Bargteheide. Initiative überreicht Bürgermeisterin ihre Listen für den Bürgerentscheid zur Klimaneutralität bis 2035.

Mit einer Flasche Sekt feierte die Initiative Bargteheide Zero im Ratssaal des Rathauses die Übergabe Ihrer Unterschriftenlisten für das Bürgerbegehren „Bargteheide klimaneutral bis 2035“ an Bürgermeisterin Birte Kruse-Gobrecht. Wie bereits berichtet fordern die Aktivisten die Erstellung eines neuen Klimaaktionsplans. „Dafür haben wir seit Mitte September trotz Corona und Wetterkapriolen mehr als 1400 Unterschriften gesammelt, das macht uns stolz und glücklich“, sagt Tom Mac Arthur, Sprecher von Bargteheide Zero.

Die Gruppe, die sich unabhängig von einer Parteizugehörigkeit als überparteilich und unabhängig betrachtet, habe eine große Bereitschaft unter den Bürgern der Stadt gespürt, nicht nur zu reden, sondern endlich zu handeln. Dazu sei es aber unerlässlich, den geforderten Klimaaktionsplan mit konkreten, abrechenbaren Maßnahmen zu hinterlegen, um die Stadt bis spätestens 2035 klimaneutral zu machen.

Alle Sektoren müssen mitziehen

„Bargteheide kann seinen Beitrag zum Erreichen des im Pariser Abkommen fixierten 1,5-Grad-Ziels leisten, wenn alle Sektoren mitziehen. Also die privaten Haushalte ihren CO2-Ausstoß ebenso reduzieren wie Handel, Gewerbe, Dienstleister, Betriebe, Landwirtschaft und Verkehr“, sagte Mac Arthur.

Bürgermeisterin Birte Kruse-Gobrecht (v.l.) nimmt von Claudia Goldmann, Tom Mac Arthur und Elke Stachmann die Unterschriftenlisten entgegen.
Bürgermeisterin Birte Kruse-Gobrecht (v.l.) nimmt von Claudia Goldmann, Tom Mac Arthur und Elke Stachmann die Unterschriftenlisten entgegen. © Lutz Kastendieck | Lutz Kastendieck

Die Initiatoren sehen eine Vielzahl von Möglichkeiten, auf kommunaler Ebene zu wirksamen und nachhaltigen Veränderungen zu kommen. „Das bedingt natürlich, dass man zur Veränderung seiner bisherigen Gewohnheiten bereit ist“, sagt Landschaftsarchitektin Elke Stachmann. Das beginne beim Energieverbrauch in den eigenen Wänden, setze sich bei der Bereitschaft, kurze Wege nicht mit dem Auto zurückzulegen, fort und ende bei Überlegungen, auf E-Mobilität umzusteigen.

Verkehr bietet weites Feld für Veränderungen

Wie überhaupt der Verkehr aus Sicht der Gruppe ein weites Feld für effektive Veränderungen biete. „Eine weitreichende Begrenzung auf Tempo 30 innerorts, der Anschluss der Stadt ans Radwegeschnellnetz des Kreises und der Verzicht auf den Schülertransport durch Elterntaxis wären nur drei Beispiele“, so die selbstständige Ernährungsberaterin Britta Kohl-Boas, die selbst Mutter zweier Kinder ist.

Tom Mac Arthur verweist zudem auf klimaschonende Effekte insbesondere beim Bauen. Das könne besser und nachhaltiger geschehen als derzeit praktiziert. Egal ob es sich dabei nun um Neubauprojekte handele oder die energetische Sanierung von Bestandsbauten durch umfassende Dämmmaßnahmen, moderne Fenster und neue Dächer. „Und wenn dann noch in eine Fotovoltaikanlage investiert wird, umso besser“, so Mac Arthur.

Bürgerbüro prüft Gültigkeit aller Unterschriften

Gruppenbild mit (v.l.) Klimamanagerin Ulrike Lenz, Bürgermeisterin Birte Kruse-Gobrecht, Tom Mac Arthur, Claudia Goldmann,  Benjamin Müller und Elke Stachmann, die zudem das „Gute-Klima-Gesetz“ von German Zero präsentieren.
Gruppenbild mit (v.l.) Klimamanagerin Ulrike Lenz, Bürgermeisterin Birte Kruse-Gobrecht, Tom Mac Arthur, Claudia Goldmann,  Benjamin Müller und Elke Stachmann, die zudem das „Gute-Klima-Gesetz“ von German Zero präsentieren. © Lutz Kastendieck | Lutz Kastendieck

Birte Kruse-Gobrecht sicherte den Klimaaktivisten ihre volle Unterstützung zu. Die Stadt wolle beim Klimaschutz gern Vorreiter sein, das habe sie seit ihrem Amtsantritt stets betont. Tatsächlich wäre Bargteheide laut Initiative erst die zweite Kommune in Schleswig-Holstein, die sich zu solch einem umfassenden Klimaaktionsplan verpflichte.

Unterdessen fürchtet Bargteheide Zero eine Kollision des Bürgerbegehrens mit einem Antrag von CDU und Grünen, der im jüngsten Umweltausschuss Anfang Februar mehrheitlich beschlossen worden ist. Darin beauftragen die genannten Fraktionen die Verwaltung, von einem fachkundigen externen Dienstleister eine CO2-Bilanz für die gesamte Stadt erstellen zu lassen. Daraus soll im Nachgang dann ein Maßnahmenkatalog für die Umsetzung der gesetzten Einsparziele in den Sektoren Gebäude, Verkehr, Energiewirtschaft, Landwirtschaft, Industrie und Abfallwirtschaft abgeleitet werden.

Nötiges Quorum liegt bei 1188 Stimmen

„Dieser Antrag kommt zur Unzeit“, hatte Mac Arthur den Vorstoß deutlich kritisiert. Seit dem Klimaschutzkonzept von 2012 sei viel wertvolle Zeit vertan worden. „Da hätte der Ausgang unseres Bürgerbegehrens ruhig abgewartet werden können, um den Antrag bei einem möglichen Scheitern unserer Initiative später einzubringen“, so Mac Arthur.

Bargteheide Zero geht davon aus, dass das nötige Quorum von 1188 Stimmen erreicht worden ist. Selbst dann, wenn bei der Prüfung der Listen durch die Kommunalaufsicht und das Bürgerbüro Bargteheide einige Unterschriften aus formalen Gründen für ungültig erklärt werden sollten.

„Bundesweit hat es inzwischen 70 Klimaentscheide gegeben, und in keinem einzigen Fall ist ein Bürgerbegehren abgewiesen worden“, sagt Tom Mac Arthur. Deshalb hoffe er, dass es trotz des Antrags von CDU und Grünen zu einem guten Kompromiss komme, das dem Bürgerbegehren nicht entgegenstehe.

Info: Ein Instrument der direkten Demokratie

Seit April 1990 können die Schleswig-Holsteiner durch Bürgerbegehren und Bürgerentscheide direkt in die Kommunalpolitik eingreifen. In der Regel entscheiden die gewählten Ratsmitglieder, wie und wofür die zur Verfügung stehenden Finanzmittel in den Städten und Kommunen eingesetzt werden. Über Bürgerbegehren können in Einzelfällen aber alle Stimmberechtigten über kommunale Sachfragen mitentscheiden.

Das Instrument der direkten Demokratie wird in Stormarn zur Zeit in mehreren Kommunen genutzt, um bestimmte Entwicklungen auf die eine oder andere Weise zu beeinflussen. In der größten Stadt des Kreises sammelt ein Bündnis aus rund 50 Kaufleuten Unterschriften gegen den Parkplatzabbau im Ahrensburger Zentrum. Dort sind bereits mehr als 2000 Unterschriften zusammengekommen, womit das nötige Quorum von 1904 gültigen Stimmen als sicher gilt.

In Siek wollen Einwohner die Erweiterung des Gewerbegebiets Bültbek-Süd verhindern. Hier lagen Anfang der Woche schon 344 Unterschriften vor.