Trittau. Das Trittauer Rasenmähertraktor-Rennen entpuppt sich als Zuschauermagnet. Warum einige Topfahrer auf ihre Wertung verzichteten.

Schon von Weitem ist es zu hören: Wummernde Beats dringen aus den Lautsprechern auf dem Gelände am Sandfuhrtsmoor, auf dem am Sonnabend das erste Trittauer Rasenmähertraktor-Rennen Premiere hat. Ungewöhnlich viel Verkehr herrscht auf der sonst ruhigen Straße, parkende Autos stehen am Wegesrand, und viele Menschen sind zu Fuß oder Fahrrad Richtung Rennen unterwegs.

Sie kommen vorwiegend in Grüppchen, darunter auffallend viele Familien mit kleinen Kindern. Organisator Dietmar Rettke, der auch selbst mitfährt, wirkt aufgeregt. Punkt 11 Uhr soll es losgehen. Kurz vor Beginn hat es noch zwei Nachmeldungen gegeben, 16 Traktoren stehen jetzt auf der Liste.

Trittauer Rasenmähertrecker-Rennen: Im Fahrerlager wird repariert

Dann die Ansage, dass alle Fahrer sich vor dem grünen Holzhäuschen einfinden sollen, gegenüber stehen die Rasenmäher startbereit. Dann ertönt ein Countdown: „Drei, zwei, eins, Start!“, und alle rennen zu ihren Fahrzeugen, schwingen sich darauf. Ein Höllenlärm, als alle Maschinen gleichzeitig gestartet werden, dann fahren sie auch schon los.

Einer der Rasenmähertraktoren des DW-Racing-Teams in Aktion auf der Rennstrecke.
Einer der Rasenmähertraktoren des DW-Racing-Teams in Aktion auf der Rennstrecke. © Elvira Nickmann

Mit der Ruhe ist es für die nächsten Stunden vorbei, zu den Beats der 80er-Jahre-Hits gesellt sich jetzt auch noch das Knattern der Motoren. Vier Stunden wird es dauern, nur wer am Ende noch im Rennen ist, kann auf den Sieg hoffen.

Doch für die meisten dürfte das Gewinnen erst an zweiter Stelle stehen, denn die Action an sich bringt den größten Spaß. Und das Zusammenspiel im Team, denn hier ist keiner als Solofahrer unterwegs. Das wäre auf dieser Piste mit ihren Mulden, Buckeln und Bodenwellen schon körperlich nicht durchzuhalten.

Kurz nach dem Start sind noch alle im Rennen und üben sich im Slalomfahren.
Kurz nach dem Start sind noch alle im Rennen und üben sich im Slalomfahren. © Elvira Nickmann

Die Fahrer wechseln direkt am Eingang zur Rennstrecke in einem abgetrennten Bereich. Als ein Trecker dort ankommt, stürmen sofort mehrere Helfer darauf zu. Einer reicht dem Fahrer etwas zu trinken, und auch das Gefährt bekommt neuen Sprit. Eine Minute später ist der Trecker schon wieder im Rennen.

Das Fahrerlager liegt gleich nebenan. Dort landen die Fahrzeuge, die ein Problem haben. Bei einem grünen Modell mit der Startnummer 16 ist es schnell behoben, nur der Tankdeckel war lose, es muss neu betankt werden. Merlin Kroening (22) und Emily Weber (16) sind beide Fahrer im Team DW-Racing und kommen aus Peine. Insgesamt sind sie mit acht Fahrern und fünf Treckern vor Ort, erzählen sie.

Einmal zum Boxenstopp! Trotz wackeligen Sitzes und dadurch kaum zu erreichenden Schalthebels hat es dieses Modell bis ins Ziel geschafft.
Einmal zum Boxenstopp! Trotz wackeligen Sitzes und dadurch kaum zu erreichenden Schalthebels hat es dieses Modell bis ins Ziel geschafft. © Elvira Nickmann

Das seien hochgetunte Modelle, die sonst in einer ganz anderen Liga mitfahren. Bei der deutschen Meisterschaft im Rasentreckerrennen beispielsweise. Zwischen 70 und 80 km/h kann ein solcher Trecker fahren, einige sogar noch mehr. Bei beiden waren es die Väter, die ihre Begeisterung für den ungewöhnlichen Motorsport an die Kinder weitergegeben haben.

Der jüngste Rennfahrer ist acht Jahre alt

Teamchef Dirk Weber (54) erläutert, warum sich ein Trupp Mechaniker an einem besonderen Rasenmähertraktor mit zwei Sitzen zu schaffen macht. „Der ist zu schnell auf der Strecke, er wird deshalb runtergedrosselt.“ Man müsse rücksichtsvoll fahren, „bei all den kleinen Steppkes, die hier unterwegs sind“.

Der jüngste Fahrer dürfte Colin sein, er ist acht und fährt einen gelben Posttrecker. Zu seinem Team gehören noch Vater Marc Rohmann (39) und Daniel Mienert (32).

Marc Rohmann (l.), Daniel Mienert und Colin mit dem gelben Posttrecker.
Marc Rohmann (l.), Daniel Mienert und Colin mit dem gelben Posttrecker. © Elvira Nickmann

Beim letzten Rennen hat Colin den dritten Platz gemacht und konnte einen Pokal mit nach Hause nehmen. „Das Fahren macht mir Spaß“, sagt Colin. Doch heute haben sie Pech. Beim Überfahren eines Buckels ist das Getriebe des Posttreckers kaputtgegangen, und das passende Ersatzteil haben sie nicht dabei. „Wenn das Getriebe kaputtgeht, kommt keine Kraft an die Hinterachse“, erläutert Rohmann, der aus Holm im Kreis Pinneberg angereist ist.

Doch Colin darf bei einem anderen Team mitfahren, auch wenn ihm der andere Trecker eigentlich zu langsam ist. „Das ist das Schöne dabei“, sagt sein Vater. „Man unterstützt sich gegenseitig und tauscht auch mal die Fahrer.“ Mienert ergänzt: „Das Dabeisein ist der Spaß.“

Gegen Ende ist die Strecke kaum zu erkennen

Bei der blauen Nummer 7 sind die Räder abgebaut, die Hinterachse ist gebrochen, drei Jungs knien im Dreck und versuchen, sie wieder flottzukriegen. Mit Erfolg: Einige Zeit später dreht sie wieder ihre Runden auf der Piste.

Diese Fahrer nehmen den Weg über die Buckelpiste statt der Ausweichstrecke. Das rüttelt ordentlich durch.
Diese Fahrer nehmen den Weg über die Buckelpiste statt der Ausweichstrecke. Das rüttelt ordentlich durch. © Elvira Nickmann

Derweil beobachtet Sarah Tismer vom Team der Jugendfeuerwehr, wie ihre beiden Kameraden sich schlagen. „Wir werden ständig überholt, aber zumindest ist noch keiner der beiden Trecker ausgefallen“, sagt sie. Inzwischen sei die Strecke so breit, dass überall überholt werden könne. „Wir können froh sein, dass es nicht regnet“, meint sie. „Sonst wäre das hier alles Matsch.“

Kazys Kincius ist mit der Nummer 2 unterwegs. Er hat Organisator Dietmar Rettke bei seinem Vorhaben unterstützt. Einmal ist sein Fahrzeug ausgegangen, aber wieder angesprungen. Warum, weiß er nicht, aber er hofft, dass er es am Ende durchs Ziel schafft.

Nach einem kurzen Blick auf das Rennen schimpft er: „Der Grüne hat geschummelt.“ Dabei scheint es für einige gar nicht mehr so einfach zu sein, dem Streckenverlauf zu folgen, denn der ist zum Teil kaum noch zu erkennen.

Organisator will das Rennen bald wiederholen

Das DW-Racing-Team wirbelt bei seinen Fahrmanövern Erdbrocken auf, die auf die Zuschauer, die sich den Zaun an der Straßenseite als Standplatz ausgesucht haben, niedergehen. Es scheint ihnen nichts auszumachen, das gehört eben dazu, genauso wie der Benzingeruch, der über das Gelände zieht.

Um 14.30 Uhr sind noch zwölf Fahrzeuge im Rennen. Dominic Scheper ist mit seinen beiden Kindern gekommen, um sich das Rennen anzusehen. Der Trittauer mag Motorsport. Er sagt: „Diese Veranstaltung ist eine tolle Idee. Ich finde es super, auch meine Kinder haben sich gleich mit dem Blick auf die Rennstrecke auf die Bänke gesetzt.“

So sehen Gewinner aus: Links neben dem roten Trecker Dietmar Rettke und Yvonne Hehn, daneben die Erst- und Zweitplatzierten.
So sehen Gewinner aus: Links neben dem roten Trecker Dietmar Rettke und Yvonne Hehn, daneben die Erst- und Zweitplatzierten. © Elvira Nickmann

Als nach vier Stunden das Rennen zu Ende ist, spendet das Publikum viel Applaus für alle, die mitgemacht haben. Veranstalter Dietmar Rettke hat sein Ziel erreicht. Sein Traktor hat bis zuletzt durchgehalten. Das bringt ihm und seiner Kollegin Yvonne Hehn den dritten Platz ein. Die Jugendfeuerwehr belegt zwar keinen der vorderen Plätze, aber sie kann sich über 489,80 Euro Spende freuen, die durch Startgeld und Kaffeeausschank zusammengekommen sind.

Zur Platzierung erläutert Rettke, dass das Racing-Team, das sonst die Spitzenplätze belegt hätte, bei seinen technisch hochgerüsteten Treckern auf die Wertung verzichtet hat. Es gibt noch Fairness im Sport. Und einfach Spaß beim Mitmachen und offensichtlich genauso viel beim Zuschauen. Und Rettke hat auch schon eine Neuauflage des Rennens geplant.