Glinde. Bundeswehr feiert am 21. Oktober Eröffnung der Forschungslabore in Gewerbepark. Der Mietvertrag hat eine Laufzeit von 15 Jahren.

Im hinteren Teil des riesigen Gebäudekomplexes an der Straße Beim Zeugamt in Glinde ist bereits ein Hinweisschild neben dem Eingang angebracht mit der Kennzeichnung „B3“, den Öffnungszeiten sowie der Aufschrift des neuen Mieters. Es ist die Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr. Sie hat sich langfristig auf dem Areal des 31.000 Quadratmeter großen Gewerbeparks eingenistet. Bekannt ist die Fläche vielen Bürgern der Stadt noch als Gies-Kerzen-Standort. Die Firma stellte die Produktion im Süden des Kreises Stormarn 2017 ein. Jetzt werden hier Forschende der Fächergruppe Bauingenieurwesen unterwegs sein. Die Eröffnung ist am Freitag, 21. Oktober.

Die Uni mit Sitz an der Straße Holstenhofweg im Bezirk Wandsbek erweitert damit ihre Liegenschaften erstmals über die Grenzen der Hansestadt hinaus. Auf 5000 Quadratmetern stehen Professoren und Studierenden modernste Labore zur Verfügung. Die Hochschule zahlt zwar keine Gewerbesteuer, Bürgermeister Rainhard Zug hofft allerdings auf eine Sogwirkung. Er sagt: „Das ist eine spannende Einrichtung mit hochqualifizierten Arbeitsplätzen. Wir werden davon profitieren, womöglich ziehen deswegen Menschen und Unternehmen nach Glinde.“ Der Verwaltungschef nennt in diesem Zusammenhang speziell Zulieferer.

Bis Ende 2005 unterhielt die Bundeswehr ein Gerätedepot in Glinde

Die Bundeswehr hat in Glinde eine lange Geschichte und kehrt nun in anderer Form zurück. Dort, wo jetzt das Neubaugebiet Alte Wache zwischen Möllner Landstraße und Oher Weg ist mit einem angrenzenden Areal für Firmen, stand früher eine Kaserne. 1936 im Dritten Reich war sie als Heereszeugamt gebaut worden, bis Ende 2005 dienten die Gebäude als Gerätehauptdepot der Bundeswehr. Dort wurden Ausrüstungsgegenstände für die deutschen Truppen im Ausland gelagert, verschickt und repariert.

Ein Hinweisschild am Eingang zu den Laboren.
Ein Hinweisschild am Eingang zu den Laboren. © René Soukup

Rund 2500 Menschen sind in das Quartier gezogen mit Einzel-, Doppel- und Reihenhäusern, Eigentums- sowie Mietwohnungen. Das Unternehmen Semmelhaack investierte zum Beispiel in den Bau von zwei Wohngebäuden für Senioren 7,3 Millionen Euro. Von den 53 Einheiten sind 16 öffentlich gefördert. Zudem erstellte die Firma Senectus zwei Häuser mit 37 sowie 22 Eigentumswohnungen und identischem Konzept: Beim sogenannten Service-Wohnen besteht die Möglichkeit, sich komplett versorgen zu lassen. Das Pflegepersonal ist im benachbarten Altenheim mit Platz für 121 Bewohner ansässig.

Es gibt einen 20-Meter-Kanal für Strömungsversuche

In dem in Richtung Reinbek gelegenen Teil mit Gewerbe war das Immobilienunternehmen Beos zuständig für Änderungen auf dem früheren Gies-Kerzen-Areal. Hallen und Bürogebäude wurden saniert, Häuser abgerissen. Die Bundeswehr-Uni ist in einem Neubau untergebracht.

Offizieller Mieter ist die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) mit Sitz in Bonn. Sie unterliegt der Rechts- und Fachaufsicht des Bundesfinanzministeriums. In Glinde gibt es keinen klassischen Hörsaal, wo Professoren Vorlesungen abhalten. „Die Studierenden werden im Rahmen von Lobarpraktika an dem Standort sein“, sagt Dietmar Strey, Pressesprecher der Helmut-Schmidt-Universität. Er berichtet von imposanten Anlagen, etwa einem 20-Meter-Kanal für Strömungsversuche. Über das Investitionsvolumen konnte Strey noch keine Angaben machen, wohl aber über die Laufzeit des Mietvertrags: 15 Jahre.

Die Fakultät für Maschinenbau und Bauingenieurwesen gehören mehr als 25 Professuren an. Ein Studienjahr besteht aus drei Trimestern mit jeweils zwölf Wochen. Für den Bachelor in allen Disziplinen, darunter Geistes-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, sind sieben vorgesehen, fünf weitere Trimester für den Master – macht zusammen vier Jahre. Studierende Offizieranwärter und Offiziere erhalten während der Lernphase ein Gehalt. Und nach einer Bleibe müssen sie auch nicht suchen: Die Männer und Frauen sind in komfortablen Wohnheimen direkt auf dem Campus untergebracht oder an anderen Orten der Stadt. Menschen, die nicht in der Bundeswehr organisiert sind, können ebenfalls an der Uni einen Abschluss machen. Voraussetzung: Unternehmen oder Stiftungen zahlen für sie Studiengebühren.

Lehrbetrieb an Hochschule wurde im Oktober 1973 aufgenommen

Die Bundeswehr hat zwei Universitäten, ein weiterer Standort ist München. Der Lehrbetrieb wurde jeweils am 1. Oktober 1973 aufgenommen. Seit dem 15. Dezember 2003 ist Helmut Schmidt, von 1974 bis 1982 Bundeskanzler und Ehrenbürger Hamburgs, Namensgeber der Hochschule in der Hansestadt. Er starb 2015 im Alter von 96 Jahren.

Mit Glinde hat die Bundeswehr-Universität nach Angaben von Strey acht Liegenschaften, wovon sich sieben in Hamburg befinden. Herzstück ist der Campus in Jenfeld, ein Stadtteil im Bezirk Wandsbek, mit Bibliothek, Mensa, Sportzentrum und zum Beispiel Ärzten. Selbst einen Friseursalon findet man dort. Wohnungen gibt es unter anderem in Horn, weitere Büros unterhält die Bundeswehr am Friedrich-Ebert-Damm.

Die Hochschule rühmt sich mit einem „ungewöhnlich guten Betreuungsverhältnis“: Auf je 25 Studenten komme ein Professor. Mit rund 2500 Studierenden und mehr als 900 Mitarbeitern ist die Uni die größte Dienststelle der Bundeswehr in Hamburg. Die Bildungseinrichtung hat sich übrigens im August einem internationalen Netzwerk angeschlossen mit mehr als 20 Partnerorganisation, das sich um die Rettung von Archiv- und Museumsobjekten in der Ukraine kümmert.