Glinde. Hilferuf war erfolgreich. Auch Zahl der Kunden hat inzwischen abgenommen. Jetzt kommen donnerstags rund 100 Personen zur Ausgabe.
Die Belastungsgrenze war überschritten. Immer mehr Kunden und zugleich weniger Lebensmittelspenden – darauf reagierten die Verantwortlichen der Glinder Tafel mit einem Aufnahmestopp. „Wir hatten im Mai Höchststände mit 130 Menschen“, sagt die stellvertretende Vorsitzende Sylvia Stühmer. Inzwischen hat sich die Lage entspannt, rund 100 Personen kommen derzeit jeden Donnerstag zum Gutshaus und holen sich Lebensmittel-Tüten ab. Auch personell hat sich beim Verein einiges getan. Er konnte neue Hilfskräfte gewinnen.
Vorausgegangen war ein Hilferuf. Vor rund zwei Monaten trafen sich Stühmer und Tafel-Chef Alfons Stanetzek mit Bürgermeister Rainhard Zug sowie Bürgervorsteher Martin Radtke (CDU) im Rathaus. Man beschloss, das Problem in der Stadt publik zu machen und initiierte eine Spendenkampagne. Involviert waren auch die beiden Edeka-Läden. Dort lief es so: Kunden kauften Artikel für die Tafel und ließen sie für die Abholung zurücklegen. Große Plakate in den Geschäften wiesen auf die Aktion hin.
Bürger spendeten bis zu 100 Euro an die Tafel
„Wir sind den Betreibern unheimlich dankbar, auch wenn auf diesem Weg nicht so viel zusammenkommen ist wie erhofft“, sagt Stühmer. Dafür hätten Glinder vermehrt direkt die Tafel im Vorfeld des Ausgabetermins angesteuert und Waren abgegeben. „Die Auswahl für unsere Kunden ist dadurch vielfältiger geworden. Wichtig ist, dass die Leute unterschiedliche Lebensmittel erhalten.“ Sie berichtet von Menschen, die selbst gemachte Marmelade gebracht hätten und Spielzeug sowie Stofftiere für Kinder.
Doch damit nicht genug. Die stellvertretende Vorsitzende weist auch auf Einzelspenden hin in Höhe von bis zu 100 Euro. „Und bei uns sind drei Damen eingestiegen, die beim Packen der Tüten helfen, dazu zwei Männer. Einer unterstützt beim Aufbau, der andere holt Waren vom Wochenmarkt.“ Die Händler verkaufen Produkte am Mittwoch. Tafel-Kräfte sind dann im Einsatz. Auch auf dem Markt bekommen sie nun mehr. „Ein Bäcker hat die Brot-Spende erhöht“, sagt Stühmer. Ein weiterer mit einer Filiale in der Innenstadt wurde vor Kurzem akquiriert.
„Wir kommen jetzt mit der Menge an Kunden und Essen klar“, sagt Stühmer mit Blick auf die aktuelle Lage. Früher kamen in der Regel rund 80 Abholer. Der Anstieg hängt auch mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine zusammen. Geflüchtete machen von dem Angebot Gebrauch. Stühmer: „Mit wurde zugetragen, dass einige inzwischen in ihre Heimat zurückgekehrt sind.“
Kunden zahlen einen Euro unabhängig von Warenmenge
Die Glinder Tafel hat Räume im Keller des Gutshauses an der Möllner Landstraße, wo Sachen gelagert und gepackt werden. Die Ausgabe ist in einem Zelt vor dem Gebäude. Rund 100 Kisten Lebensmittel plus die Waren vom Wochenmarkt werden jeden Donnerstag in Tüten umsortiert und dann an Hilfsbedürftige abgegeben. Der Kunde zahlt einen Euro unabhängig von der Menge. Wer zum Beispiel eine größere Familie mit mehreren Kindern hat, bekommt nicht nur einen Beutel. Es werden zudem Menschen aus Oststeinbek bedient, weil die Nachbarkommune keine Tafel hat.
Pro Öffnungstag benötigt die Tafel etwas mehr als 20 Kräfte. Los geht es für Kunden um 13.45 Uhr mit dem Ziehen von Nummern. Schwangere und Menschen mit Rollator werden jedoch vorgezogen und müssen nicht lange anstehen. Zuletzt waren einige Tafel-Kräfte mit Corona infiziert, andere mussten einspringen. Stühmer organisierte trotz Urlaubs in Südtirol Ersatz. Sie sagt: „Unsere Helfer leisten viel.“
Der Verein wurde im Dezember 2007 mit dem Namen „Der Glinder Tisch“ als Tochter der Bergedorfer Tafel gegründet. Nach der Trennung von den Hamburgern änderten die Glinder 2013 ihre Bezeichnung. Mehr als 100 Mitglieder zählt die Organisation, etwa die Hälfte davon hilft beim Sortieren und Packen der Tüten oder holt die Waren ab. Ein Fahrerteam steuert mit einem Kleinbus Supermärkte an. Die Glinder Tafel erhält keine Zuschüsse von der Stadt, alle Mitarbeiter sind ehrenamtlich tätig.