Ahrensburg. Nach einem Monat liegen den Finanzämtern erst 7,2 Prozent aller Erklärungen vor. Verbände üben heftige Kritik.
Seit 1. Juli sind auch Zehntausende Grundeigentümer im Kreis Stormarn aufgerufen, detaillierte Angaben zu ihren Grundstücken und Häusern zu machen. Hintergrund ist eine Grundsteuerreform und die damit einhergehende Neubewertung sämtlicher Immobilien. Bis 31. Oktober müssen die entsprechenden Erklärungen vorliegen. Die erste Zwischenbilanz fällt indes ernüchternd aus. Laut Silke Torp, Staatssekretärin im Finanzministerium, liegen in Schleswig-Holstein nach einem Monat erst 7,2 Prozent aller Erklärungen vor, abgegeben zumeist über das digitale Steuerportal Elster.
Christopher Vogt, den in Bad Oldesloe geborenen Vorsitzenden der FDP-Landtagsfraktion, wundert das nicht. „Die Grundsteuerreform entwickelt sich immer mehr zum Desaster für die neue Landesregierung“, so Vogt. Finanzministerin Monika Heinold habe sich für ein „viel zu bürokratisches Modell entschieden“, das zudem auch noch „maximal unfreundlich“ für die Schleswig-Holsteiner umsetzt werde.
Unterstützung durch Finanzministerium „ein schlechter Witz“
Was das Finanzministerium nach viel öffentlicher Kritik inzwischen an Unterstützung angeboten habe, sei ein schlechter Witz. „Es sagt viel über das Staatsverständnis der neuen Landesregierung aus, dass sie jetzt gerade mal einen Rückrufservice und einen Erklärfilm präsentiert, um den genervten Bürgern entgegenzukommen“, so Vogt.
Warum gebe es keine Hotlines, die auch am Abend und am Wochenende erreichbar seien, wenn die meisten Menschen Zeit für die Steuererklärung hätten? Und warum frage das Land weiterhin Daten ab, die den Behörden längst vorlägen?
Viele Anschreiben kamen zu spät und waren falsch adressiert
In die gleiche Kerbe schlägt Alexander Blažek, Vorstandsvorsitzender des Grundeigentümerverbandes Haus Grund Schleswig-Holstein. Er kritisiert, dass die Mehrzahl der Anschreiben seitens der Finanzämter erst nach Fristbeginn bei den Grundeigentümern eingegangen und vielfach falsch adressiert gewesen seien. Zudem hätten Angaben zu den notwendigen Flurstücken und maßgeblichen Bodenrichtwerten gefehlt.
„Heinold muss den Häuslebesitzern jetzt helfen“, fordert Blažek und dürfe nicht alle Probleme bei der Umsetzung der Reform den Finanzämtern aufbürden. Stattdessen gebe es noch nicht mal eine zentrale E-Mailadresse für Bürgeranfragen zur Grundsteuer, analog zur E-Mail des Landes für Fragen zur Corona-Pandemie.
1,3 Millionen Grundstücke müssen neu bewertet werden
Für sozial ungerecht und unausgegoren hält die Grundsteuerreform der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW). „In besonders nachgefragten Quartieren, dürfte sich die Grundsteuer verdoppeln oder gar verdreifachen“, sagt VNW-Direktor Andreas Breitner. In der Folge würden Stadtteile, die sich durch Wohngebäude aus der Gründerzeit oder eine besonders gute Lage auszeichnen, für Menschen mit mittlerem und geringem Einkommen unbezahlbar sein. „Statt gemischter Quartiere wird es künftig vermehrt Segregation geben“, so Breitner.
Er fordert Ministerpräsident Daniel Günther auf, Führungsstärke zu zeigen und sich für ein sozial gerechteres Modell zu entscheiden. Unterdessen hat Bundesfinanzminister Christian Lindner bereits eine Fristverlängerung in Aussicht gestellt. Im Rahmen der Grundsteuerreform müssen rund 1,3 Millionen Grundstücke in Schleswig-Holstein neu bewertet werden.