Glinde. Karoline Eichhorn und Catrin Striebeck als Schwestern im Theater im Forum Glinde. Ob ein Dialog im Alkoholrausch so eine gute Idee ist?

Der tote Vater liegt unter der Erde, die Beerdigung ist vorbei, die Gäste sind gegangen. Stille senkt sich über die Familienvilla, die er seinen beiden Töchtern Edda (Karoline Eichhorn) und Freya (Catrin Striebeck) hinterlassen hat. Obwohl die Schwestern kaum unterschiedlicher sein könnten, gibt es vieles, das sie verbindet: die Familiengeschichte, die Erinnerungen und das gemeinsame Erbe. Dass der Verstorbene in der Villa, die einst ihr Zuhause war, einen guten Vorrat an Hochprozentigem gebunkert hat, kommt den Geschwistern gerade recht. An einem kleinen Tisch im Garten sitzend wollen sie noch einmal auf ihn anstoßen.

Es ist der Auftakt zu einem Dialog, der in seinem Verlauf einer gefühlsmäßigen Berg- und Talfahrt gleicht. Die beiden aus unzähligen Film- und TV-Produktionen wie „Tatort“ und Streaminghits wie „Dark“ und „Die Discounter“ bekannten Schauspielerinnen Striebeck und Eichhorn bringen als Schwesterpaar in ihrer szenischen Lesung „Die Vodkagespräche“ alles auf den Tisch, was sonst unter den Teppich gekehrt wird. Das Stück wird am Sonnabend, 27. April, im Theater im Forum Glinde gezeigt.

„Vodkagespräche“ sind alles andere als ernüchternd: Gemeinsamer Humor befreit

Catrin Striebeck beschreibt, was die Besonderheit der beiden Figuren ausmacht. Sie sagt: „Das Tolle, warum es eben Schwestern sind – und nicht Freundinnen –, ist ja der Unterschied zu allen anderen Konstellationen: dass man als Geschwister eine gemeinsame Geschichte hat.“ Deswegen hätten die Schwestern auch durchaus einen gemeinsamen Humor. „Man kann sich Dinge um die Ohren schleudern und trotzdem wie aus dem Nichts heraus wieder gemeinsam über dasselbe lachen.“ Humor befreit. Das trifft ebenso auf die Bühnenfiguren als auch auf das Publikum zu. Und sorgt dafür, dass ernsten Themen durch ein Lachen etwas Leichtigkeit verliehen wird.

Denn es geht ans Eingemachte. Konfliktpotenzial ist genug vorhanden, und der Wodka befördert die schonungslose Offenheit der beiden Selbstdarstellerinnen, die nicht einmal vor intimsten Details Halt machen. Die Zuschauer erleben mit, wie Freya und Edda verschiedene Trunkenheitsstadien durchlaufen. Das Gespräch dreht sich um Gott und die Welt, elementare Lebensthemen, Lebensentwürfe, Lebenslügen. Um Wollust, Gier und Eifersucht. Welches war die Lieblingstochter, hat überhaupt eine den Vater wirklich geliebt? Und welche Rolle spielt die Liebe im Leben der beiden Schwestern? Und welche die Geschwisterliebe?

Vater meldet sich aus dem Off zu Wort, um Aussagen der Töchter zu kommentieren

Drama und Komik liegen in dieser szenischen Lesung nah beieinander, unterhaltsame und berührende Momente wechseln einander ab und gehen ineinander über. Der Vater sorgt selbst nach seinem Tod noch für Irritation: Zum einen hat er einen Teil seines Vermögens einer AfD-nahen Stiftung vermacht, zum anderen ist es die Art seines Ablebens. Präsent ist er trotzdem: Den emotional geführten Diskurs seiner Töchter im Garten kommentiert er aus dem Off. Schauspieler Sepp Bierbichler leiht der Figur seine Stimme.

Seit vier Jahren bringen die beiden Schauspielerinnen, die im echten Leben Freundinnen sind, den Stoff des dänischen Autors Arne Nielsen immer wieder mal auf die Bühne. Catrin Striebeck sagt: „Wir achten darauf, ihn nicht zu häufig zu spielen, weil wir selbst uns auch aneinander freuen und überraschen wollen.“ Obwohl es nicht darum gehe, zu improvisieren, gleiche keine Vorstellung der anderen. Eichhorn: „Der Text ist gleich, aber wir sind es nie.“ Außerdem komme es auf das jeweilige Publikum an: Auch eine Interaktion mit den Zuschauern ist für die Darstellerinnen denkbar.

Catrin Striebeck und Karoline Eichhorn nehmen sich Zeit für Dialog mit dem Publikum

Das Duo schafft eine dichte Atmosphäre, die den Unterschied zwischen Theateraufführung und szenischer Lesung verschwimmen lässt. Nicht zu vergessen die wahrscheinlich größte Herausforderung, die das Stück für die zwei Darstellerinnen bereithält: Die Kunst, die zunehmende Trunkenheit der Charaktere über den längsten Teil der Aufführung überzeugend zu spielen, ohne dabei ins Plakative abzugleiten.

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Es ist nicht ausgeschlossen, dass der ein oder andere Zuschauer in der Handlung Parallelen zu seiner eigenen Familiengeschichte entdecken kann und ebenso wenig, das sich mancher beim Verlassen des Theaters fragt, ob er nicht lieber auf sein Erbe verzichten sollte. Wer nicht auf die sehenswerte Performance von Karoline Eichhorn und Catrin Striebeck verzichten will, sollte den Kartenvorverkauf nutzen. So nah wie im Theatersaal im Forum kommen Zuschauer den Stars selten. Die beiden Darstellerinnen nehmen sich nach der Lesung noch Zeit für den Austausch mit dem Publikum.

Kleiner Tipp: Im Vorfeld zur Aufführung hat Stadtsprecher Tobias Senff ein Videointerview mit Karoline Eichhorn und Catrin Striebeck geführt. Es ist unter dem Link glinde.de/leben-in-glinde/freizeit-kultur/theater-im-forum abrufbar.

Die Aufführung beginnt am Sonnabend, 27. April, um 20 Uhr. Im Theater im Forum (Oher Weg 24) gibt es diesmal ein Catering mit Getränken und Snacks. Karten sind erhältlich in der Stadtbücherei Glinde (Markt 2). Die Verkaufszeiten sind mittwochs von 9.30 bis 13 und donnerstags von 15 bis 18 Uhr. Vorbestellungen können außerdem per E-Mail an theaterkasse@glinde.de oder unter der Telefonnummer 040/710 02-211 aufgegeben werden.