Ahrensburg. Im Kreis Stormarn wird inzwischen mehr als 97 Megawatt grüner Strom produziert. Warum es noch weitaus mehr sein könnte.

Der Run auf Photovoltaik-Anlagen (PV) in Stormarn ist ungebrochen. Nach Angaben des größten Netzbetreibers im Kreisgebiet Schleswig-Holstein Netz (SH Netz) liegen seit Jahresbeginn schon wieder mehr als 1400 Neuanträge vor. Ein Ende des Booms ist mithin nicht in Sicht. Angesichts der volatilen Preispolitik im Energiesektor setzen immer mehr Bürger darauf, eigenen Strom zu produzieren und damit unabhängiger von den großen Energieanbietern zu werden. Zumal die Förderkulisse nach wie vor gute Anreize bietet, in eigene Solaranlagen zu investieren.

„Unsere Kolleginnen und Kollegen haben im vergangenen Jahr jeden Monat rund 140 Anlagen zur Erzeugung und Speicherung Erneuerbarer Energie ans Netz angeschlossen“, rechnete der Leiter des SH Netz-Standortes in Ahrensburg, Carsten Hack, jüngst vor. Damit habe das Unternehmen einen bedeutenden Beitrag zur Energiewende in der Region geleistet.

Verzehnfachung des Zuwachses gegenüber 2019

2023 hat SH Netz allein im Kreis Stormarn mehr als 1720 Erneuerbare-Energien-Anlagen (EE-Anlagen) mit einer Gesamtleistung von 11 Megawatt (MW) ans Netz gebracht. Dabei handelte es sich vorrangig um Photovoltaik-Anlagen (1250) und Stromspeicher (470). Das sind mehr als doppelt so viele EE-Anlagen wie 2022, als es gerade 827 waren. Gegenüber 2019 (166) hat sich der Zuwachs sogar verzehnfacht.

Mit den im vergangenen Jahr angeschlossenen Einheiten existieren jetzt im Stormarner Betriebsgebiet von SH Netz mehr als 6000 EE-Anlagen, von denen 4240 PV-Anlagen sind. Zwar steige die Anzahl von Balkonkraftwerken (aktuell 827), die zumeist nur aus zwei oder drei Modulen bestehen, kontinuierlich an. Das Gros entfällt aber mit 3405 nach wie vor auf größere Dachanlagen. Hinzu kommen noch fünf Freiflächenanlagen. „Erfahrungsgemäß gibt es aber noch eine gewisse Dunkelziffer durch bislang nicht angemeldete Balkonkraftwerke“, ergänzt Neumann.

SH Netz deckt 60 Prozent des Kreisgebiets ab

Mit dieser Bilanz managt SH Netz die überwiegende Mehrzahl aller EE-Anlagen in Stormarn, umfasst der Operationsbereich des Unternehmens doch rund 60 Prozent des gesamten Kreisgebiets. Weitere Netzbetreiber, die am Mittel- oder Hochspannungsnetz von SH Netz hängen, sind TraveNetz, in dessen Regie die meisten der elf Windkraftanlagen laufen, die Vereinigten Stadtwerke, ausschließlich in der Kreisstadt Bad Oldesloe, und das E-Werk Sachsenwald, das in Südstormarn operiert.

Im Vorjahr haben alle Netzbetreiber zusammen 3484 neue EE-Anlagen mit einer Kapazität von 22,5 Megawatt angeschlossen. Damit erhöhte sich die Gesamtzahl der nunmehr in Stormarn betriebenen Anlagen auf mehr als 8580 mit einer Gesamtleistung von 97,4 MW – und mit jedem Tag werden es mehr.

Bis zu drei Außendienstler sind täglich unterwegs

„Täglich sind bis zu drei Außendienstmitarbeiter unterwegs, um bei unseren Kunden nach der Installation der PV-Anlage den notwendigen Zählerwechsel vorzunehmen, damit die Anlage auch ans Netz gehen kann“, sagt Jens Neumann. Damit habe sich der Auftragsstau weitgehend aufgelöst, der noch im Herbst 2022 viele Kunden nachhaltig verärgert hatte.

Seinerzeit warteten zahlreiche Betreiber privater Anlagen zum Teil Monate darauf, dass ihre fertig installierten Anlagen abgenommen und zur Stromeinspeisung freigegeben wurden. Als Gründe führte SH Netz neben einem akuten Fachkräftemangel Probleme mit der Auftragsbearbeitung wegen der Kopplung an individuelle Speicherlösungen an, die Anmeldung der Anlagen im Marktstammdatenregister der Regulierungsbehörde, sowie einen deutlichen Anstieg von beantragten Ladestationen für Elektroautos (Wallboxes).

Wartezeit für Zählerwechsel beträgt sechs Wochen

„Derzeit beträgt die Wartezeit in der Zählereinbauphase weniger als sechs Wochen“, berichtet Jens Neumann. Im gesamten Netzgebiet von SH Netz würden rund 700 PV-Anlagen auf ihre Freigabe warten, im Kreis Stormarn seien es „grob überschlagen“ mehrere Dutzend. „Die gesetzlichen Fristen werden aber eingehalten“, betont Neumann. Und nicht immer sei die Wartezeit kritisch zu betrachten, weil der Zählerwechsel immer auch eine erfolgreiche Terminabsprache mit den Kunden voraussetze.

Dass knapp die Hälfte des im Kreisgebiet produzierten grünen Stroms, nämlich mehr als 42 Megawatt, durch auf privaten Hausdächern verbaute PV-Anlagen entfällt, zeigt, wie gewaltig dieses Potenzial ist. 55 Megawatt steuern Windkraftanlagen wie die in den beiden Vorjahren in Betrieb genommenen Anlagen in Schadehorn (Bad Oldesloe) bei.

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Unterdessen lohnt es sich für die Besitzer privater PV-Anlagen nicht nur, die produzierte Energie selbst zu verbrauchen. Der ins öffentliche Netz eingespeiste Strom wird aktuell mit bis zu 8,11 Cent pro Kilowattstunde (kWh) vergütet. Bei einer Volleinspeisung sind sogar bis zu 12,87 Cent pro Kilowattstunde möglich.

Das kann die Kosten für den Strombezug angesichts von Marktpreisen, die teilweise noch immer bei rund 30 Cent pro Kilowattstunde liegen, erheblich senken. Noch dazu, wenn die eigene Anlage mit einem Stromspeicher gekoppelt worden ist, der den Bedarf in der Nacht und an trüben Tagen zu einem erheblichen Teil decken kann.