Bargteheide. Wie erkennt man Fake News? Wie seriös sind Nachrichten? Schulradio und -fernsehen sind landesweit Vorreiter.

Fake News auf Anhieb zu erkennen, Nachrichtenquellen kritisch zu hinterfragen – auch das gehört für die 700 Schülerinnen und Schüler des Bargteheider Gymnasiums Eckhorst zum Schulalltag. Sie lernen einen sicheren Umgang mit Medientechnologien und Nachrichten. Seit zehn Jahren ist das schulinterne Lern- und Medienzentrum Dreh- und Angelpunkt für Medienbildung. Und das nicht nur in der Schülerschaft, sondern auch bei Lehrkräften und Eltern.

„Wir bieten Informationsveranstaltungen, Hospitations- und Fortbildungsmöglichkeiten. Es geht bei der Medienerziehung und Medienbildung, die zu den Schwerpunkten unserer Schule zählen, nicht nur um die Vermittlung von Kompetenz, sondern auch um die Thematisierung von Medien als Element einer zeitgemäßen Allgemeinbildung“, sagt Studienrat Michael Schwarz, der als zentraler Koordinator die Verantwortung trägt.

Eckhorst-Gymnasium Bargteheide setzte früh auf digitale Technik

Schwarz war als Journalist für audiovisuelle Medien tätig, bevor er als Lehrer an die Schule kam, die im Juli ihr 40-jähriges Bestehen feiert. Als eine der ersten Schulen in Schleswig-Holstein befasste sich das Gymnasium mit der Frage, wie sich digitale Technik in den Unterricht integrieren lässt. Oft sei es daran gescheitert, dass es neben Know-how im Kollegium auch an Zeit für die Vor- und Nachbereitung oder Instandhaltung von Geräten mangelte, so Schwarz.

Im Lern- und Medienzentrum können sich Schüler auch Tablets und andere digitale Endgeräte ausleihen. Marie Heller (19, v. l.) und Lars Martiensen (19) kümmern sich während ihres Bundesfreiwilligendienstes um den Betrieb. Medienlotsin Emma Barchanski (18) ist hier genauso gern wie Linus (15).
Im Lern- und Medienzentrum können sich Schüler auch Tablets und andere digitale Endgeräte ausleihen. Marie Heller (19, v. l.) und Lars Martiensen (19) kümmern sich während ihres Bundesfreiwilligendienstes um den Betrieb. Medienlotsin Emma Barchanski (18) ist hier genauso gern wie Linus (15). © HA | Petra Sonntag

Dann hatte er die Idee, einen Freiwilligendienstleistenden (Bufdi) einzusetzen, um die Technik zu warten und Lehrkräfte zu unterstützen. Doch weder Schulträger noch Bildungsministerium wollen das Vorhaben finanzieren. Schließlich fördert es die Medienanstalt – und mit der Bildungsstiftung Gymnasium Eckhorst entsteht 2016 ein tragender Pfeiler der Finanzierung.

Schulstiftung ist ein tragender Pfeiler bei der Finanzierung des Projekts

Neben Stormarns Landrat Henning Görtz und Schulleiter Lars Troche zählen Eltern, Lehrer und Schulsprecher zum Stiftungsbeirat. Als einzige Schulstiftung unter dem Dach der Bürger-Stiftung Stormarn sichert sie Projekte des Gymnasiums, deren Kosten weder vom Land noch von der Stadt übernommen werden. „Das, was Schule als Lebensraum wertvoll macht, wird meist nicht vom Schulträger oder Land finanziert“, sagt Schwarz. „Viel von dem, was das Stiftungskapital ausmacht, stammt aus dem direkten Schulumfeld.“

Die Schule sei auf das Geld angewiesen, das zum Teil auch der Schulverein beigesteuert werden. „Es wäre großartig, wenn diese wertvolle Arbeit durch weitere Zustiftungen Unterstützung erfährt und wir sie langfristig absichern können“, so Schwarz.

Jugendliche lernen, zwischen Gerüchten und seriösen Quellen zu unterscheiden

„Je eher Heranwachsende zwischen Gerüchten und Falschmeldungen auf der einen und seriösen Quellen auf der anderen Seite zu unterscheiden lernen, desto besser für unsere Gesellschaft“, sagt Ralph Klingel-Domdey, Vorstandsmitglied der Bürger-Stiftung. „Ein konstruktiver Diskurs ist schließlich nur auf Basis von Fakten möglich.“ Sein Vorstandskollege Uwe Sommer ergänzt: „Medienkompetenz ist für eine aufgeklärte Bürgergesellschaft wichtiger denn je.“

Zurzeit trägt die Bildungsstiftung jährlich rund 3500 Euro für die Bufdi-Stelle, ohne die das Lern- und Medienzentrum nicht funktionieren würde. „Inzwischen haben wir zwei Stellen. Und ein Großteil der Summe wird über die Bildungsstiftung finanziert“, sagt Studienrat Schwarz.

Der Offene Kanal Schleswig-Holstein ist Kooperationspartner

Marie Heller ist im August 2022 nach ihrem Abitur als Bundesfreiwilligendienstleistende ans Gymnasium Eckhorst zurückgekehrt. „Ich will vielleicht auf Lehramt studieren und bekomme hier andere Einblicke in den Beruf“, sagt die 19-Jährige. „In den unteren Jahrgängen gebe ich Medienunterricht und erkläre zum Beispiel, wie man eine Powerpoint-Präsentation erstellt.“ Im Lern- und Medienzentrum hilft sie Schülern bei technischen Problemen, kümmert sich um die Ausleihe von HDMI-Kabeln, Tablets und Laptops, organisiert Infoabende für Eltern.

Der Offene Kanal Schleswig-Holstein ist ein Kooperationspartner der Schule. Er half bei der Gründung von Radio Eckhorst Bargteheide (REB) und dem schuleigenen Fernsehen REBtv, begleitet mit dem Kreisjugendring Stormarn auch die Ausbildung von Medienlotsen, die jährlich 20 Jugendliche ab Jahrgang neun durchlaufen.

Rund 30 bis 40 Medienlotsen sind permanent im Einsatz. Sie betreuen Arbeitsgruppen, unterstützen im Unterricht und in den rund 60 Medienkompetenz-Projekten pro Halbjahr. Dabei arbeiten sie Hand in Hand mit den Lehrkräften.

Schüler analysieren nicht nur, sondern können auch selbst publizieren

„Medienkompetenz wird ebenso gefördert wie Sozialkompetenz. Das Besondere ist die Power der jungen Leute“, sagt Lehrer Schwarz. „Ob redaktionelle Arbeit, Themenrecherche oder Einarbeitung jüngerer Schüler beim Schulradio oder Fernsehen – all das machen die Schüler selbst.“ Wichtig sei eine hohe Glaubwürdigkeit. „Wenn ein 16-Jähriger als Gamer Zwölfjährigen von seinen durchgezockten Nächten berichtet und sagt: Ihr müsst nicht alles so bescheuert machen wie ich, hier meine Tipps, dann hängen die Kinder an seinen Lippen“, so Schwarz.

Die Produktion der schuleigenen Radio- und Fernsehsendungen nehme oft sogar Freizeit in Anspruch. Die Medienlotsen hätten viele Aufgaben im Alltag: „Wenn ein Sportlehrer gern die Bewegungsabläufe der Schüler analysieren möchte, kommt ein Medienlotse hinzu und übernimmt den technischen Part. Dadurch geht keine Zeit mit Auf- und Abbau der Technik verloren, die Dokumentation schauen sich die Schüler dann im Medienzentrum an“, so Schwarz.

„Ein anderes Beispiel: Im Geschichtsunterricht der sechsten Klasse produzieren die Schüler eine Nachrichtensendung aus dem Alten Rom oder von den Olympischen Spielen in der Antike. Sie setzen sich inhaltlich mit dem Stoff auseinander, sind dabei mit Freude Reporter. Weil das Schneiden der Aufzeichnung aber viel zu komplex und zeitintensiv ist, kommen wieder die Medienlotsen ins Spiel. Sie bauen das Setting auf und betreuen die Reportergruppen, während die Lehrkraft weiter unterrichten kann.“

Erfahrung als Moderator hilft auch bei Präsentationen

Das Gymnasium Eckhorst ist die einzige Schule in Schleswig-Holstein, die dank Schulradio und -fernsehen Medienpraxis anbietet. „Wir sind so etwas wie die Spinne im landesweiten Netz für Medienkompetenz. Im Radiobereich fungieren wir als Ausbildungsschule des Landes und bieten Fortbildungen für andere Schulen an“, sagt Schwarz. „Schüler können bei uns nicht nur Medien analysieren, sondern auch selbst auf verschiedenen Kanälen produzieren und publizieren. Dadurch gewinnen sie unglaublich an Präsentationskompetenz und Eigenverantwortung: Was bedeutet es eigentlich, wenn ich mich medial darstelle oder Dinge für andere medial einordne?“

Felix Tamm, der seit der siebten Klasse beim REB mitwirkt, bestätigt das. „Radiomachen stärkt die Persönlichkeit“, so der 18-Jährige. „Wenn du als Moderator live vor 150 Mitschülern sprichst, gibt es kein Sicherheitsnetz. Die Routine hilft mir auch für Präsentationen.“ Für Michael Schwarz ist die Medienbildung gleichzeitig Demokratiebildung: „Wer einmal eine Fernseh- oder Radiosendung gemacht hat und weiß, wie das funktioniert, der fällt eben auch nicht mehr auf alles rein.“

Bürger-Stiftung Stormarn: Wer die Medienbildung an der Bargteheider Schule unterstützen oder andere Projekte in Stormarn entwickeln möchte, kann sich an die Bürger-Stiftung Stormarn wenden. Referent Jörg Schepers ist unter Telefon 4537/707 00 13 zu erreichen. Internet: www.buerger-stiftung-stormarn.de