Reinbek. In Reinbek gibt es eine Unterversorgung an Pflegeplätzen. Es gibt kaum noch Kapazitäten. Die Pandemie erschwert die Suche zusätzlich.
Die Entscheidung zu treffen, in ein Seniorenheim zu ziehen oder einen Angehörigen in eine Einrichtung zu geben, ist immer hart. Doch zu Zeiten der Corona-Pandemie, in der stets strenge Auflagen und Besuchseinschränkungen drohen, wird es noch schwerer. Unabhängig davon gibt es auch noch eine Unterversorgung an Pflegeplätzen in Reinbek. Schon der aktuelle Armutsbericht hat offenbart, dass nahezu alle 540 Pflegeplätze der Stadt belegt sind, der Bedarf aber steigt.
Nadine Rieke, Leiterin der Einrichtung Altenfriede an der Kückallee mit aktuell 115 belegten Plätzen, bestätigt den hohen Bedarf: „Ich habe schon weinende Menschen hier gehabt, die nicht wissen, wohin mit ihren Angehörigen“, erzählt sie. Sie hat bei wenigen Zimmern die Möglichkeit einer Doppelbelegung und versucht zu helfen, wo es geht. Formlose Anfragen per E-Mail gehen da schon einmal unter.
Der Pflegeplatzmangel in Reinbek wird immer größer
Die Leiterin der Einrichtung der Wichern-Gemeinschaft Reinbek bittet Interessenten daher immer um ein persönliches Gespräch. „Das ist möglich, weil mein Büro direkt am Eingang liegt“, sagt sie. „Niemand muss Sorge haben, dass diese Interessenten das Virus in die Einrichtung hineintragen. Wenn ernsthaftes Interesse besteht und wir einen freien Platz haben, drehe ich ein kleines Video in dem Zimmer, um es der Familie zu zeigen“, erläutert Rieke. Und auch Ines Schomburg, Leiterin der Seniorenresidenz Reinbek der Convivo-Gruppe an der Bogenstraße mit 133 Plätzen sieht noch Möglichkeiten.
Wenn neue Bewohner aufgenommen werden, müssten sie die ersten zwei Tage isoliert leben, um das Risiko eines Corona-Ausbruchs zu reduzieren. „Wir messen regelmäßig die Temperatur und kontrollieren genau, ob sie Symptome haben“, erklärt Nadine Rieke. Zurzeit werde der Einsatz von Antigentests für Mitarbeiter und Bewohner vorbereitet. Diese Tests sind etwas ungenauer als die bekannten Abstriche, können einfacher und schneller ausgewertet werden.
Sich durch den Pflegestützpunkt des Kreises beraten lassen
Auch Dr. Heinz-Dieter Weigert, Vorsitzender des Seniorenbeirats, weiß, dass aktuell fast alle Plätze bis auf 30 Kurzzeitpflegeplätze in der Seniorenresidenz Reinbek an der Bogenstraße besetzt sind. „Erster Ansprechpartner, wenn man Hilfe in Sachen Pflege braucht, ist der Pflegestützpunkt Stormarn“, sagt er. Allerdings sei dort von zwei Stellen eine vakant.
Lesen Sie auch:
- 490.000 Euro für eine bessere Versorgung der Patienten
- Wie Stormarner Alten- und Pflegeheime die Corona-Krise meistern
Dr. Edith Ulferts, Leiterin des Fachbereichs Soziales im Kreis, rät ebenfalls zur Beratung durch den Pflegestützpunkt oder den Sozialdienst des Krankenhauses. Diese beraten auch, ob nicht ein ambulanter Pflegedienst eine Alternative wäre. Bedingung für die Aufnahme im Seniorenheim sei der Pflegegrad 2. Die Bewohner der Pflegeheime seien meist bereits betagt, weiß Seniorenbeirat Weigert. „Viele kommen erst mit Pflegegrad 3 ins Heim“, erklärt er.
Da die zu zahlenden Beträge über alle Bewohner einer Einrichtung gemittelt würden, sei der Eigenanteil bei Pflegegrad 2 noch zu hoch: „Selbst beim höchsten Pflegegrad gibt es nur gut 2000 Euro im Monat, ein Pflegeplatz ist aber kaum unter 3500 zu haben.“
Großes Problem: Es werden keine neuen Pflegeheime mehr gebaut
Das Problem sei, dass keine zusätzlichen Pflegeheime mehr gebaut würden. „Das ist für Investoren finanziell nicht mehr interessant“, erläutert Weigert. „Grund ist die Bevölkerungsentwicklung. Denn wenn die Kredite nach 30 Jahren abbezahlt sind, sich der Betrieb eines Seniorenheims also lohnen würde, bleiben die Zimmer leer. Dann sind nämlich auch die Babyboomer schon wieder durch.“ Als Alternative schlägt er Wohn- und Pflegegemeinschaften vor. Denn bei der ambulanten Pflege zahle die Pflegeversicherung höhere Sätze. „Doch dafür fehlen in Reinbek geeignete Räume“, kritisiert Weigert.