Reinbek. Grüne kritisieren Verwaltung und Mitglieder anderer Parteien. Sie fürchten im Zuge der Planung ein Zusammenwachsen von Stadtteilen.
Die Reinbeker Grünen sind derzeit mächtig sauer und attackieren das Bauamt, Mitglieder aus den Fraktionen von CDU, SPD, FDP sowie den parteilosen Klaus-Peter Puls. Anlass ist die Einrichtung einer Arbeitsgruppe, die sich hinter verschlossenen Türen mit der Stadtteilplanung für Schönningstedt beschäftigt inklusive des Recyclinghofumzugs.
Ärger um Recyclinghof: Stadtteile könnten zusammenwachsen
Beim ersten Treffen vor rund zwei Wochen habe die Verwaltung Ausarbeitungen der Rahmenplanung aus dem Jahr 2010 als Grundlage für die weitere Diskussion vorgelegt. Dort würden massive Wohnbauflächen ausgewiesen, sagt der Grünen-Fraktionsvorsitzende Günther Herder-Alpen. „Und einige Politiker sind darauf aufgesprungen.“
Er fürchtet das Zusammenwachsen von Stadtteilen. „Die freien Flächen sollen aber bleiben“, fordert der 65-Jährige und führt als Grund auch das Wirken von Bürgerinitiativen an, die in der Vergangenheit in dem Bereich Wohnungsbau und Gewerbeerweiterung verhindert hatten. Herder-Alpen wirft dem Rathaus und anderen Entscheidungsträgern „geheime Stadtteilplanung“ und „Hinterzimmerpolitik“ vor.
Bürger konnten Ideen für Entwicklung der Kommune einbringen
Alles nur ein Missverständnis? So sieht es jedenfalls Bauamtsleiter Sven Noetzel: „In den Workshops wird nichts beschlossen. Unter anderem soll die Gruppe festlegen, wie die Bürgerbeteiligung gestaltet wird.“ Rückendeckung bekommt er von Klaus-Peter Puls. Der Stadtverordnete sagt: „Uns wurde von der Verwaltung lediglich ein historischer Überblick gegeben, welche Planungen einmal angegangen wurden.“ Was die Grünen jetzt kommunizierten, sei völliger Unsinn.
„Ich habe noch mal darauf hingewiesen, dass vorrangig die Verlagerung des Recyclinghofs zu behandeln ist.“ Mit der Stadtteilplanung für Schönningstedt sattelt Reinbek auf dem sogenannten Stadtcheck auf. In einer breit angelegten Bürgerstudie von November 2017 bis März 2018 konnte die Bevölkerung Ideen für die Entwicklung der Kommune einbringen. Ein zentraler Punkt war dabei der Wohnungsbau.
Dass der Recyclinghof der Abfallwirtschaft Südholstein (AWSH) von der Glinder Straße ins Gewerbegebiet Haidland umziehen und jenes per Bauleitplanung erweitert werden soll, hatte das Stadtparlament im Juni beschlossen. Allerdings ist dieses Projekt verbunden mit der Standortsuche für die örtliche Feuerwehr, der Verkehrsentlastung auf der Königstraße und der Ansiedlung von weiteren Firmen. Die Klärung solcher Fragen benötigt Zeit.
Die Grünen wollten sich auf die AWSH-Verlagerung beschränken und diese schnell umsetzen, kamen damit aber nicht durch. Sie hatten als Fläche einen Acker im Nordosten ausgemacht. „Die Bürgerinitiative hat uns signalisiert, dass diese Variante für sie in Ordnung ist“, sagt Herder-Alpen.
Grünen wollen notfalls aus der Arbeitsgruppe aussteigen
Er will beim zweiten Treffen der Arbeitsgruppe am 18. November dabei sein, echauffiert sich, dass die „Teilnehmer zur Verschwiegenheit verpflichtet werden sollen“. Der Fraktionschef macht eine klare Ansage: „Ich werde noch mal auf den Tisch hauen, notfalls steigen wir aus.“
Seiner Meinung nach gehöre das Thema Stadtteilplanung sofort in den Bau- und Planungsausschuss und solle dort öffentlich behandelt werden. Bei der zweiten Zusammenkunft der Geheimrunde soll zum Beispiel ein Konsens für den Planungsrahmen erreicht werden. Jede Fraktion stellt zwei Vertreter. Sie wollen sich künftig einmal im Monat besprechen. In vier Wochen will die Verwaltung Vorschläge für Beteiligungsstrategien machen.
Die Meinung von Anliegern der Glinder Straße zum Recyclinghof ist ihr seit Langem bekannt: Er muss dort weg. Sie haben in der Vergangenheit zureichend auf ihr Problem aufmerksam gemacht, sind genervt ob der Verkehrssituation, klagen über Lärm, Abgase, Staus und pöbelnde Autofahrer, die regelmäßig ihre Einfahrten blockieren auf dem Weg zur Entsorgungsanlage. Eigentümer des Areals ist Reinbek, die AWSH hat das Gelände gepachtet.
Die Felder im Haidland sind Eigentum mehrerer Landwirte
Das kommunale Unternehmen beschäftigt sich schon seit Jahren mit einem Umzug und würde auch Grund dafür erwerben. 2015 hatte es sich um eine Fläche nahe der Carl-Zeiss-Straße bemüht, das wollten die meisten Politiker aber nicht. Im November 2019 prüfte die Verwaltung zwei Vorschläge: einen beim Kalksandsteinwerk in Neuschönningstedt und den anderen zwischen Büchsenschinken und dem Munitionslager in den Oher Tannen. Beide Projekte waren nicht umsetzbar.
Die Felder im Haidland sind im Eigentum mehrerer Landwirte. Für den Umzug müssten sie veräußern. „Ich glaube nicht, dass es daran scheitern wird“, sagt Bauamtsleiter Sven Noetzel.