Ahrensburg. SSC Hagen Ahrensburg machte sich für Verbleib von Frank Baah stark. Jetzt soll er Deutschland drei Tage vor dem Prozess verlassen.

Beim Pokalspiel der vierten Tischtennismannschaft des SSC Hagen Ahrensburg gegen den SV Preußen Reinfeld am Freitag gehörte Frank Baah zu den Gewinnern: Mit zwei Einzeln trug der Spieler zum 7:2-Sieg des SSC bei. Kaum einer ahnte, dass sich der beliebte Jugendtrainer seit dem Morgen desselben Tages als Verlierer fühlte, seit dem Zeitpunkt, als er eine zutiefst verstörende, niederschmetternde Nachricht erhalten hatte. Das Amt für Migration in Hamburg, wo der vor sieben Jahren aus Ghana geflüchtete Baah in einer Asylunterkunft untergebracht ist, forderte ihn auf, Deutschland bis zum 9. September zu verlassen – anderenfalls drohe ihm die Abschiebung.

Das Paradoxe daran: Die Frist ist so gewählt, dass Frank Baah bei der Hauptverhandlung in seinem eigenen Asylverfahren vor dem Verwaltungsgericht Hamburg nicht anwesend sein kann. Denn das ist drei Tage später auf den 12. September terminiert. Seitdem schläft Baah schlecht. Und wenn, wird er von Albträumen geplagt, bringt jedes nächtliche Motorengeräusch sein Herz zum Rasen. Er sagt: „Jedes Mal, wenn ich ein Auto höre, habe ich Angst, dass sie mich holen kommen.“

Er esse kaum noch etwas, außerdem erhalte er seit dem 2. September keine finanzielle Unterstützung mehr. „Bei der Flucht habe ich mein Leben riskiert, bei der Überfahrt nach Italien sind fünfzehn Menschen gestorben“, sagt Baah, der sich fragt, ob alles umsonst gewesen ist. Kein Geld und eine ungewisse Zukunft statt eines fairen Verfahrens – mit dieser Entwicklung haben weder er noch der SSC Hagen Ahrensburg gerechnet.

Frank Baah setzt alles daran, sich schnell zu integrieren

Da waren sie noch guten Mutes: Trainer Frank Baah (r.) und Erhard Mindermann von der Tischtennis-Abteilung des SSC Ahrensburg.
Da waren sie noch guten Mutes: Trainer Frank Baah (r.) und Erhard Mindermann von der Tischtennis-Abteilung des SSC Ahrensburg. © SSC Ahrensburg | Mindermann

Wie berichtet, hatte sich die Tischtennisabteilung des Sportvereins mit großem Engagement für ein Bleiberecht des Geflüchteten eingesetzt. Mit seiner zugewandten und zuverlässigen Art, seinem hilfsbereiten Wesen und seinem Einsatz hat sich der Tischtennisspieler nach seiner Ankunft in Deutschland 2020 auf eigene Initiative schnell im Vereinsleben integriert, trainiert dreimal wöchentlich die Nachwuchsspieler.

Als sein Asylgesuchen vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im März abschlägig beschieden wurde, sammelten die Vereinsmitglieder Geld, damit Baah einen Rechtsanwalt beauftragen konnte. Dieser reichte Klage beim Verwaltungsgericht Hamburg gegen den BAMF-Bescheid ein und erreichte eine Verlängerung des Bleiberechts bis zum 2. September. Das wäre auch ausreichend gewesen, Verhandlungstermin war am 18. August. Doch dann wurde Anwalt Kaihan Galanawi krank und der Termin wurde auf den 12. September verlegt.

Geflüchteter kann einen Vollzeit-Arbeitsvertrag vorweisen

Nach Angabe von Baah hat er der zuständigen Sachbearbeiterin beim Amt für Migration diesen Sachverhalt auch so geschildert. Daraufhin habe sie entgegnet, dass ihr das egal sei. Dabei ist Baah inzwischen gelungen, was nur wenige während eines laufenden Asylverfahrens erreichen: Im liegt ein Vertrag für eine Festanstellung in Vollzeit vor, den er nur noch unterschreiben müsste. Eine Arbeitserlaubnis vorausgesetzt, könnte er für seinen Unterhalt also selbst aufkommen.

Für Erhard Mindermann, Sprecher der Tischtennis-Abteilung des SSC, grenzt das Ganze an eine Posse. Er sagt: „Das Vorgehen ist unglaublich und es ist keine Logik darin erkennbar. Es muss Frank Baah ermöglicht werden, an seiner Verhandlung teilzunehmen.“ Die Behörde könne einem Gerichtsbeschluss doch nicht vorgreifen. „Das wirkt ja so, als ob sie das Urteil schon kennt.“ Im Verein verstehe das kein Mensch. „Wir leben ja in einem Rechtsstaat – oder habe ich da etwas verpasst?“, fragt Mindermann.

Kommt Kläger zum Prozess, könnte er verhaftet werden

Es gebe einen großen Mangel an Arbeitskräften. „Und dann kürzt man jemanden, der arbeiten will und Steuern zahlen könnte, aufgrund der Ausweisung zum 2. September das Geld.“ Wie Baah die Ausreise finanzieren soll, bleibt ungeklärt. Ist es Willkür oder Strategie, fragt sich Mindermann, dass man den Geflüchteten vor dem Prozess loszuwerden will?

Rechtsanwalt Kaihan Galanawi vertritt Frank Baah vor Gericht.
Rechtsanwalt Kaihan Galanawi vertritt Frank Baah vor Gericht. © Kaihan Galanawi

Laut Galanawi kann nicht ausgeschlossen werden, dass Baah festgenommen wird, sollte er vor Gericht erscheinen. Der Anwalt sagt: „Wenn er nicht persönlich auftaucht, wird das Gericht es hingegen so auslegen, dass er an dem Verfahren kein Interesse hat.“ Dass Baah in Italien, aber nicht in Deutschland als Flüchtling anerkannt ist, lässt das ganze Prozedere in noch fragwürdigerem Licht erscheinen.

Galanawi will jetzt einen Antrag auf Fristverlängerung zur Ausreise stellen. Für Frank Baah sind die bangen Tage des Wartens und Hoffens noch nicht zu Ende.