Bad Oldesloe. Grüne und SPD fordern neues Wassermanagement für den Kreis, um sich besser vor Dürre und Starkregen zu schützen.

Nach der anhaltenden Hitzeperiode Ende August hätten Besucher statt um auch locker durch den Lottbeker Teich spazieren können. Das beliebte Naherholungsziel auf der Grenze zwischen Stormarn und Hamburg hat besonders in diesem Jahr viel von seinem Reiz verloren, weil der Teich zeitweise fast ausgetrocknet war. Das ist indes längst kein Einzelfall. Bundesweit sind mehr als 1000 Gewässer verschwunden und Quellen versiegt, sogar große Flüsse führen anhaltend nur noch Niedrigwasser.

Wetter Stormarn: Schon 3767 Unwettereinsätze bis Ende Juni

Prof. Gerold Rahmann (Grüne) leitet das Thünen-Institut für ökologischen Landbau in Westerau.
Prof. Gerold Rahmann (Grüne) leitet das Thünen-Institut für ökologischen Landbau in Westerau. © HA | Lutz Kastendieck

„Stormarn steht im Hinblick auf das Wassermanagement aufgrund seiner geografischen Lage und seiner Hügellandschaft vergleichsweise noch gut da“, sagt Prof. Gerold Rahmann, Leiter des Thünen-Instituts für ökologischen Landbau in Trenthorst/Westerau und Vorsitzender des Umweltausschusses. Dennoch würden anhaltende Hitzeperioden und Starkregenereignisse dem Kreis in immer stärkerem Maße zusetzen und deshalb neue Strategien erfordern.

Wie sehr Starkregenereignisse zugenommen und die freiwilligen Feuerwehren in Anspruch genommen haben, offenbaren Vergleichszahlen der Integrierten Rettungsleitstelle Süd mit Sitz in Bad Oldesloe. Wurden 2019 in Stormarn noch 3260 Alarmierungen registriert, so waren es 2021 schon 3607. Nun steuert der Kreis auf einen neuen Rekordwert zu: Bis zum Ende des ersten Halbjahres 2022 wurden bereits 3767 Einsätze im Zusammenhang mit Unwettern verzeichnet.

Wetterextreme haben deutlich zugenommen

„Dürreperioden und Gewitter mit viel Regen gab es in den vergangenen Jahrzehnten natürlich auch, aber bei weitem nicht in solchem Ausmaß und mit solch einer Häufigkeit“, sagt Rahmann. Prägnante Beispiele aus der näheren Vergangenheit seien für ihn der sehr nasse Herbst/Winter 2017/2018 sowie die Frühjahrs- und Sommertrockenzeiten 2018 und 2019 gewesen. Zu viel Regen habe entweder die Ernte nicht erlaubt und zu Überflutungen geführt, während Wassermangel erhebliche Ernte- und Baumschäden sowie leere Trinkwasserreservoire zur Folge hatten.

Weil die Kreistagsfraktionen der Grünen und der SPD akuten Handlungsbedarf sahen, haben sie bereits im Frühjahr des Vorjahres einen gemeinsamen Antrag eingebracht. Darin wurde die Kreisverwaltung aufgefordert, ein dem Klimawandel angepasstes Wassermanagement für Stormarn auf den Weg zu bringen.

Brunnen gehören oft der Hansestadt Hamburg

Ein besonderer Fokus liegt aus Sicht der beiden Parteien auf der sicheren Versorgung der Bürger mit sauberem Trinkwasser. „Darüber hinaus muss es aber natürlich auch ausreichend Wasser zum Bewässern der Felder, zum Löschen und zum Kühlen geben“, so Heinz Hartmann von der SPD.

Wer glaubt, Trinkwasser sei im grünen und seenreichen Stormarn doch ausreichend vorhanden, der irrt. Zwar gibt es, etwa im Umfeld des Großensees und in Großhansdorf, große Brunnen, doch die gehören in der Regel der benachbarten Hansestadt. Hamburg Wasser verfügt aktuell über eine gültige Bewilligung zur Entnahme von Grundwasser, die in zwei Stufen steigende Entnahmemengen auf aktuell 5,6 Millionen Kubikmeter zulässt.

Wetter: Regen kann Grundwasserspeicher nicht auffüllen

Zum Schutz des Grundwassers wurde in der Bewilligung zwar eine dauerhafte maximale Absenkung des Grundwasserspiegels von nicht mehr als einem Meter gegenüber dem Jahr 2009 im Nahbereich der Entnahmebrunnen festgelegt. Dieser Absenkungsbetrag wurde nach Angaben der Kreisverwaltung jedoch teilweise längst überschritten.

„Ausreichend Trinkwasser war bei uns bislang nie ein Problem, das wird sich aber ändern“, ist Gerold Rahmann überzeugt. Da die Reserven beständig abnähmen, müssten die geförderten Mengen und der generelle Verbrauch infrage gestellt werden. Der Regen könne die Grundwasserspeicher zur Regeneration längst nicht mehr auffüllen. Schuld daran sei auch der wachsende Versiegelungsgrad. Dem müsse endlich ernsthaft und konsequent Einhalt geboten werden, etwa durch eine veränderte Ansiedlungspolitik.

Wasser muss aufgehalten und gespeichert werden

Überflutete Straßen wie hier in Oststeinbek sind im Kreis Stormarn längst keine Seltenheit mehr.
Überflutete Straßen wie hier in Oststeinbek sind im Kreis Stormarn längst keine Seltenheit mehr. © dpa Picture-Alliance / rtn, peter wuest

Rahmann fordert deshalb eine gänzlich neue Strategie im Umgang mit dem Oberflächenwasser. Bislang sei es vor allem darum gegangen, die reichhaltigen Niederschläge abzuleiten und zu entsorgen. Es seien in der Mehrzahl Drainage- statt Bewässerungsgräben entstanden. „Künftig muss es darum gehen, das Wasser eher aufzuhalten und zu speichern. Dazu bietet das Ostholsteinische Hügelland gute Voraussetzungen“, so der Wissenschaftler.

Er denkt dabei an den Bau von Staubecken, die Stärkung von Retentionsflächen besonders in Gewerbegebieten, begrünte Dächer sowie die Neuanlage von Wäldern und Grünland, um der Bodenerosion entgegenzuwirken. Auch Privathaushalte könnten einen wirksamen Beitrag leisten durch das Sammeln von Regenwasser in Tonnen und Tanks und dessen Nutzung zum Wässern der Gärten.

Wetter Stormarn: Eine Kartierung der Hot Spots steht noch aus

Andererseits brauche es aber eine bessere Vorsorge, um bei Starkregen Überflutungen zu verhindern. Hierzu müsse es bald eine Kartierung der potenziellen Hot Spots geben, verbunden mit einer Kontrolle der Leitungsrohre hinsichtlich ihrer ausreichend bemessenen Querschnitte.

„Dieses Wassermanagement ist eine staatliche Aufgabe und die existierenden Pläne werden den neuen Herausforderungen längst nicht mehr gerecht“, sagt Gerold Rahmann. Dazu gehöre auch, den Fachbereich personell besser aufzustellen. Zudem müsse es eine bessere Vernetzung mit den entsprechenden Landeseinrichtungen in Schleswig-Holstein und Hamburg sowie den Kommunen und kommunalen Verbänden im Kreisgebiet geben, die ebenso für ein funktionierendes Wassermanagement zuständig seien.