Glinde. 22 Jahre alte Glinderin gehört zum Team des Deutschen Judo-Bunds für die am Donnerstag startende Weltmeisterschaft in Taschkent.
Wenn am Donnerstag, 6. Oktober, die Judo-Weltmeisterschaft in Taschkent (Usbekistan) beginnt (bis Donnerstag, 13. Oktober), sind auch zwei Glinderinnen dabei: Miriam Butkereit und Mascha Ballhaus. Während Butkereit bereits im vergangenen Jahr bei den Titelkämpfen in Ungarn überzeugte (fünfter Platz bis 70 Kilogramm), feiert Ballhaus bei den Frauen ihr Debüt. In der Gewichtsklasse bis 52 Kilogramm könnte sie auf die Olympiasiegerin Uta Abe (Japan) und die Weltranglistenzweite Amandine Buchard (Frankreich) treffen. Nach ihrem dritten Platz beim Grand Slam in Paris 2021 und einem fünften Rang bei der Europameisterschaft in Sofia in diesem Jahr hat die 22-Jährige schon bewiesen, dass sie auch bei den Frauen international mitmischen kann. Was ihr am Judo gefällt, wie sie Sport, Studium und Freizeit unter einen Hut kriegt und welche Ziele sie für die Weltmeisterschaft hat, hat sie unserer Redaktion vor der Abreise nach Usbekistan erzählt.
Als Petra und Sven Ballhaus ihre Tochter Mascha gemeinsam mit ihrer Zwillingsschwester Seija im Alter von vier Jahren beim TSV Glinde anmeldeten, konnten sie nicht ahnen, was sich daraus entwickeln würde. „Unsere Eltern wollten etwas anderes als Kinderturnen für uns finden“, sagt Mascha. Judo habe sofort gepasst – und so blieb es dabei, zunächst spielerisch, dann mit Ehrgeiz. Bis 2015 trainierten die beiden Schwestern beim TSV Glinde. Dann löste sich die Trainingsgruppe um Trainerin Swenja Krosien auf und sie wechselten zu Slavko Tekic zum TH Eilbeck. „Bis heute ist Glinde aber mein Herzensverein“, sagt Ballhaus.
Die Sportsoldatin studiert Ernährungswissenschaften
Nach internationalen Erfolgen bei Europa- und Weltmeisterschaften in den jüngeren Altersklassen folgte vor drei Jahren der Wechsel an den Olympiastützpunkt in München. Dort trainiert Ballhaus zehnmal die Woche von Montag bis Freitag Kraft, Ausdauer, Athletik, Technik und Randori (Kämpfen). Die Vielseitigkeit ist es, die den Judo-Sport für sie so faszinierend mache, so die Glinderin. „Im Judo musst du nicht nur schnell auf den Beinen, sondern auch so beweglich wie ein Turner sein“, sagt Mascha Ballhaus.
„Obwohl Norddeutschland mein Zuhause bleibt und die Ostsee und der Hamburger Hafen besonders sind, mag ich auch meine neue Heimat München“, sagt Ballhaus. „Das Freizeitangebot, die Berge und Seen in der Umgebung sind ziemlich cool.“ Viel Zeit verbringt die Judoka und Sportsoldatin jedoch nicht in der bayerischen Hauptstadt. Zwischen Trainingslagern in der Mongolei, Ungarn, Kroatien, Spanien und Italien sei sie in diesem Jahr maximal anderthalb Wochen am Stück dort gewesen. „Ich will manchmal gar nicht nachrechnen, wie wenig ich zu Hause bin“, sagt Ballhaus.
Daneben noch Zeit für Studium, Freizeit und Freunde zu finden, sei nicht immer einfach. „Zum Glück kann ich mein Fernstudium in Ernährungswissenschaften von überall aus machen“, sagt Ballhaus – auch wenn es schwierig sei, sich noch einmal zum Lernen hinzusetzen, wenn man einen harten und langen Trainingstag gehabt habe. Dann helfe es, wenn das ganze Team eine gemeinsame Lernsession einlege. „Viele studieren nebenbei und wir motivieren uns gegenseitig“, so Ballhaus.
Zwillingsschwester Seija ist international ebenfalls erfolgreich
Auch die meisten Freunde habe sie in ihrer Trainingsgruppe. „Zwischen den Trainingseinheiten quatschen wir und nach dem Training machen wir auch mal einen Spieleabend oder gehen gemeinsam in den Biergarten“, erzählt Ballhaus. „So merke ich manchmal gar nicht, wie viel wir eigentlich trainieren.“
Vorteil davon, dass alle den gleichen Sport machen, sei auch, dass die Freunde verstehen, wenn man wegen einer schwachen Trainingseinheit schlecht gelaunt sei, erzählt sie. Nur ihr Freund Nico Held, mit dem sie gemeinsam in München lebt, habe nichts mit Judo am Hut. „Mein Freund ist trotzdem einer meiner wichtigsten Unterstützer“, sagt Ballhaus.
Der andere wichtige Mensch in ihrem Leben ist ihre Zwillingsschwester Seija, die ebenso international erfolgreich in der Gewichtsklasse bis 57 Kilogramm kämpft – in diesem Jahr aber vom Verletzungspech verfolgt wird. Anfang des Jahres fiel sie wegen eines Meniskusrisses aus, dann zog sie sich eine Schultergelenksprellung zu. Das sei für beide ziemlich schwer, sagt Ballhaus. „Wir sind immer zusammen unterwegs gewesen, aber in diesem Jahr bin ich zu Turnieren und Trainingslagern fast immer alleine gefahren. Das fühlt sich komisch an.“
Auch als Trainingspartnerin vermisse sie ihre Schwester. Ihr könne man nämlich auch mal direkt ins Gesicht sagen, wenn sie einem zu langsam sei und flotter machen solle, so Ballhaus. Ende des Jahres hoffen die beiden wieder, gemeinsam auf der Matte zu stehen.
Davor steht aber noch die WM in Taschkent an. Ob Ballhaus aufgeregt ist? Momentan überwiege die Vorfreude, sagt sie souverän. Durch die Erfolge bei den jüngsten Wettkämpfen (zuletzt Erste bei den European Open im italienischen Riccione im September) habe sie nochmal Selbstbewusstsein getankt und nun große Lust zu kämpfen. Und ihre Ziele für die WM? „Meine bestmögliche Leistung zu zeigen“, sagt Ballhaus. „Solange ich am Ende des Tages das Gefühl habe, alles gegeben zu haben, bin zufrieden.“