Bargteheide. Geballte Kritik an Konzept zu Klimaanpassungsmaßnahmen eskaliert im Umweltausschuss des Kreistags Stormarn.
Lange ist eine Sitzung des Kreistags Stormarn nicht so aus dem Ruder gelaufen wie das letzte Treffen des Umweltausschusses in der alten Wahlperiode. Auslöser des Tumults im Stadthaus Bargteheide waren Äußerungen von Karl-Heinz Lenz (AfD) gegenüber der neuen Klimaanpassungsmanagerin in der Kreisverwaltung, Sarah Hartwig. „Wie Lenz die junge Frau angegangen ist, war vollkommen unangemessen, geradezu gruselig und zudem persönlich beleidigend“, sagt der Ausschussvorsitzende Gerold Rahmann von den Grünen. Er sprach von einem „unwürdigen Stil“, mit dem Lenz anscheinend schon einen Vorgeschmack auf das habe geben wollen, „was uns in den kommenden fünf Jahren im Kreistag erwartet“.
Viele Maßnahmen sind „purer Aktionismus“
Seit der Kreiswahl am vergangenen Sonntag steht nämlich fest, dass Lenz künftig nicht mehr nur wählbarer Bürger mit Rede-, aber keinem Stimmrecht ist, sondern vollwertiges Mitglied der AfD-Fraktion im Stormarner Kreistag sein wird. Wie bereits berichtet, ist die Partei dort fortan mit fünf Abgeordneten vertreten.
Sarah Hartwig hatte in der Ausschusssitzung ausführlich über den Stand zur Erstellung eines integrierten Klimaanpassungskonzeptes für den Kreis informiert. In der anschließenden Debatte ließ Lenz dann kein gutes Haar am Vortrag der erst im Oktober vergangenen Jahres verpflichteten Klimamanagerin. Er halte viele Maßnahmen für puren, überflüssigen Aktionismus und kritisierte die Schaffung immer neuer Planstellen in diesem Bereich. „Von einer Beleidigung kann allerdings keine Rede sein, ich habe die gute Frau nicht einmal persönlich angesprochen“, dementiert Lenz. Er habe vielmehr gesagt, dass er Hartwig den Posten gönne, obwohl er die Stelle „für sinnlos“ halte.
Lenz fühlt sich vom „Klimawahn“ bedroht
„Ja, ich fühle mich von dieser Art Klimawahn und seinen daraus erwachsenden Vorgaben und Auflagen persönlich bedroht und ich weiß, dass es vielen Bürgern ebenso geht“, legte der 70-Jährige im Gespräch mit unserer Redaktion nach. Erzwungene Gasheizungswechsel, teure Abflussrohrkontrollen und ständig verschärfte Bauvorschriften – es werde immer Neues erfunden, um den Bürger zu gängeln und zu bevormunden.
Als er dann in der Sitzung noch wissen ließ, dass er ja nicht nur gekommen sei, um alles kritiklos abzunicken, was da vom Podium aus vorgetragen werde, platzte einigen Ausschussmitgliedern der CDU und der SPD der Kragen. Christdemokrat Patrick Ziebke bezeichnete Lenz‘ Einlassungen als unerträglich und nicht hinnehmbar. Und Sozialdemokrat Heinz Hartmann hegte sogar offene Zweifel daran, dass Lenz überhaupt berechtigt sei, sich an der Aussprache zu beteiligen.
Verwaltungsbericht abgesetzt und vertagt
Tatsächlich war Lenz erst wenige Wochen zuvor von der AfD als Stellvertreter von René Velarde Rast benannt worden, der dem Ausschuss als „Zusätzliches Mitglied“ beisitzt. Somit habe Lenz auf jeden Fall Rederecht, stellten die das Gremium betreuenden Verwaltungsmitarbeiter Dirk Willhoeft und Nikolas Bialek klar. „Er ist von seiner Fraktion ordnungsgemäß gemeldet und von uns demzufolge auch offiziell zur Sitzung eingeladen worden“, so Willhoeft.
Ob denn Lenz’ Anwesenheitslegitimation auch für den nichtöffentlichen Teil des Verwaltungsberichts gelte, hakte Hartmann wenig später erneut nach. Nein, bestätigte Willhoeft daraufhin, in diesem Falle müsse Lenz erst förmlich verpflichtet werden. Das wollte die große Mehrheit des Ausschusses aber offenbar verhindern. Auf Antrag der Grünen wurde die nichtöffentliche Kenntnisnahme schließlich abgesetzt und auf die erste Sitzung der neuen Wahlperiode vertagt.
- Wetter: Hitzephasen und Dürre laugen Stormarn zunehmend aus
- Kreis Stormarn will Steilhang im Rader Forst besser schützen
- Deponien an der A 24 kosten Stormarn über 415.000 Euro
„Dieses ausgrenzende Vorgehen halte ich für absolut undemokratisch, von den wüsten Beschimpfungen aus dem Lager der SPD mal ganz abgesehen“, moniert Karl-Heinz Lenz. So sei ihm sogar das Recht auf ein Kreistagsmandat abgesprochen worden, nur weil er zuvor bereits zweimal die Partei gewechselt habe.
Lenz bezeichnet sich selbst als „Umweltschützer der ersten Stunde“. Vor 45 Jahren habe er sich den ersten Vereinigungen angeschlossen, sei später auch Mitglied der Grünen und der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) gewesen. Der SPD empfahl er dringend einen Grundkurs in Demokratie. Außerdem werde die trotzige Vertagung des nichtöffentlichen Verwaltungsberichts auf die nächste Sitzung ins Leere laufen. „Vielleicht bin ich dann nicht nur stimmberechtigtes Mitglied des Umweltausschusses, sondern sogar dessen Vorsitzender“, sagt Lenz. Dafür wolle er sich von seiner Fraktion auf jeden Fall nominieren lassen.