Bad Oldesloe. Stormarn ist Host Town bei den Special Olympics – und verblüfft von den Gästen: „Mussten erst einmal googeln, wo das liegt.“

Das Geheimnis ist gelüftet: Seit langer Zeit bereitet sich der Kreis Stormarn darauf vor, zu den Special Olympics World Games, die vom 17. bis 25. Juni in Berlin stattfinden, Athletinnen und Athleten aus einem fremden Land zu empfangen. Der Kreis hatte sich als Host Town beworben und den Zuschlag bekommen, weil die Voraussetzungen stimmten. Seitdem laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Doch lange war noch ungewiss, woher die Sportlerinnen und Sportler kommen werden.

Das steht mittlerweile fest: „Wir werden vier Sportlerinnen und Sportler aus Tadschikistan empfangen“, so Joachim Lehmann, stellvertretender Vorsitzender des Kreissportverbandes (KSV) Stormarn. Der Verband organisiert den Aufenthalt federführend in Zusammenarbeit mit Sportvereinen und weiteren Akteuren. Die Ankunft steht kurz bevor: Jeweils ein Mann und eine Frau aus den Disziplinen Tischtennis und Leichtathletik zwischen 17 Jahren und Mitte 20 werden zusammen mit vier Betreuern am Montag, 12. Juni, anreisen.

Die Athleten komme für die Special Olympics von weit her aus Tadschikistan

Tadschikistan liegt in Zentralasien, mehr als 14 Flugstunden von Hamburg entfernt, und grenzt an Afghanistan, China, Kirgisistan und Usbekistan. Knapp zehn Millionen Menschen leben in dem Hochgebirgsland. 98 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner sind Muslime. Warum das Los für Stormarn gerade auf die Nation gefallen ist, war wohl am Ende Zufall.

„Als wir erfahren haben, dass wir eine Delegation aus Tadschikistan empfangen, mussten wir alle erst einmal googeln, wo genau das liegt, welche Sprache gesprochen wird und so weiter“, sagt Lehmann. Das habe man mittlerweile aber alles herausgefunden und sei bestens vorbereitet. „Wir freuen uns, dass wir als Gastgeber so Aufmerksamkeit auf das wichtige Thema Inklusionssport lenken können“, sagt Landrat Henning Görtz.

Die Inklusionsbewegung wurde von einer Schwester von John F. Kennedy begründet

Special Olympics ist die weltweit größte Sportbewegung für Menschen mit geistiger Behinderung und Mehrfachbehinderung. Sie wurde 1968 von Eunice Kennedy-Shriver, einer Schwester des 1963 ermordeten US-Präsidenten John F. Kennedy, ins Leben gerufen. Hintergrund war die Behinderung ihrer Schwester Rosemary Kennedy nach einer Lobotomie. Kennedy-Shrivers Sohn Timothy Shriver ist heute Vorsitzender des internationalen Dachverbandes.

Es ist das erklärte Ziel der Inklusionsbewegung, Menschen mit geistiger Behinderung durch den Sport zu mehr Anerkennung, Selbstbewusstsein und Teilhabe an der Gesellschaft zu verhelfen. 5,2 Millionen Athleten in 174 Ländern gehören der Bewegung an. Der deutsche Bundesverband wurde 1991 gegründet. Aktuell gibt es 14 Landesverbände. Die Weltspiele sind der sportliche Höhepunkt der Special Olympics. Sie finden alle zwei Jahre im Wechsel zwischen den Sommer- und Wintersportarten statt. Die in den Startlöchern stehenden World Games in Berlin sind die ersten, die in Deutschland ausgetragen werden.

Das Host Town Programm soll Begegnung schaffen und Miteinander fördern

Dass der Kreis an diesem historischen Ereignis beteiligt ist, macht alle Beteiligten mächtig stolz. Tausende Athletinnen und Athleten aus aller Welt kommen nach Deutschland und treten in 26 Sportarten gegeneinander an. Bevor es so weit ist und sie in die Hauptstadt reisen, werden sie deutschlandweit in rund 200 sogenannten Host Towns empfangen.

So soll Raum für Begegnung geschaffen und inklusiver Sport gefördert werden. Städte, Gemeinden und Kreise konnten sich bewerben. In Schleswig-Holstein ist Stormarn als einziger Kreis am Start. Vier Städte im nördlichsten Bundesland empfangen weitere Delegationen: Kiel Bulgarien, Lübeck Schweden, Norderstedt Norwegen und Schleswig Qatar.

Die vier Sportlerinnen und Sportler werden in Hoisdorf untergebracht

Die vier Sportlerinnen und Sportler und ihre Betreuer werden im Tagungshaus und Jugendheim Lichtensee in Hoisdorf untergebracht sein. Vanessa Lüth, Inklusionsbeauftragte des Kreissportverbands, hat das Programm für die Gäste erarbeitet. Wenn sie am Montag in Stormarn ankommen, ist nach dem langen Flug erst einmal Entspannung angesagt. „Am Dienstag werden wir die Gäste offiziell begrüßen und den Sportlerinnen und Sportlern eine Trainingsmöglichkeit anbieten“, so Lüth. Am Nachmittag wird die Delegation das Schloss Ahrensburg und das Naturerlebnis Grabau besichtigen.

Am Abend werden sie das Kleine Theater Bargteheide (Hamburger Straße 3) besuchen. Dort wird am Dienstag, 13. Juni, ab 19.30 Uhr der Dokumentarfilm „All inclusive“ gezeigt. Die Veranstaltung ist für alle Interessierten offen. Der Eintritt ist frei. Die Filmemacher Thorsten Ernst und Tobias Licke begleiten in ihrem 2023 erschienenen Dokumentarfilm vier Sportlerinnen und Sportler aus Deutschland, Finnland, der Mongolei und Kenia.

Am Mittwoch, 14. Juni, findet ein großes Sportfest statt

Alle vier sind Menschen mit geistiger oder körperlicher Behinderung, die ein großer Wunsch eint: die Teilnahme an den Special Olympics World Games in Berlin. Der Film handelt aber nicht nur von Sport, sondern auch von den Lebensgeschichten der Protagonisten, die nebenbei auch noch erwachsen werden, ihr Privatleben meistern und in einer Gesellschaft leben müssen, in der beim Thema Inklusion noch immer Nachholbedarf besteht.

Am Mittwoch, 14. Juni, erwartet die Delegation ein weiteres Highlight, zu dem ebenfalls alle interessierten Stormarnerinnen und Stormarner eingeladen sind: Von 15 bis 17 Uhr findet in der Stormarnhalle (Am Bürgerpark 4) in Bad Oldesloe ein inklusives Spiel- und Sportfest statt. Dort soll den Gästen und auch allen anderen gezeigt werden, wie Inklusion in Stormarn gelebt wird.

Sportlerinnen und Sportler stellen ihre Sportart vor

Sportlerinnen und Sportler mit und ohne Behinderungen haben die Möglichkeit, sich und ihre Sportart einem breiten Publikum zu präsentieren. Vereine, die inklusiven Sport anbieten, werden sich vorstellen. Besucherinnen und Besucher haben die Möglichkeit, die Sportangebote von Line Dance über Floorball bis hin zu Parkour kennenzulernen und auszutesten. Ab 17 Uhr findet ein Fackellauf rund um den Platz Exer mit der olympischen Fackel statt.

Am Donnerstag, 15. Juni, reisen die Athletinnen und Athleten aus Tadschikistan weiter nach Berlin. Viele der beteiligten Akteure aus Stormarn werden sie begleiten. Auch Kreispräsident Hans-Werner Harmuth wird als Vertreter des Kreises mitkommen und unter anderem an der Eröffnungszeremonie teilnehmen. Harmuth: „Das wird bestimmt ein Gänsehautmoment.“