DSDS-Juror gibt in der „Morningshow“ von Radio Hamburg rausgeworfenem Kandidaten eine zweite Chance. So verlief das Treffen.

Hamburg/Tötensen Zum Wochenbeginn hatte Radio Hamburg in seiner „Morningshow“ einen prominenten Teilzeitmitarbeiter: Dieter Bohlen. Der Poptitan war zwar nicht persönlich anwesend im Senderstudio an der Spitalerstraße, dafür aber zwei Stunden lang via Teams aus seinem Wohnort Tötensen (Landkreis Harburg) zugeschaltet. Was er nicht wusste, dass es während der Sendung ein Wiederhören mit Nils Bollenbach geben würde. Den 22-Jährigen aus Bargteheide hatte er bei der RTL-Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS) unlängst ziemlich rüde aussortiert. Diesmal zeigte sich Bohlen gegenüber dem Stormarner milder und versöhnlicher.

„Die Radio-Crew hatte mir angeboten, Dieter noch einmal vorzusingen. Diese Chance wollte ich unbedingt nutzen und bin deshalb am Montagmorgen zur Live-Schalte mit ihm ins Studio in der Hamburger City gefahren“, berichtete Bollenbach dem Abendblatt. Es habe für ihn schließlich nichts zu verlieren gegeben, obwohl er bei der vorerst letzten Staffel der Talente-Show längst ausgeschieden ist.

„Lichtjahre vom Original entfernt“

Wie bereits berichtet, hatte der Jungpolitiker der Grünen, der 2021 sogar Direktkandidat seiner Partei für die Bundestagswahl und ein Jahr später auch für die Landtagswahl in Schleswig-Holstein war, den Sprung ins DSDS-Casting vor der Jury geschafft. Im View Eleven vor der Kulisse des Hamburger Hafens sang er den Titel „Warum hast du nicht nein gesagt“ von Roland Kaiser und Maite Kelly, war damit beim Poptitan aber auf wenig Gegenliebe gestoßen.

Die DSDS-Jury 2023 (v. r.): Dieter Bohlen, Pietro Lombardi, Katja Krasavice und Leonie Burger.
Die DSDS-Jury 2023 (v. r.): Dieter Bohlen, Pietro Lombardi, Katja Krasavice und Leonie Burger. © RTL / Stefan Gregorowius

Bohlen hatte ihm eine „unterdurchschnittliche“ Performance attestiert, die „Lichtjahre“ vom Original entfernt gewesen sei, und nicht mal zu „fünf Prozent“ an Kaiser und Kelly herangereicht habe. „Das hatte mich schon getroffen, zumal meine Leistung auch von vielen DSDS-Fans in den sozialen Netzwerken deutlich positiver bewertet worden ist. Ich glaube weiter an mich und sehe in mir noch viel Potenzial“, so Bollenbach.

Bohlen: 300 Millionen mal „Nein“ gehört

Bohlen zollte dem jungen Mann, der momentan in Hamburg lebt, Respekt für seine Einstellung, sich von einem vierfachen Nein der DSDS-Jury, in der bei der Jubiläumsstaffel außerdem Pietro Lombardi, Katja Krasavice und Leonie „Leony“ Burger urteilen, nicht von seinem Weg abbringen zu lassen. Ein „Nein“ habe er in seiner Karriere auch mindestens „300 Millionen mal“ gehört und sich trotzdem am Ende durchgesetzt.

Bollenbach traue er das unterdessen nicht zu. „Klar, kann er ganz gut singen. Aber reicht das für eine Karriere wirklich aus?“, sinnierte Bohlen. Um dann hörbar Anstoß zu nehmen an Bollenbachs Wahl für seinen außerplanmäßigen Recall via Radio Hamburg: „Was, Vincent von Sarah Connor willst du singen? Warum, um Himmelswillen, schon wieder ein Frauentitel?!“ Für 99 Prozent aller Sänger sei das eine schlechte Idee.

Dreimal „Ja“ von der Studiocrew

Nils Bollenbach hat es trotzdem gewagt. „Bei meinem DSDS-Auftritt kritisierte die Jury zu wenig Gefühl. Da sollte dieser Titel besser passen“, konterte der Sänger, der offen zu seiner Homosexualität steht. Zumal es in dem Song genau um dieses Thema geht, um die anfängliche Verwirrung „anders“ zu lieben und den Umgang des Umfelds damit.

Nils Bollenbach bei der RTL-Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“ in Hamburg. 
Nils Bollenbach bei der RTL-Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“ in Hamburg.  © RTL / Stefan Gregorowius

Die drei Morningshow-Moderatoren Alicia Alvarez, Christian „Stübi“ Stübinger und John Ment zeigten sich restlos begeistert vom Vortrag Bollenbachs. „Doch Finale“, rief Stübinger überschwänglich und Alvarez bekräftigte: „Dreimal Ja von uns“. Nur der Poptitan mochte in die Lobeshymnen nicht einstimmen und las dem Nils einmal mehr die Leviten.

Bohlen empfiehlt plötzlich „Unholy““

„Das singt Sarah Connor doch mit 1000-mal mehr Gefühl. Mich hat es nicht umgehauen, da war keine Gänsehaut“, befand Bohlen trotzig. Um Bollenbach anschließend aber doch Mut zu machen. „Falls es DSDS noch einmal geben sollte, komm ruhig wieder vorbei. Aber überleg dir vorher ordentlich, was die richtige Titelwahl für dich sein könnte“, so der Erfolgsproduzent. Seine Empfehlung lautete seltsamer Weise „Unholy“. Ein Hit, den der britische Popsänger Sam Smith mit der deutschen Sängerin Kim Petras aufnahm.

Bollenbachs Versuch, eine eigene Version für einen von einem Mann und einer Frau interpretierten Song zu kreieren, hatte Bohlen bei „Deutschland sucht den Superstar“ noch harsch kritisiert. Fand er den Stormarner am Ende doch gar nicht so schlecht, wie es sich in seinem an Übertreibungen reichen Urteil anhörte?

„Nein, wir sind nicht immer gerecht“, räumte Bohlen in einem seltenen Anflug von kritischer Selbstreflexion ein. Wenn in einem Casting zuvor drei, vier „Megasänger“ auftreten würden, dann stünden die Chancen für weniger gute Sänger halt schlechter, so sei das Leben. „Viele Zufälle spielen da eine Rolle, aus denen aber manchmal ein besonderes Feeling erwachsen kann“, so Dieter Bohlen fast väterlich.

Nils Bollenbach hat die zweite Begegnung mit dem Poptitan jedenfalls nicht bereut. „Ich freue mich, dass wir noch einmal ins Gespräch gekommen sind, das diesmal mehr Augenhöhe hatte“, befand der Barde aus Bargteheide. Er habe sich fairer behandelt gefühlt als bei seinem DSDS-Rausschmiss, weshalb ihn das jüngste Aufeinandertreffen deutlich positiver gestimmt habe. „Ich werde weiter an mir arbeiten und es irgendwann wieder versuchen“, versprach Nils Bollenbach beim Adieu.