Glinde. Immobilie am Glinder Mühlenteich, in der zuletzt das Restaurant San Lorenzo gewesen ist, soll Neubau mit Luxus-Wohnungen weichen.
Sie hatten es vermutet, die Glinder Kommunalpolitiker, trotzdem insgeheim gehofft, dass die Villa Bode am Mühlenteich nach dem Eigentümerwechsel bestehen bleibt. Doch daraus wird nichts. Der Investor plant einen Abriss des 1887 erbauten Gebäudes, in dem zuletzt das bekannte Restaurant San Lorenzo gewesen ist. Er will ein neues Haus in ähnlichem Stil errichten mit Luxus-Wohnungen. Ob zur Miete oder zum Verkauf, das ist noch unklar. Was jedoch feststeht: Der Komplex kann größer werden als der jetzige.
Nach Informationen unserer Redaktion handelt es sich bei dem Inhaber um einen Aumühler Geschäftsmann, der ein Ingenieurbüro für Bauwesen betreibt und eine Immobiliengesellschaft. Er begleitet aktuell als Architekt ein Projekt der Baugenossenschaft Sachsenwald in Reinbek, war in Stormarns zweitgrößter Stadt auch für die Brandsanierung des Hotels Waldhaus zuständig. Eine Kontaktaufnahme ist derzeit nicht möglich. Der Unternehmer befindet sich im Urlaub.
Zuvor hatte er mit Glindes Bürgermeister Rainhard Zug gesprochen und seine Absichten geschildert. Der Verwaltungschef überbrachte die Nachricht Parteienvertretern im nicht öffentlichen Teil einer Ausschusssitzung. Bestätigen will Zug das nicht, auch die Politiker halten sich bedeckt über die Unterredung mit dem Rathauschef. Sie taten überrascht, als unsere Redaktion sie mit den Plänen konfrontierte.
Bebauungsplan wurde für Lokalbetreiber geändert
„Ich habe es befürchtet. Das ist nicht im Sinne der Stadt und eine üble Geschichte“, sagt Peter Michael Geierhaas (SPD). Er und Kollegen auch aus anderen Fraktionen sind nicht gut auf den Gastronom Giuseppe Dellavecchia zu sprechen, der mit seiner Frau Iris viele Jahre das San Lorenzo führte und für dessen Erweiterungspläne der Bebauungsplan geändert wurde. Mit dem Wissen, dass er die Immobilie veräußert, hätten die Entscheidungsträger das nie getan. Sie wollten ausschließlich dem Paar eine Perspektive bieten.
Die Dellavecchias starteten 1998 mit dem Lokal als Pächter des Hauses, das sie schließlich 2007 kauften. Es war ein Musterbetrieb, der weit über die Grenzen der Stadt bekannt wurde. Kurzum: ein Aushängeschild für Glinde. Das Wirken der Gastronomen und ihrer Köche war von Auszeichnungen geprägt. Die Zeitschrift „Der Feinschmecker“ wählte das San Lorenzo unter die zehn besten italienischen Restaurants in Deutschland. Es wurde im Guide Michelin erwähnt, danach folgten namhafte Restaurant-Führer wie Gault-Millau und der Aral-Schlemmer-Atlas.
Gastronomenpaar lebte in der Immobilie
So gut die Speisen und Weine auch waren, mit der Innenausstattung und dem Eingangsbereich waren die Betreiber nicht mehr zufrieden. Ein barrierefreier Zugang sollte her sowie eine neue Küche, dazu eine Extra-Spülküche und moderne Sanitäranlagen. All das waren Bestandteile eines Vergrößerungskonzepts mit der Erhöhung von 70 auf 90 Sitzplätze und den Ausbau des Wohnbereichs. Die Dellavecchias lebten dort.
2017 präsentierte der Hausherr der Politik einen Entwurf, der aber für nicht gut genug befunden wurde ob des Volumens. Daraufhin reduzierte der beauftragte Architekt die Grundfläche um 27 Prozent auf 226 Quadratmeter, rückte aber nicht vom Staffelgeschoss ab. Auch bei den neuen Skizzen gab es Redebedarf. Kritisch wurde der Flächenanteil des Grundstücks gesehen, der bebaut werden darf. Die Parteienvertreter wurden mit dem Versprechen überzeugt, dass das Gebäude die möglichen Ausmaße nicht ausschöpft, gewisse Kennzahlen aber für die Umgestaltung der Außenanlagen nötig sind. Im Januar dieses Jahres beschloss die Stadtvertretung die Änderung des Bebauungsplans. Ohne die Zustimmung wäre ein Neubau unmöglich.
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Zu diesem Zeitpunkt hatte die Corona-Pandemie den Geschäftsbetrieb des San Lorenzo lahmgelegt. Giuseppe Dellavecchia sagte, er finde kein qualifiziertes Personal für eine Wiedereröffnung, nachdem ein Großteil der Mitarbeiter gegangen waren – und begründete so den Verkauf. Über den neuen Eigentümer hüllt er sich in Schweigen. Dieser dürfte für das Filetgrundstück einen siebenstelligen Betrag bezahlt haben.
Eine Veränderungssperre ist wohl aus der Welt
„Man kann den Investor nur auffordern, seine Pläne im Bauausschuss offenzulegen. Irgendwann wird er die Stadt einmal brauchen“, sagt der FDP-Fraktionsvorsitzende Thomas Kopsch. Die CDU hatte im nicht öffentlichen Teil eines Ausschusses, als der Verkauf, aber nicht die Abriss-Pläne bekannt waren, eine Veränderungssperre ins Spiel gebracht.
Demnach könnte die Kommune kurzzeitig keine Baugenehmigung auf dem Gebiet erlassen. „Das funktioniert aber nicht so, wie wir uns das vorgestellt haben. Es ist sehr bedauerlich“, sagt die Grünen-Fraktionsvorsitzende Petra Grüner. Ihr Pendant von den Christdemokraten, Rainer Neumann, ist offenbar nicht wirklich überzeugt, diesen Schritt zu gehen: „Eine Veränderungssperre ist ein zweischneidiges Schwert. Die Sache kann vor Gericht landen und sehr teuer für die Stadt werden.“ Sozialdemokrat Geierhaas bringt es auf den Punkt: „Wir können jetzt nur noch bitten, dass das Neubauprojekt harmonisch in die Landschaft passt.“