Trittau. Neunzehnjährige gründen Ortsgruppe der Partei des Fortschritts, planen Antritt zur Kommunalwahl. So wollen sie Bürger erreichen.

Fünf junge Trittauer sind angetreten, die Politik in der Gemeinde gehörig aufzumischen. Weil sie sich mit den etablierten Parteien nicht identifizieren können, haben sie sich der 2020 gegründeten Partei des Fortschritts (PdF) angeschlossen und eine eigene Ortsgruppe in der Gemeinde gegründet.

Sötje Özen, Tim Lutz, Elias Geercken, Lea Seefeldt und Sohail Farid (alle 19) verfolgen ein ambitioniertes Ziel: Sie wollen bei der Kommunalwahl am 14. Mai 2023 antreten. Bis dahin bleibt der Gruppe nicht mal ein Jahr Zeit, die Bürger zu überzeugen, dass es sich für sie auszahlt, die PdF zu wählen.

Bedingungen in Trittau sind nicht attraktiv für Jüngere

Doch der Vorsitzende Elias Geercken gibt sich optimistisch und hoch motiviert. Er sagt: „Wir wollen zeigen, dass auch die Jungen was leisten können.“ Viele zögen weg, weil die Bedingungen gerade für ihre Generation nicht attraktiv seien. Außerdem könnten junge Menschen sich keine Wohnung in Trittau leisten. „Wenn wir wollen, dass junge Menschen sich hier engagieren und sich ihre Kreativität in Trittau widerspiegelt, muss sich auf vielen Ebenen etwas ändern.“

Mangelnde Attraktivität ist bei Weitem nicht der einzige Punkt, den die Nachwuchspolitiker kritisieren. Geercken sagt: „Erstens fehlt es den etablierten Parteien an Ehrlichkeit.“ Diese Ehrlichkeit gegenüber den Bürgern sei aber sehr wichtig. Der zweite Punkt sei, dass Projekte oft nicht umgesetzt, sondern verzögert würden. „Drittens finden wir es schade, dass Leute, die sich beteiligen wollen, sowie neue Ideen und neue Konzepte aufgrund bestehender Strukturen kein Gehör finden“, sagt er.

Die Nachwuchspolitiker wollen Verantwortung ergreifen

Bei der PdF sei das anders. „Bei uns entscheiden nicht die Obersten, sondern die Mitglieder gemeinsam und legen das den Gremien vor, um abzustimmen“, so Geercken weiter, der als Erster auf die Partei aufmerksam wurde. Tim Lutz, ebenfalls im Vorstand, sagt: „Man kann leicht mitwirken und wird von der Partei stark gefördert und unterstützt.“ Für beide ist elementar, dass sich die PdF in der politischen Mitte verorte und keine Elitenpolitik betreibe, sondern soziale und Umweltschutzaspekte eine Rolle spielten.

Lutz berichtet, dass er sich schon lang für Politik interessiert. Trotzdem habe er erst einmal überlegt, ob er zum jetzigen Zeitpunkt aktiv werden wolle. Denn vor ihm liegt das Abschlussjahr, das er wie seine Mitstreiter an der Hahnheide-Schule absolviert. Als Einziger aus der Gruppe hat Sohail Farid in diesem Jahr das Abitur abgelegt, die anderen vier wiederholen aufgrund von Corona das Schuljahr freiwillig. Einige haben bereits Erfahrung als Schülersprecher gesammelt. So auch Elias Geercken, der zudem mit anderen im März 2020 die Initiative für den neuen Jugendbeirat ergriffen hatte – und damit bei den Gemeindevertretern auf wenig Unterstützung gestoßen war.

Von anderen Parteien lassen sie sich nicht vereinnahmen

Trotzdem zeigt sich die PdF offen für eine Zusammenarbeit mit anderen – bis auf eine Ausnahme. „Auf keinen Fall mit der CDU.“ Die Frage, ob diese Entscheidung auf seine bisherige Erfahrung als Mitinitiator des Jugendbeirats zurückzuführen ist, beantwortet Geercken mit einem Lächeln, wird aber nicht konkreter.

„Den anderen Parteien fehlt das, was wir sind: der Nachwuchs“, stellt der Jungpolitiker fest. Es habe bereits Angebote gegeben, sich anderen anzuschließen. Doch das hätten sie abgelehnt, weil sie vom großen Potenzial ihrer eigenen Partei überzeugt seien. Potenzial sieht Tim Lutz vor allem bei der Digitalisierung. So will die PdF den konsequenten Ausbau mit Glasfaser und Mobilfunkmasten in ganz Deutschland voranbringen. Und Chancengleichheit in Sachen Internetversorgung und Netzneutralität herstellen.

Mit Fragebögen sollen Bürgeranliegen ermittelt werden

Auf kommunaler Ebene wollen die fünf ihre Themen jedoch näher an den Bedürfnissen der Trittauer ausrichten. Timm Lutz: „Wir werden den Dialog mit den Bürgern suchen, um zu erfahren, was sie wollen. Außerdem haben wir bald ein Treffen, bei dem wir besprechen, wie man das am besten aufzieht.“ Sein Parteifreund ergänzt: „Wir müssen erst sehen, wo die Fehler liegen. Wir wollen ein Sprachrohr für die Trittauer sein.“ Einen Fragebogen hätten sie bereits erstellt, Flyer würden gerade überarbeitet, denkbar seien außerdem Infostände und Gesprächsrunden. „Wir werden Plakate aufhängen und bekommen unsere eigene Unterseite auf der Homepage.“

Einige Handlungsfelder hat die Gruppe schon definiert: beispielsweise in der Ortsmitte, bei der Förderung von Kunst und Kultur und der Sanierung von Straßen. Trittau fehle ein lebendiges Zentrum, kritisieren sie. Jugendliche bräuchten Plätze, an denen sie sich außerhalb der Öffnungszeiten des Jugendzentrums treffen könnten. „Und wir brauchen mehr kleine Feste, das täte allen Bürgern gut“, meint Geercken. Sie hätten schon reichlich Ideen, „aber wir müssen erst einmal sehen, wie das mit den Finanzen aussieht“.

Die Meinung von Experten sollte nicht ignoriert werden

Es ist offensichtlich, dass diese jungen Trittauer darauf brennen, die Zukunft ihrer Gemeinde mitzugestalten. Ihr Engagement stößt in ihrer Partei, die sich ebenfalls in der Findungsphase befindet, auf offene Ohren. Für beide gilt: Die Grundlage ist gelegt, die Arbeit an der Vision hat gerade begonnen.

„Wir sind von Anfang an dabei und können mitbestimmen und die Themenfelder auf das Volk ausrichten“, meint Tim Lutz. „Wenn wir ein Konzept aufstellen, ziehen wir Experten in Bereichen zurate, in denen wir nicht alles wissen“, ergänzt Geer­cken. „Wenn wir uns Fachleute einladen, dann jedenfalls nicht, um anschließend deren Meinung zu ignorieren.“ Ein Seitenhieb gegen das von der Trittauer Politik in Auftrag gegebene und dann verworfene Ortsmarketingkonzept. „Unser Agieren ist durchdacht“, sagt Geercken und kündigt an: „Wir sind zwar eine kleine Partei, aber wir können den altgedienten zeigen, wo der Hammer hängt.“

Kontakt per E-Mail an trittau@partei-des-fortschritts.de, Instagram-Kanal: pdf.trittau

Partei des Fortschritts: Werte und Ziele

Die Partei des Fortschritts wurde 2020 in Köln gegründet und hat aktuell mehr als 170 Mitglieder. Sie definiert sich als „eine Partei der organisierten Basisdemokratie“. Sie bekennt sich zum Grundgesetz, zur Europäischen Union und dem Völkerrecht. Extremistische oder ideologische Standpunkte lehnt sie ab. Auf ihrer Website sind etliche Parteien und Gruppierungen aufgeführt, mit denen sie eine Zusammenarbeit ausschließt – darunter Querdenken, Identitäre Bewegung, KPD, Islamischer Staat und Pogo-Partei.

Ihre Devise lautet Fortschritt für alle. Menschen sollten sich individuell entfalten können, unabhängig von „Geschlechtern, Religionen, Kulturen oder anderen sozial-normativen Merkmalen“. Zu den Zielen zählen die Bekämpfung von Steuerbetrug, gerechteres Krankenkassensystem, höherer Lohn für Pflegeberufe, Förderung regenerativer Energien. Die PdF setzt sich für ein pluralistisches Familienbild, Erhaltung der Biodiversität, kostengünstigen ÖPNV und bundeseinheitliche Bildungsstandards ein.