Bargteheide/Reinbek. Einrichtungen im Kreis beklagen Engpässe bei Schutzkleidung. Bewohner nähen Schutzmasken. Mitarbeiter noch ausreichend vorhanden.

Die Auswirkungen der Coronapandemie haben auch Stormarns Senioren- und Pflegeheime weiter fest im Griff. Die Einrichtungen stehen vor der Herausforderung, ihre Bewohner, die zur Risikogruppe gehören, ebenso vor einer Infektion zu schützen wie das Pflegepersonal. Letzteres ist durch die aktuelle Lage noch stärker belastet als ohnehin schon zu normalen Zeiten. Zudem muss die Versorgung mit Hygienemitteln und Schutzkleidung sichergestellt werden.

Genug Desinfektionsmittel für die nächsten Wochen vorhanden

„Die Personalsituation war auch vor der Coronakrise nicht die Beste“, sagt Björn-Ole Wollschläger, Leiter des Ambulanten Pflegediensts der Sozialstation Südstormarn in Reinbek. „Zwei Mitarbeiter wurden nun aufgrund von Erkältungssymptomen freigestellt, dennoch sind wir personell noch gut aufgestellt.“

Die 30 Mitarbeiter des Pflegedienstes steuern aber auf einen Engpass bei Schutzkleidung zu. „Aktuell ist es schwierig, Nachschub von Atemschutzmasken zu bekommen“, sagt Wollschläger zum Abendblatt. „Wir würden die Masken gern prophylaktisch bei jedem Patienten tragen. Da nicht genug verfügbar sind, können wir diese nur bei Risikopatienten anwenden.“ Immerhin: Desinfektionsmittel und andere Schutzkleidung wie Handschuhe sind laut Wollschläger zumindest für die nächsten Wochen noch kein Problem.

Wöchentliche Lieferungen seien derzeit gesichert

Auch die Pflegeeinrichtungen Steinbuck betrachten ihre Personallage noch als ausreichend. „Bisher hatten wir fast keine Krankmeldungen“, sagt Geschäftsführer Mathias Steinbuck. Sein Unternehmen hat seinen Sitz in Bargteheide und betreibt dort einen Ambulanten Pflegedienst und Einrichtungen wie den Wohnpark Malepartus und dem Fasanenhof. Dazu kommt der Seniorenwohnpark in Jersbek.

Für Hygienemittel und Essen ist laut Steinbuck vorerst gesorgt. „Die wöchentlichen Lieferungen sind aktuell noch gesichert. Im Notfall hätten wir Lebensmittel für drei Wochen“, sagt der Geschäftsführer. Das Problem liege auch in den Steinbucker Einrichtungen bei der Versorgung mit Mundschutz und Schutzkleidung, diese müssen sparsam verwendet werden.

Alle Besucher müssen sich vorher in eine Liste eintragen

Katrin Dähn-Erler (l.), Heimleiterin der Pflegeeinrichtung Travedomizil in Bad Oldesloe und Mitarbeiterin Birgit Limberg.
Katrin Dähn-Erler (l.), Heimleiterin der Pflegeeinrichtung Travedomizil in Bad Oldesloe und Mitarbeiterin Birgit Limberg. © Pia Rabener

Seit vergangener Woche sind alle Steinbucker Einrichtungen für Besucher geschlossen. „Sterbefälle sind ausgenommen, aber dann kann auch nur ein Angehöriger zurzeit in die Einrichtung kommen“, sagt Mathias Steinbuck. Alle Besucher müssten sich vorher in eine Liste eintragen sowie Mundschutz und Handschuhe anziehen. Auch andere betriebsfremde Personen dürfen die Einrichtungen nicht mehr betreten: „Alle Veranstaltungen wurden eingestellt, Schulen und Praktikanten mussten wir absagen“, so Steinbuck. „Externe Dienstleister wie Friseure und Fußpfleger dürfen derzeit nicht mehr kommen.“

Michael Pitz, Geschäftsführer der Gesellschaft HI Dienstleistungen, konnte in seinen Pflegeeinrichtungen bereits personelle Probleme vermerken. Zu den Einrichtungen der HI-Gruppe gehört das Travedomizil in Bad Oldesloe. „Bei uns gibt es eine Erkältungswelle, wir haben jedoch bisher keinen Fall von Corona“, sagt Pitz. Alle Mitarbeiter mit Krankheitssymptomen seien zu Hause.

Mitarbeiter und Bewohner nähen Atemschutzmasken

Gegen die bereits bemerkbaren Engpässe an Hygienemitteln und Schutzkleidung hat der Geschäftsleiter Vorkehrungen getroffen. „Da unsere Lieferanten nicht mehr liefern können, stehen wir diesbezüglich im Austausch mit dem Kreisgesundheitsamt. Wir sollten in den nächsten Wochen eine Lieferung an Desinfektionsmittel erhalten“, so Pitz.

Und bei einer Fertigungstherapie nähen die Bewohner der Sozialpsychiatrischen Einrichtung Haus Ingrid in Bad Oldesloe Mundschutzmasken und Schutzkittel. Die Therapie soll den Bedürftigen eine Tagesstruktur geben, sie erledigen leichte Tätigkeiten bei der Herstellung verschiedener Produkte. So konnten bereits 200 Mundschutzmasken fertiggestellt werden. Mitarbeiter der Einrichtungen nähen in ihrer Freizeit zudem weitere Masken. „Unser Plan ist es auch, Gesichtsschutzschirme mit Visieren in Baumärkten zu erwerben“, sagt Pitz. Das Problem dabei sei nur, dass diese keine Wegwerfartikel sind und sie nach jedem Benutzen desinfiziert werden müssten. Michael Pitz hat zusätzlich 50.000 Mundschutzmasken in China bestellt. „Das Erhalten dieser Lieferung ist jedoch fraglich“, sagt der Geschäftsführer. Auch Handschuhe seien aktuell Mangelware, damit müsse sparsam umgegangen werden.

Folgen hat die Pandemie auch für die Heimaufsicht

In den Einrichtungen der HI-Gruppe herrscht ebenfalls Besuchsverbot mit Ausnahme bei Sterbefällen, Besucher müssen Schutzkleidung tragen. Ärzte und Logopäden dürfen die Pflegeheime betreten. Wenn ein Rollator oder Ähnliches geliefert wird, wird dieser in einen Teil des Eingangs gestellt. Dieser kann dann nur von einer Seite betreten werden, die Lieferanten können die Einrichtung nicht erreichen.

Folgen hat die Pandemie auch für die Heimaufsicht des Kreises. Seit Anfang März wurden die Regelkontrollen der Pflegeeinrichtungen eingestellt. „Wir führen nur noch Kontrollen anlässlich von Beschwerden durch“, sagt Andreas Rehberg, als Fachbereichsleiter Sicherheit und Gefahrenabwehr der Kreisverwaltung für die Heimaufsicht zuständig. Dabei werde den Hygieneschutzmaßnahmen gefolgt. „Wir versuchen, keinen Kontakt mit den Bewohnern der jeweiligen Einrichtungen zu haben. Wir sprechen dann meist auch nur mit der Heimleitung“, sagt Rehberg. Bei den Anlasskontrollen werde derzeit auch darauf geachtet, ob die Einrichtungen für betriebsfremde Personen geschlossen sind.

Es gibt Botschaft vor dem Heim: „Wir denken an euch“

„Bei den zulässigen Ausnahmen vom Besuchsverbot kommt es immer auf den Einzelfall an“,sagt Beatrix Erler. Sie leitet das Pflegeheim Haus Bolande in Reinfeld mit 60 Bewohnern. So gebe es Härtefälle, mit denen man sensibel umgehen müsse. „Wir haben etwa einen Angehörigen, der seit vielen Jahren jeden Tag seinen demenzkranken Bruder besucht. Da wäre es unangemessen, diesen auszusperren, zumal keiner weiß, wann die Krise vorbei ist“, so Erler zum Abendblatt. „Natürlich werden auch dann die angemessenen Hygieneregeln eingehalten.“

Die Heimleiterin sieht ihr Haus für die Krisenzeit gut gerüstet. Personal, Lebens- und Hygienemittel seien ausreichend vorhanden, laut Erler dank der Zugehörigkeit zur gut aufgestellten Unternehmensgruppe Compassio. „In solchen Ausnahmesituationen müssen Seniorenheime kreativ und flexibel sein“, sagt Beatrix Erler. „Wichtig sind der Zusammenhalt und die Ideen der Mitarbeiter.“ So habe etwa eine Mitarbeiterin von sich aus einen Brief an eine Kita geschrieben. Darin bittet sie Erzieher, Eltern und Kinder um selbstgemalte Bilder und Briefe für die Bewohner von Haus Bolande.

Die Heimbewohner und die Mitarbeiter freuen sich, wenn sie Beistand von außen bekommen. So wie jüngst geschehen durch eine Botschaft auf den Steinen der Einfahrt zum Pflegeheim: „Wir denken an euch“ steht dort mit Kreide geschrieben. Und daneben sind ein Herz und eine Sonne gemalt. Heimleiterin Erler ist gerührt von der Aktion und sagt: „Vielen Dank an den unbekannten Zeichner.“