Reinbek. Gesundheitsminister Heiner Garg übergibt Fördergeld für Pilotprojekt am Reinbeker St. Adolf-Stift.
Dem Patienten fällt es meist auf, wenn er ins Krankenhaus kommt und dort eine neue Röntgenaufnahme gefordert ist – obwohl ein Arzt diese vor der Diagnose bereits erstellt hat. Zwischen der stationären Versorgung im Krankenhaus und der ambulanten in Arztpraxen oder auch Pflegeheimen gibt es starre Barrieren. Um diese zugunsten einer besseren Patientenversorgung aufzulösen und diese Sektoren stärker zu verbinden, hat Gesundheitsminister Dr. Heiner Garg (FDP) gestern die Finanzierung über knapp 490.000 Euro für das Pilotprojekt SekMa (Sektorübergreifendes Entlassmanagement) an das Krankenhaus St. Adolf-Stift aus dem Versorgungssicherungsfonds des Landes übergeben. Garg lobte die sektorenübergreifende Versorgung: „Sie machen das hier fabelhaft.“
Noch viel wichtiger wird die Überwindung der Barrieren allerdings beim Entlassungsmanagement aus dem Krankenhaus. „Viele Patientinnen und Patienten wissen häufig nicht, wie es nach der Behandlung im Krankenhaus weitergeht“, sagte der Minister. Die Patienten gehen meist davon aus, dass ihre Diagnose, die weitere nötige Behandlung und Medikamentation schon automatisch und digital an ihren Arzt oder das entsprechende Pflegeheim geht. Doch die unterschiedlichen Systeme verhindern dies. Geht es den Patienten nach der Behandlung wieder schlechter, landen innerhalb von einem Monat viele wieder in der Klinik – auch wenn ein stationärer Aufenthalt vielleicht nicht unbedingt nötig wäre.
Das Projekt ist zunächst auf drei Jahre angelegt
Diese Abläufe durch eine einheitliche Digitalisierung zu verbessern und effizienter zu gestalten, ist das Ziel des Projektes SekMa, das zum Start auf drei Jahre angelegt ist. Geschäftsführer Björn Pestinger skizzierte die Behandlung einer Diabetes-Patientin aus einer Pflegeeinrichtung mit einer chronischen Wunde: „Stellen Sie sich vor, die Wundmanagerin holt ihr Mobiltelefon aus der Tasche, macht ein 3D-Foto der Wunde und tauscht über eine App Informationen über den letzten Krankenhaus-Aufenthalt und den Gesundheitsverlauf in der Pflegeeinrichtung mit unseren Gefäßmedizinern aus.“
Gemeinsam könnten Wundversorger, Pflegeeinrichtung, Hausarzt und Patient über die weitere Behandlung entscheiden – nur über eine Videokonferenz in Echtzeit. „Der Patient hat das letzte Wort über seine elektronischen Informationen“, betonte Projektleiterin Laila Wahle und erklärte den Projektverlauf: In der ersten Phase sollen die Abläufe um die Entlassung herum geprüft und hinterfragt werden. „Denn eine Entlassung kann auch geplant ablaufen“, sagte sie. Danach sollen ideale Prozesse entwickelt und in verschiedenen Profilen für Behandlungsgruppen festgelegt werden. Daraus folgen die Bedarfe, die ermittelt werden sollen: Welche Software wird gebraucht? Diese wird programmiert, dann kann die Anwendungsphase beginnen.
Neun externe Kooperationspartner sind dabei
„Alle diejenigen, die an der Nachversorgung beteiligt sind, sollen Informationen strukturiert abrufen können“, sagte Heiner Garg. Er warb für eine Datennutzungsdebatte statt einer Datenschutzdebatte. Neun externe Kooperationspartner aus stationärer Pflege, ambulanter Pflege, Vereinigungen von niedergelassenen Ärzten (darunter Praxisnetz Herzogtum Lauenburg und Praxisring Südstormarn), der Pflegestützpunkt Kreis Stormarn, die SVS-Pflegedienste und das Haus Altenfriede sowie ein Wundexperte sind dabei. Und etwa 15 Mitarbeiter des Krankenhauses, etwa der Sozialdienst, das Belegungsmanagement und der Datenschutzbeauftragte. Von Beginn an begleitet und berät Professor Jost Steinhäuser wissenschaftlich. Er ist Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin der Uni-Klinik in Lübeck.