Stapelfeld. Erst- bis Viertklässler pflegen und gestalten Areal. Wiederaufbau nach Verwüstung. Im Grünen wird auch unterrichtet. Neue Pläne.

Iven (9), Finn (10) und Mila (7) genießen diesen Moment in der Natur. Sie haben sich um einen abgesägten Baumstamm positioniert, auf dem ein Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel aufgemalt ist. Dann beginnen sie nacheinander zu würfeln, lachen dabei. Wenige Meter entfernt befindet sich das grüne Klassenzimmer mit Holztisch und Bänken. Es ist überdacht. Auffällig: die Sauberkeit im sogenannten Schulwald. Seit 1985 trägt eine rund drei Hektar große Fläche in Stapelfeld diesen Namen. Einen Teil davon pflegen und hübschen die Jungen und Mädchen der örtlichen Grundschule auf – mit viel Liebe und Engagement. Das wurde jetzt honoriert mit dem Landesschulwaldpreis, vergeben vom Verein Schutzgemeinschaft Deutscher Wald.

Bei der Zeremonie im Gebäude am Von-Eichendorff-Weg sollte eigentlich Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) die Laudatio halten, nach deren Absage war Staatssekretärin Dorit Stenke dafür vorgesehen. Doch auch das klappte nicht. Schließlich übernahm Stormarns Schulrat Michael Rebling diesen Part. Den Kindern dürfte es egal gewesen sein, aus welchem Mund die lobenden Worte kamen. Sie erfreuten sich vielmehr an der Urkunde. Darüber hinaus gibt es 500 Euro. Das Geld soll in einen Barfußpfad investiert werden.

Jede Klasse ist derzeit einmal pro Woche im Schulwald

Das Insektenhotel (r.) haben die Jungen und Mädchen der Grundschule gebaut und aufgestellt.
Das Insektenhotel (r.) haben die Jungen und Mädchen der Grundschule gebaut und aufgestellt. © René Soukup

„Wir sind in Sachen Digitalisierung mit Tablets und Online-Unterricht zwar sehr gut aufgestellt, aber die Natur ist eine gute Alternative. Die Kinder brauchen Bewegung“, sagt Rektorin Claudia Dietrich-Wacker. Allein der Fußmarsch vom Schulgebäude bis zum Wald dauert rund zehn Minuten. Die 48-Jährige führt die Lehranstalt seit 2018 und hat die Aktivitäten im Schulwald in Absprache mit Jennie Köthke, stellvertretende Leitung beim offenen Ganztag, also der Nachmittagsbetreuung, intensiviert. Jede Klasse ist derzeit einmal pro Woche im Wald zum Unterricht in den Fächern Sachkunde oder Kunst. Iven hat Fotos von dem Ort gemacht, die in einer Vitrine der Grundschule nahe dem Eingang ausgestellt sind. Jüngst wurde auf dem Areal der Rotköpfige Feuerkäfer (Pyrochroa serraticornis) entdeckt. Drittklässler Finn hat ihn nachgemalt. Die Zeichnung hängt an einem Baum, gut geschützt vor Regen.

Die Kinder untersuchen auch Tierspuren, harken Laub, sammeln Müll, bauen Insektenhotels und haben Zäune aufgestellt sowie einen Wegweiser gebastelt – ein Holzstamm mit mehreren Schildern, auf denen die jeweiligen Stellen des Pfads vermerkt sind. An dessen Rand ist ein Bach, wo die Jungen und Mädchen Brücken aus dicken Ästen herstellen. Ein von ihnen kreierter Holzfliegenpilz steht in einem Bereich, der nicht betreten werden soll. Der Schulwald ist eng in das pädagogische Konzept eingebettet. Die Begeisterung begrenzt sich allerdings nicht nur auf den Unterricht. „Zwei Viertklässlerinnen haben bei mir vor Kurzem einen Antrag gestellt, weil sie die Umgebung nach der Schule nutzen wollen“, sagt Dietrich-Wacker. Natürlich hat sie zugestimmt. Rein formal wohlgemerkt. Die Mädchen hätten nicht fragen müssen. „Viele Kinder entdecken ganz neue Seiten an sich, erleben die Natur hautnah mit allen Sinnen“, sagt Köthke.

Vandalen wüteten zuletzt im März

Das grüne Klassenzimmer ist wieder auf Vordermann gebracht. Vandalen hatten es beschädigt.
Das grüne Klassenzimmer ist wieder auf Vordermann gebracht. Vandalen hatten es beschädigt. © René Soukup

Derzeit lernen an Stapelfelds Grundschule mit ihren elf Pädagogen 185 junge Menschen, sie leben auch in Braak und Brunsbek. 118 davon nehmen an der Nachmittagsbetreuung teil und halten sich dann oft im Schulwald auf. Dieser wurde im Oktober 2021 und März dieses Jahres von Vandalen heimgesucht. Die Zerstörungen waren erschreckend. Unter anderen wurden Teile des grünen Klassenzimmers abmontiert und mitgenommen. Die Polizei konnte die Täter nicht dingfest machen. Laut Dietrich-Wacker fahren die Beamten jetzt regelmäßig Streife und gehen das Gelände ab. Inzwischen sind zudem zwei Wildtierkameras installiert mit dem Nebeneffekt, dass sie auch Chaoten filmt, wenn diese zur Tat schreiten.

Die Rektorin lobt explizit den engen Austausch mit Anwohnern, die im Schulwald mit ihren Hunden spazieren gehen. „Sie melden sich bei uns, wenn zum Beispiel Jugendliche Treffs abhalten.“ Dankbar ist die Lehrerschaft für die Unterstützungs des Schulverbands nach Sturmschäden. Zweimal habe jener in diesem Jahr bereits Firmen beauftragt für Aufräumarbeiten, berichtet Dietrich-Wacker. Demnächst soll der Schulwald aufgeforstet werden. Diesen Job übernehmen aber nicht die Erst- bis Viertklässler.