Grönwohld. Grönwohlder warten seit mehr als einem Jahr auf den versprochenen Dorfladen. Wie Wirt Enno Oetjen das Projekt jetzt retten will.

Gerät die Eröffnung des ersten Tante-Enso-Ladens in Stormarn zu einer Mission impossible? Angekündigt war sie in Grönwohld jedenfalls für den Herbst vergangenen Jahres. Seitdem ist bereits mehr als ein Jahr vergangen, ohne dass ein substanzieller Durchbruch in der Angelegenheit zu vermelden gewesen wäre. Inzwischen rumort es im Büttenwarder-Dorf mit seinen rund 1600 Einwohnern gewaltig. Etwa 360 von ihnen haben nämlich mehr als 420 Genossenschaftsanteile zu je 100 Euro geordert und bezahlt, um Teilhaber an dem genossenschaftlich organisierten Unternehmen zu werden. Sie fürchten nun um ihre Einlage.

Ende November hat MyEnso in Moisburg, im niedersächsischen Landkreis Harburg südlich von Hamburg gelegen, mit dem üblichen Ballyhoo seinen 27. Shop eröffnet. Allein im Vormonat waren es bundesweit drei. Nur in Grönwohld will es nicht so recht vorangehen. Schon zum Auftakt stand das Projekt unter keinem guten Stern. Die erforderliche Zahl von 300 Anteilseignern war erst im zweiten Anlauf und nach einer neuerlichen Werbekampagne zustande gekommen. Als das geschafft war, erwies sich plötzlich der geplante Standort für den 7/24-Laden als hochproblematisch.

Party-Diele und Scheune sollten ertüchtigt werden

Wie bereits berichtet, war er ursprünglich in einem Neubau auf dem Grundstück der ehemaligen Edeka-Evers-Filiale in der Poststraße geplant. Die sollte bereits im Herbst 2022 abgerissen werden, um einem kombinierten Wohn-Gewerbe-Komplex mit 26 Wohnungen, vier Reihenhäusern und einer 300 Quadratmeter umfassenden Gewerbefläche Platz zu machen. Dann war aber der Projektentwickler und Investor aus Siek in eine finanzielle Schieflage geraten. Der Abriss wurde auf unbestimmte Zeit verschoben und ist bis heute nicht vollzogen worden.

Auf dem Hof von Büttenwarder-Wirt Enno Oetjen soll die Grönwohlder Tante-Enso-Filiale entstehen. Nun aber nicht mehr in der Party-Diele mit angrenzender Scheune hinter dem grünen Tor, sondern genau gegenüber.
Auf dem Hof von Büttenwarder-Wirt Enno Oetjen soll die Grönwohlder Tante-Enso-Filiale entstehen. Nun aber nicht mehr in der Party-Diele mit angrenzender Scheune hinter dem grünen Tor, sondern genau gegenüber. © HA | Lutz Kastendieck

Auf der Suche nach einem alternativen Standort fiel die Wahl schließlich auf den Hof von Büttenwarder-Gastronom Enno Oetjen. Der hatte angeboten, die Party-Diele der Gastwirtschaft mit angrenzender Scheune für den Tante-Enso-Laden ertüchtigen zu wollen.

Bislang geplanter Umbau wäre zu klein gewesen

„200 Quadratmeter Nutzfläche sind zwar mit Blick auf unsere anderen Filialen unter dem Schnitt. Durch eine Modifikation unseres Raumkonzepts lässt sich aber dennoch ein komfortabler Vollversorger mit Platz für rund 2600 unterschiedliche Produkte hinbekommen“, hatte MyEnso-Co-Geschäftsführer Thorsten Peter Bausch dieser Redaktion Ende Mai dieses Jahres gesagt.

Doch dann erwiesen sich die Auflagen des Kreisbauamts für den Umbau von Diele und Scheune plötzlich als beträchtliche Hürde. „Ich hätte eine sechsstellige Summe investieren müssen. Das erschien mir ein zu hohes finanzielles Risiko angesichts der Tatsache, dass ich diese Summe allein aufbringen sollte“, sagt Oetjen.

Eigentümer beklagt zu hohes Investitionsrisiko

Offenbar war es mit MyEnso zu keiner Einigung über eine Kostenbeteiligung des Unternehmens mit Stammsitz in Bremen gekommen. Dessen Miet-Konzept basiert auf „einzugsbereiten“ Verkaufsräumen, in denen nur noch die notwendige Verkabelung für die Kühlregale, den Kassen- sowie den elektronisch gesicherten Eingangsbereich vorgenommen werden muss.

Ein weiterer Unsicherheitsfaktor stellt für Oetjen die Dauer der Anmietung durch MyEnso dar. „Was, wenn sich das Unternehmen vorzeitig für eine Aufgabe des Ladens entscheidet, weil es vielleicht nicht zu den erhofften Umsätzen kommt? Die Kosten für die erforderlichen MyEnso-Umbauten würden potenzielle Nachmieter wohl kaum übernehmen“, ließ Oetjen in einem Lagebericht für den Gemeinderat wissen.

Bau einer neuen Pultdachhalle soll Ausweg weisen

Diese Bedenken mündeten aber schließlich in einen Plan B: die Errichtung einer Pultdachhalle auf der gegenüberliegenden Seite des Oetjen-Hofes, der durch die NDR-Kultserie „Neues aus Büttenwarder“ mit dem unvergesslichen Duett Jan Fedder alias Kurt Brakelmann und Peter Heinrich Brix alias Arthur „Adsche“ Tönnsen bekannt geworden ist.

Enno Oetjen, Wirt des Gasthofs
Enno Oetjen, Wirt des Gasthofs "Unter den Linden", der zwei Jahrzehnte Drehort der NDR-Kultserie "Neues aus Büttenwarder" war. © Lutz Kastendieck | Lutz Kastendieck

Anstelle eines maroden Schuppens, der für die „Büttenwarder“-Dreharbeiten nicht verändert werden durfte, könnte laut Oetjen, vorbehaltlich der Zustimmung des Nachbarn, eine 30 x 9 Meter große Halle mit einer Grundfläche von 270 Quadratmetern entstehen. Im September hat er dafür bereits eine Bauvoranfrage beim Kreisbauamt gestellt. Wann die Halle letztlich stehen könnte, dazu wagte der Bauherr allerdings keine Prognose.

Viel bunte Werbung, aber keine Stellungnahme

Unterdessen wächst die Unruhe unter den Anteilseignern. „Wir hören immer wieder, dass einige von ihnen kurz davor sind, ihre Einlage zurückzufordern“, sagt die stellvertretende Bürgermeisterin Katherine Nölling. Das hänge nicht zuletzt mit der von vielen als unzureichend empfundenen Kommunikation seitens MyEnso zusammen.

Das bestätigt neben anderen Martina Rother, die ihren Genossenschaftsanteil bereits im Februar 2022 gezeichnet hatte. „Wir bekommen immer wieder bunte Produktwerbung von MyEnso geschickt. Wann aber endlich der versprochene Laden in Grönwohld eröffnet wird, darüber schweigt sich das Unternehmen seit Monaten aus“, so Rother.

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Tatsächlich datiert das letzte offizielle Update auf der Homepage von MyEnso vom 21. April. Da wird noch lamentiert, dass das Schreiben von Kostenvoranschlägen nicht gerade ganz oben auf der Prioritätenliste lokaler Handwerker stehe. Ziel bleibe es derweil, „weiter zu planen und den Umbau auf solide Füße zu stellen“. Seitdem ruht still der See. Auch mehrere schriftliche Anfragen dieser Redaktion hinsichtlich einer Stellungnahme blieben unbeantwortet.

Stattdessen weise das Unternehmen immer wieder gern auf die Möglichkeit hin, MyEnso-Kunden könnten ja auch online einkaufen, haben mehrere Anteilseigner berichtet. Das sei nach ihrem Empfinden aber allenfalls eine nette Zugabe. „Die Hauptintention für das eigene finanzielle Engagement dürfte bei den meisten die Aussicht auf einen neuen Laden im Dorf gewesen sein. Und daran dürfte sich auch nichts geändert haben“, ist Martina Rother überzeugt.