Bargteheide. Kaum rechte Winkel, großzügig und lichtdurchflutet: Neues Hauptgebäude der Waldorfschule steht kurz vor Übergabe.
Es ist ein spektakulärer Bau, der so in der staatlichen Schullandschaft kaum vorstellbar ist – großzügig, lichtdurchflutet und voller architektonischer Finessen. 18 Monate nach dem ersten Spatenstich steht das Millionenprojekt der einzigen Freien Waldorfschule im Kreis Stormarn kurz vor seiner Vollendung. Pünktlich zum Schuljahrsbeginn am 28. August soll es fertig sein. Die offizielle Einweihung des Hauptgebäudes ist für Freitag, 15. September geplant. Eine Woche später soll der Neubau bei einem Tag der offenen Tür präsentiert werden.
In Kürze ist endlich alles unter einem Dach vereint
„Von außen konnte der Baufortschritt über die vergangenen 18 Monate für alle gut sichtbar beobachtet werden. Das Innere blieb aber bislang ein Geheimnis, das wir nun endlich lüften können“, sagt Myriam Schwarz, Vorstandsvorsitzende des Betreibervereins zur Förderung einer Waldorfschule in Stormarn, mit sichtbarer Freude und Stolz.
Trotz aller Unwägbarkeiten angesichts der angespannten Lage auf dem Bausektor habe sich das Vorhaben zeitlich wie finanziell „vollauf im geplanten Rahmen“ bewegt. Die ganze Schulgemeinschaft freue sich darauf, dass in Kürze endlich „fast alles unter einem gemeinsamen Dach vereint“ sein werde.
22 Container aus Gründungsjahren werden abgebaut
Der im August 2012 aufgenommene Schulbetrieb an der Alten Landstraße, gleich neben dem Sportzentrum am Ortsausgang Richtung Timmerhorn, erfolgte bisher überwiegend in inzwischen mehr als 30 Stahlcontainern, ergänzt durch zwei separate Pavillongebäude. 22 der Container aus den Gründungsjahren sollen im Herbst abgebaut und dann an den Vermieter zurückgegeben werden.
Das ehrgeizige Vorhaben eines neuen Hauptgebäudes war schon seit Jahren geplant worden. Bereits 2017 präsentierten Lübecker Architekten ein detailliertes Modell des Projekts, wie es jetzt tatsächlich weitgehend umgesetzt wurde. Stolze acht Millionen Euro waren für den Neubau veranschlagt worden, der Anfang Februar vergangenen Jahres startete.
Eltern und externe Spender beteiligten sich an Finanzierung
„Jahrelang fehlte trotz eines stetig zunehmenden Platzbedarfs das nötige Geld“, berichtet Myriam Schwarz. Ein Bankkredit mitten in der Corona-Krise hätte den Bau aber schließlich ermöglicht. Doch auch Eltern und externe Spender hätten sich „mit teilweise namhaften Geldbeträgen“ an der Finanzierung beteiligt. Hinzugekommen seien zahlreiche Eigenleistungen der Schulgemeinschaft, etwa bei der Gestaltung des Außengeländes.
Die Schulgemeinschaft dieser besonderen Bildungseinrichtung, das sind die rund 200 Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 1-13, dazu 24 Lehrkräfte sowie viele Eltern und andere Angehörige, die sich auf vielfältige Weise einbringen und engagieren. Über allem steht der ehrenamtlich tätige Vorstand des Betreibervereins, dem aktuell fünf Mitglieder angehören: vier Elternvertreter und ein Lehrer.
Luftig-leicht erscheinendes Tragwerk für die Haupthalle
Genau elf Jahre nach Gründung der Waldorfschule im August 2012 und neun Monate nach dem groß gefeierten Richtfest sieht man sich nunmehr am Ziel aller Bemühungen. Die finalen Bauarbeiten stehen kurz vor dem Abschluss.
Der zwei- und dreigeschossige Neubau mit 3271 Quadratmetern Nutzfläche beeindruckt vor allem vor allem durch das luftig-leicht erscheinende Tragwerk des zwölf Meter hohen Hallenraums, das dem Hauptgebäude eine unerwartete Großzügigkeit und Weitläufigkeit verschafft. Imposant ist zudem die große Tribünentreppe als „Herzstück“ des Ensembles, das einschließlich der eingebauten 68 Quadratmeter großen Bühne als Aula, Pausenhalle und ebenerdig auch als Mensa genutzt werden kann.
Alle Klassenzimmer verfügen über Lüftungsanlage
Um diese zentrale Halle herum, deren Dach sich von Westen nach Osten flacher werdend abstaffelt, fügen sich die Klassen-, Fach- und Gruppenräume an. Neben zwölf Regelklassen, drei Gruppenräumen, zwei Fachklassenbereichen mit Nebenräumen für Musik und Eurythmie und zwei Räumen für die Naturwissenschaften Physik und Chemie sind ein EDV-Raum sowie die Verwaltung mit Lehrerbereichen entstanden.
Im Erdgeschoss sind die Klassen 1 bis 4 angesiedelt, im ersten Obergeschoss die Klassen 5 bis 9 und im Staffelgeschoss die Regelklassen 10 bis 12. Ein Aufzug im westlichen Trakt stellt die barrierefreie Verbindung im Gebäude sicher. Alle Klassenzimmer haben eine eigene dezentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, sodass Unterricht bei geschlossenen Fenstern auch über einen längeren Zeitraum problemlos möglich ist.
Blockheizkraftwerk und moderne Photovoltaikanlage
Die „lebendige Raumgestaltung“ in fast allen Räumen wie auch außen verzichtet der Waldorf-Architektur gemäß wo möglich auf starre rechte Winkel. Ein Blockheizkraftwerk mit Pellet- und Gasbefeuerung sowie eine Photovoltaikanlage runden das Bauprojekt ab.
Die bereits vorhandene Containeranlage von 2015 mit 14 Waldorf-eigenen Segmenten ist in das Hauptgebäude einbezogen worden und beherbergt künftig die neue Schulküche sowie den Hortbereich für die Nachmittagsbetreuung.
Bürgermeisterin sieht „tolle Bereicherung“ der Schullandschaft
Bürgermeisterin Gabriele Hettwer bezeichnete die Waldorfschule beim Richtfest als ein „Geschenk für die Stadt“ und eine „tolle Bereicherung der Schullandschaft weit über Bargteheide hinaus“. Als „erstaunlich und bemerkenswert“ wertete die Chefin der Stadtverwaltung das schon jahrelange Engagement der Waldorf-Schulgemeinschaft, bei der ein Elternverein als Betreiber in Eigenregie ein so großes Millionenprojekt stemme.
Hervorgegangen aus einer Elterninitiative, war der Schulbetrieb im August 2012 mit 54 Schülerinnen und Schülern der Klassenstufen 1 bis 5 aufgenommen worden. Der Unterricht erfolgte anfangs überwiegend in Stahlcontainern, deren Zahl über die Jahre auf mehr als 30 gewachsen ist. Einem Steinpavillon mit fünf Räumen folgte 2013 ein zweigeschossiger Holzpavillon mit Festsaal und einem Klassenraum.
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Der Schulverein ist seit 2019 Eigentümer des 12.500 Quadratmeter großen Grundstücks, das er seinerzeit für 1,5 Millionen Euro erwarb. Im Juni 2020 haben die ersten Abiturienten die Waldorfschule verlassen. Unterrichtet werden alle Schüler nach dem pädagogischen Konzept Rudolf Steiners. Dazu gehören neben den bekannten, klassischen Schulfächern schwerpunktmäßig auch Werken, Gartenbau, Handarbeit und Eurythmie. „Die maximale Klassenstärke liegt bei 22 Schülern, meistens sind es aber erheblich weniger“, sagt Vorstandschefin Myriam Schwarz.
Auch künftig wolle die Waldorfschule in Bargteheide einzügig bleiben, also mit einer Klasse pro Altersstufe. Die Aufnahmekapazität soll durch die neuen räumlichen Kapazitäten von heute 200 auf bis zu 250 Schüler wachsen.