gespräche über den Verkauf hätten sich über Jahre hingezogen. Insofern sei der aktuell schwierige Zeitpunkt für die Gastronomie und die Hotellerie nicht so relevant. „Ein derartiges Projekt kauft man für mehrere Generationen, das ist ein Langzeitprojekt“, stellt der Hotelier fest und sagt lächelnd: „Das ist schon eine Investition, bei der man morgens beim Aufwachen einmal schlucken muss.“ Er ist zuversichtlich, dass sich die Corona-Situation wieder normalisiert. Am Freitag, 4. Juni, öffnen Restaurant und Hotel nach dem Lockdown wieder für Gäste.

Das Ehepaar ist Inhaber der Schlichting Hotel GmbH, zu der auch der Seehof in Ratzeburg, das Hotel Ohlenhoff in Norderstedt und die Pachtbetriebe Hotel Fürst Bismarck und Hotel Engel in Hamburg gehören.

Karl Schlichting ist an der Ostsee aufgewachsen

Geboren in Bergedorf, ist Karl Schlichting an der Ostseeküste in Timmendorf/Scharbeutz aufgewachsen. Den Norddeutschen sagt man aber nicht gerade nach, dass sie besonders gastfreundlich sind, oder? Der 63-Jährige holt tief Luft und wirft lachend ein: „Das kann ich so nicht stehen lassen. Die Italiener haben es vielleicht etwas leichter, aber ich empfinde dieses Geschäft tatsächlich als Berufung.“

Bereits während der Schulzeit im Alter von 14, 15 Jahren kellnert er im Hotel seines Großvaters. Schnell merkt er, das ist sein Ding. „Es ist ein spannendes Geschäft, unglaublich vielseitig, und es gibt immer neue Entwicklungen“, sagt er. „Sicherlich ist es auch anstrengend, aber das weiß man vorher.“

Schlichting leitete das Steigenberger in Hamburg

Und es gebe tolle Möglichkeiten, im Ausland zu arbeiten. Nach dem Abitur macht er Praktika in den USA und in Luxemburg. Er studiert Betriebswirtschaft mit dem Schwerpunkt Marketing, wird Diplom-Kaufmann. Daran schließt er die Hotelfachschule in Lausanne an, arbeitet gleichzeitig ein halbes Jahr lang als Koch. Danach geht Karl Schlichting in die USA, arbeitet bei Hilton International in New York, Toronto und Washington.

Nach eineinhalb Jahren geht er mit seiner Frau, einer „Sandkastenliebe“, mit der er schon seit Schulzeiten zusammen ist, nach Trinidad und Tobago. „Das klingt schön, aber es waren schwierige Zeiten, denn es gab schwere Rassenkonflikte“, sagt er. Das Ehepaar möchte eigentlich in Kanada bleiben, wo es ihm sehr gut gefällt. Doch aus familiären Gründen kehren die Schlichtings 1987 nach Deutschland zurück.

Er leitet das Steigenberger-Hotel Graf Zeppelin in Stuttgart. Dort kommen auch Tochter und Sohn zur Welt. „Dann habe ich großes Glück gehabt“, sagt der 63-Jährige. „Seit 1991 durfte ich das Steigenberger Hotel in Hamburg mit planen, eröffnen und bis 2011 leiten.“

2012 gelingt Schlichting der Schritt in die Selbstständigkeit

Als Vize des Bereichsvorstandes war er zudem ein Jahr lang in Frankfurt für 60 Hotels verantwortlich. „Ich bin aber nicht so jemand, der in der Zentrale arbeitet“, sagt Schlichting. „Außerdem wollte ich zurück nach Hamburg.“ Sein Arbeitsleben als Angestellter endet am 31. Dezember 2011, dann gelingt ihm der Schritt in die Selbstständigkeit. „Das haben wir viele Jahre versucht, aber ohne Familienvermögen ist das sehr schwierig.“

Das weit über die Grenzen Reinbeks bekannte Waldhaus liegt im Grünen an der Loddenallee. Es hat 49 Zimmer und Suiten.
Das weit über die Grenzen Reinbeks bekannte Waldhaus liegt im Grünen an der Loddenallee. Es hat 49 Zimmer und Suiten. © Susanne Tamm | Susanne Tamm

Doch der Pachtbetrieb des Fürst Bismarck Hotels nahe dem Hamburger Hauptbahnhof mit 102 Zimmern macht es möglich. Dann pachten die Schlichtings das Hotel Engel am Flughafen mit 96 Zimmern. 2012 schließlich bekommen sie bei einer Zwangsversteigerung den Seehof am Ratzburger Küchensee. Nach einer Komplettsanierung habe sich das Haus sehr erfolgreich entwickelt. Schließlich folgt der Ohlenhoff in Norderstedt und jetzt – als Krönung – das Waldhaus. Auf die Frage, ob die Schlichtings weiter expandieren wollen, lächelt Karl Schlichting und sagt: „Man soll nie nie sagen. Aber es ist jetzt schon mutig, das in der heutigen Zeit anzupacken.“

Während sein Sohn als promovierter Maschinenbauer in der Nanotechnik forscht, komm seine Tochter Sandra nach ihrem Vater und hat sich ebenfalls der Hotellerie verschrieben. „Ich habe sie gewarnt und ihr gesagt, das wird schwierig und anstrengend, diesen Beruf mit der Familie zu vereinbaren“, sagt Schlichting.

Innenarchitektin soll Waldhaus Reinbek verjüngen

Sandra Langhans begann mit einem dualen Studium im Vier-Jahreszeiten-Hotel in Hamburg. Danach arbeitete sie in London und Hamburg für Hyatt, ein Jahr im Hotel Engel und schließlich noch drei Jahre im Hilton in Wien. Aktuell ist die Wohltorferin mit zwei kleinen Kindern in Teilzeit tätig. „Auch sie freut sich sehr“, erzählt der stolze Vater. Er habe seine Kinder nie in eine Richtung gedrängt, sagt er, nur dies: „Man muss das, was man macht, lieben.“ Dass er das vorlebt, glaubt man ihm sofort.

Noch sind die Schlichtings damit beschäftigt, alles im Waldhaus kennenzulernen: die etwa 70 Mitarbeiter, die Abläufe und Strukturen sowie das Gebäude. „Wir wollen nicht alles umschmeißen, sondern das Haus mit dieser sehr guten Mannschaft weiterentwickeln. Nach drei, vier Monaten, wenn wir den Betrieb verstanden haben, wollen wir ihn innen optisch verjüngen und umsichtig modernisieren“, sagt der neue Inhaber.

Seehof Ratzeburg für zwei Millionen Euro saniert

„Farben und Design kann ich allerdings nicht so. Ich bin mehr der mathematische, operative und strukturierte Typ.“ Deshalb engagiert die Familie eine Innenarchitektin, mit der sie bereits beim Seehof sehr gut zusammengearbeitet habe. In Ratzeburg habe man zwei Millionen Euro investiert. „Der Seehof war allerdings völlig heruntergekommen, ganz anders als hier in Reinbek.“

Wie viel Zeit Karl Schlichting im Waldhaus verbringen kann und will, weiß er noch nicht genau. „Glücklicherweise haben wir in unseren Häusern sehr gute Mannschaften, mit denen wir vertrauensvoll zusammenarbeiten“, sagt er. Auch das Zutrauen zu den Mitarbeitern musste er erst lernen. „Das ist schwer, wenn man das Geschäft mit Herzblut betreibt“, sagt er. „Es bereitet mir immer noch Spaß und Freude.“

In seiner Freizeit ist er sehr sportlich unterwegs: Er segelt, spielt Tennis, läuft und fährt Rennrad. Schmunzelnd fügt er hinzu: „Aber fragen Sie lieber nicht, wie viele Stunden ich dazu komme.“ Es ist klar, als Gastgeber ist er mit vollem Herzen dabei.