Bad Oldesloe. „Niemand wird schlechter gestellt, dafür aber viele besser“: Was die Neuregelung im Kreis Stormarn im Einzelnen bedeutet.
Der Schulbusverkehr im Kreis Stormarn bot viele Jahre Stoff für angeregte Debatten. Was soll er kosten, wer zahlt was, wie viel und unter welchen Prämissen. Ab kommendem Schuljahr kommt es nun zu einer grundsätzlichen Neuregelung, die geradezu als revolutionär bezeichnet werden kann. „Sie stellt tatsächlich einen Paradigmenwechsel dar, für die der Kreis bis zu eine Million Euro in die Hand nimmt“, sagt Landrat Henning Görtz. Die vom Kreistag Ende März beschlossene Novelle der Schülerbeförderungssatzung führe unter dem Strich zu mehr Gerechtigkeit. „Niemand wird schlechter gestellt, dafür aber viele besser“, so Görtz.
HVV Stormarn: Weitere 2000 Schüler müssen für Schulbus nichts zahlen
Für 7000 der insgesamt 27.000 Schüler im Kreis war die Fahrt zur Schule und nach Hause bislang bereits kostenlos. Nun kommen laut Kreisverwaltung weitere 2000 Kinder hinzu, weil fortan die Entfernungsgrenzen zwischen Wohnort und Schule entfallen. Grundschüler der Klassenstufen eins bis vier blieben bislang bei einem Schulweg von mehr als zwei Kilometern von einer Zuzahlung befreit, Schüler der Klassenstufe fünf bis zehn mussten einen Schulweg von mehr als vier Kilometern haben.
„Die Neuregelung verschlankt Prozesse zur Ermittlung der Zuzahlungspflicht und beseitigt ein bestehendes Hausnummer-Kuriosum“, erklärt der Landrat. Bisher konnten Schüler durchaus in derselben Straße eines Ortes wohnen, wurden bei der Bedarfsberechnung im Schulbusverkehr aber völlig unterschiedlich bewertet. Wer am „richtigen“, der Schule weiter entfernt liegenden Ende der Straße wohnte, blieb kostenfrei. Wer am „falschen Ende“ wohnte, musste zahlen.
Drittel-Finanzierung durch die Kommunen entfällt
Entlastet werden aber nicht nur Hunderte Haushalte, in denen schulpflichtige Kinder leben, sondern auch die Kommunen, soweit sie Schulträger sind. Sie mussten sich bisher zu einem Drittel an den Kosten der Schülerbeförderung beteiligen. Städte und Gemeinden profitieren damit von der landesweiten Einführung des sogenannten Bildungstickets. Das wollte die schwarz-grüne Koalition in Kiel ursprünglich zwar schon ab April verteilt wissen. Doch nun soll es zum Beginn des neuen Schuljahrs Anfang September kommen.
Statt 49 Euro, wie das reguläre Deutschland-Ticket, soll das einheitliche Nahverkehrsticket nur 29 Euro kosten. Einheitlich deshalb, weil es auch alle Oberstufen- und Berufsschüler bekommen sollen. Rein rechnerisch wären das insgesamt rund 18.000 Schüler. Laut Hochrechnungen der Kreisverwaltung beläuft sich der Kreis potenzieller Bezieher des neuen Bildungstickets aber nur auf 13.400 Schüler. Im Kreis Dithmarschen, wo das D-Ticket bereits zum Beginn des Schuljahres 2023/2024 eingeführt worden ist, wurde es von etwa einem Drittel der berechtigten Schüler nicht angefragt, im Kreis Nordfriesland lag die Nachfrage sogar nur bei zehn Prozent.
SPD wollte Bildungsticket für 19 statt 29 Euro ausgeben
Nach Ansicht der SPD-Kreistagsfraktion sind 29 Euro für das vergünstigte D-Ticket aber immer noch zu viel. Sie hatte beantragt, dass nicht anspruchsberechtigte Schüler das D-Ticket schon für eine Zuzahlung von 19 Euro erhalten sollen. Begründet worden war der Vorstoß mit einem Blick über die Landesgrenze in die Hansestadt Hamburg.
„Dort erhalten Schüler das Ticket für eben jene 19 Euro. Eine regionale Angleichung über Ländergrenzen hinweg würde die Ungleichheit beim Erwerb des Bildungstickets beseitigen und eine finanzielle Entlastung für Familien mit schulpflichtigen Kindern bedeuten“, hatte Pia Dietz, schulpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, für den Antrag der Sozialdemokraten geworben.
Ermäßigung des neuen Tickets wird erst nachträglich erstattet
Die Kreisverwaltung hatte daraufhin den finanziellen Mehraufwand der Preisreduzierung für das Ticket mit rund 120.000 Euro pro 1000 Schülerinnen und Schüler taxiert. Eine Summe, die eine Mehrheit der Kreistagsabgeordneten anderer Parteien bereits in den zuständigen Fachausschüssen nicht mittragen wollten. Deshalb hatte die SPD ihren Antrag in der Kreistagssitzung Ende März enttäuscht zurückgezogen.
Unterdessen wird die Einführung des Bildungstickets nicht ganz so unkompliziert und „preisgerecht“ vonstattengehen, wie es wünschenswert wäre. So erwies sich die avisierte Umsetzung zum Beginn des kommenden Schuljahrs als zu ambitioniert. In Stormarn wird es laut Kreisverwaltung jedenfalls zu einem Erstattungsverfahren kommen. Voraussichtlich bis Ende 2024 muss das D-Ticket demzufolge zum vollen Preis selbst geordert werden. Die Ermäßigung fürs Bildungsticket wird dann erst zu einem späteren Zeitpunkt erstattet.
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Beantragt werden können die Deutschland- respektive Bildungstickets über das gemeinsame Internet-Portal OLAV der Kreise Stormarn, Herzogtum Lauenburg, Segeberg, Pinneberg, Dithmarschen und Schleswig-Flensburg unter www.ticket-olav.de/home. Ein Neuantrag für das Schuljahr 2024/25 ist für alle Schüler mit Wohnsitz in den sechs beteiligten Kreisen ab Montag, 27. Mai, möglich. Damit die Fahrkarte rechtzeitig ausgehändigt werden kann, sollte die Antragstellung bis spätestens Sonntag, 30. Juni, erfolgen.
Alle Schüler, die bereits im Schuljahr 2023/24 eine Schülerfahrkarte über OLAV erhalten haben, die Schule seitdem nicht gewechselt haben und nicht umgezogen sind, brauchen keinen neuen Antrag zu stellen. Für die notwendige Aktualisierung kommt das OLAV-Team per Mail auf die Antragsteller zu. Nach dem Datenabgleich wird die Gültigkeit der bisherigen Fahrkarte für das Schuljahr 2024/25 verlängert.