Ahrensburg. Der 19-Jährige unterrichtete Kinder der indigenen Völker. Warum Land und Leute am anderen Ende der Welt ihn faszinierten.

Ahrensburg. Es war eine Präsentation, die Alexander Kranz nach Ecuador führte. „Ich wusste, dass ich nach der Schule einen Freiwilligendienst im Ausland machen möchte“, sagt der 19 Jahre alte Ahrensburger. Wo genau das sein sollte, stand aber lange nicht fest. „Ich wollte andere Kulturen kennenlernen und hatte grob Südamerika und Afrika ins Auge gefasst.“

Als er bei verschiedenen Organisationen nachfragte, lieferten die Informationen zu einzelnen Ländern. „Die meisten waren in so unansprechenden Dokumenten gesammelt, dass man kaum Lust hatte, das durchzugucken“, sagt Kranz. Anders bei Ecuador: „Ich weiß noch, dass das eine sehr liebevoll gestaltete Präsentation war. Es wurden die verschiedenen Klimazonen, der Regenwald, Küsten, Palmen, Wale und auch die Kultur gezeigt.“

Ecuador umfasst den Amazonasdschungel, das Andenhochland und die Galapagosinseln

Was er über das südamerikanische Land erfuhr, gefiel ihm. Ecuador liegt im Nordwesten des Kontinents. Die Landschaft umfasst den Amazonasdschungel, das Andenhochland und die tierartenreichen Galapagosinseln. Auch ethnisch ist das Land mit knapp 18 Millionen Einwohnern vielfältig. Es gibt dort 13 indigene Völker, die mit einer eigenen Sprache als Nationalitäten anerkannt sind.

Als Alexander Kranz das alles erfuhr, war für ihn schnell klar: Dort möchte er hin. Er bewarb sich bei der Organisation ICJA. Der gemeinnützige Verein mit Sitz in Berlin vermittelt weltweite Freiwilligendienste. Die jungen Leute leben für ein ganzes oder halbes Jahr in einem Gastland ihrer Wahl und unterstützen ehrenamtlich ein lokales Projekt.

Bei seiner Anreise verbrachte Alexander Kraz unfreiwillig eine Nacht in Kolumbien

Genau das tat auch der junge Ahrensburger. Nach seinem Abitur an der Stormarnschule begann das Abenteuer für ihn am 6. August 2022. Die Flugreise von Deutschland nach Ecuador dauert rund fünfzehneinhalb Stunden – wenn alles nach Plan läuft. Das war bei Kranz nicht der Fall. „Ich habe unfreiwillig eine Nacht in Kolumbien verbracht“, sagt er.

Alexander Kranz aus Ahrensburg hat während seines Auslandsaufenthaltes bei einer Gastfamilie gelebt. Mit seinen Gasteltern Gustavo und Elena und der Gastschwester Tamia verbrachte er einen Großteil seiner Freizeit.
Alexander Kranz aus Ahrensburg hat während seines Auslandsaufenthaltes bei einer Gastfamilie gelebt. Mit seinen Gasteltern Gustavo und Elena und der Gastschwester Tamia verbrachte er einen Großteil seiner Freizeit. © privat | Privat

Mit einem Tag Verspätung kam er schließlich an. „Das erste, woran ich mich erinnere, sind die Palmen am Flughafen“, so der 19-Jährige. „Obwohl es dunkel war, war ich sofort beeindruckt von der umwerfenden Stadt und der Natur.“ Bevor er seinem Projekt zugeteilt wurde, verbrachte er drei Tage mit weiteren Freiwilligen bei einem Willkommensseminar.

Der erste Eindruck: Palmen, exotische Früchte und viel Durcheinander

„Wir haben auch eine Tour durch die Hauptstadt Quito gemacht“, so Kranz. „Es gab einen bunten Markt mit exotischen Früchten, dafür aber keinen Busfahrplan. Man musste den Busfahrer einfach fragen, wann er losfährt. Alles war durcheinander, und im Bus selbst waren Menschen, die einem Dinge wie Gummibärchen verkaufen wollten.“ Bevor er in seinem Projekt anfing, machte er einen Spanischkurs und hatte auch noch etwas Zeit zum Reisen. Kranz: „Ich bin an die Küste gefahren und habe Buckelwale gesehen, das war unglaublich schön.“

Im September ging die ehrenamtliche Arbeit los. „Ich habe an zwei Schulen gearbeitet“, sagt der 19-Jährige. Drei Tage die Woche unterrichtete er in der Grundschule einer kleineren Gemeinde, lebte während dieser Zeit bei einer Gastfamilie. Zwei Tage die Woche stand er in einer etwas größeren Schule vor der Klasse und wohnte dann zusammen mit weiteren Freiwilligen, drei Deutschen und einer Kenianerin.

Beim Unterrichten an der Schule gab es einige Anfangsschwierigkeiten

„Ich hatte vorher abgesehen von Nachhilfe keine Erfahrungen im Unterrichten, deshalb musste ich mich anfangs schon etwas in die Rolle einfinden“, so der Ahrensburger. Die Kinder, mit denen er zu tun hatte, waren zwischen sechs und zwölf Jahre alt. „Am Anfang war die Sprachbarriere etwas schwierig“, so Kranz. Spanisch hatte er zwar gelernt, aber fließend sprach er es nicht. „Ich habe oft in viele fragende Augenpaare geguckt, wenn ich versucht habe, etwas zu erklären“, sagt er lachend.

Nachdem die Anfangsschwierigkeiten überwunden waren, habe ihm die Arbeit viel Spaß gemacht. „Es hat erstaunlich gut geklappt“, sagt er. „Weil ich selbst frisch aus der Schule kam, habe ich mich an einige pädagogische Methoden erinnert und versucht, die Inhalte unterhaltsam zu vermitteln.“ Beruflich sehe ich sich später aber eher nicht im Schuldienst. Spaß habe er zwar gehabt, aber Unterrichten sei dann doch nicht seine absolute Leidenschaft. „Es waren eher die Kinder, die mir Freude bereitet haben“, sagt er. „Die sind mir wirklich ans Herz gewachsen.“

Mit der Gastfamilie verbrachte der Ahrensburger einen Großteil seiner Freizeit

Ans Herz gewachsen ist ihm auch seine Gastfamilie, mit der er einen Großteil seiner Freizeit verbrachte. „Wenn ich aus der Schule gekommen bin, habe ich der Mutter beim Kochen oder Kühemelken geholfen, mit der Tochter Gemüse von den Feldern geholt oder einfach mit ihnen zusammen gesessen und entspannt“, sagt er. Auch die Sprache der Ureinwohner habe er versucht zu lernen.

Neben seiner Arbeit an den Schulen hat Alexander Kranz das Auslandsjahr in Ecuador auch zum Reisen genutzt. Eines seiner Ziele war dieser Strand auf San Cristóbal, der östlichsten der Galapagosinseln.
Neben seiner Arbeit an den Schulen hat Alexander Kranz das Auslandsjahr in Ecuador auch zum Reisen genutzt. Eines seiner Ziele war dieser Strand auf San Cristóbal, der östlichsten der Galapagosinseln. © privat | Privat

Kultur und Menschen kennenzulernen, sei ein Höhepunkt seiner Reise gewesen. „In der indigenen Gemeinde, in der ich war, tragen die Menschen traditionelle Kleidung und feiern viele Feste, zum Beispiel ein Sonnenfest und ein Erntefest“, so Kranz. Typische Gerichte sind Suppen aus Bohnen oder Kartoffeln, aber auch Reis, Salat und Fleisch wird viel gegessen.

Ahrensburger war beeindruckt von Offenheit und Entspanntheit der Menschen

„Was mir im Vergleich zu Deutschland in Ecuador besonders aufgefallen ist, war die Offenheit“, sagt der 19-Jährige. „Es ist oft vorgekommen, dass man zum Beispiel im Bus mit anderen ins Gespräch gekommen ist, das fand ich total sympathisch.“ Und: „Ich hatte das Gefühl, dass die Menschen dort entspannter an den Tag herangehen. Sie haben es nicht so eilig. Das war ein schöner Kontrast zur typisch deutschen Pünktlichkeit.“

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Neben dem Schulalltag hatte Alexander Kranz auch Zeit zu reisen. „Wir durften uns 24 Tage im Jahr freinehmen und hatten auch an den Wochenenden Freizeit“, sagt er. „Die Galapagosinseln waren umwerfend, genauso wie der Regenwald und die Berge. Weiter als auf den Gipfeln dort habe ich noch nie in meinem Leben gesehen.“ Außerdem war er für drei Wochen im Nachbarland Peru, besuchte dort Machu Picchu, die berühmteste Ruinenstadt Lateinamerikas.

Die nächste Station für Alexander Kranz ist ein Studium in Hamburg

Neben den beeindruckenden Orten sind vor allem die kleinen Alltagsmomente Alexander Kranz im Gedächtnis geblieben. „Zum Beispiel das Kühemelken mit meiner Gastmutter“, sagt er. Von seiner Gastfamilie und den Schulkindern sei der Abschied deshalb auch nicht leichtgefallen. Kranz: „Ich habe vorher gar nicht so viel an den Abschied gedacht. Aber als es dann so weit war, ist er mir doch sehr schwergefallen.“

Über sein Smartphone und das Internet hält Kranz weiterhin Kontakt. „Einer der Lehrer an der Schule schickt mir oft Bilder und Videos von den Kindern. Und ich update ihn, was bei mir so passiert, das ist total schön“, sagt er. Inzwischen studiert der 19-Jährige Data Science an der Technischen Universität Hamburg. „Ich kann mir gut vorstellen, später im Bereich Künstliche Intelligenz zu arbeiten“, sagt er. Der Auslandsaufenthalt hat ihm Lust gemacht auf mehr. „Ich würde gern noch einmal nach Südamerika reisen, das hat mich schon sehr fasziniert“, sagt Kranz. „Oder nach Asien.“