Trittau. Saskia Betke wechselt von Oststeinbek zum Amt Trittau. Ihr Ehrenamt will sie trotzdem behalten. Hier spricht sie über ihre Pläne.

Seit Ende August 2021 ist die Position der Gleichstellungsbeauftragten des Amtes Trittau unbesetzt. Was der Auslöser für den Wechsel der früheren Stelleninhaberin Inge Diekmann zur Stadt Segeberg war, ist nicht bekannt. Fakt ist jedoch, dass sie keinen leichten Stand hatte, dass sogar mancher Gemeindevertreter ihre Tätigkeit schlichtweg für überflüssig hielt. Nicht zu vergessen der Vorschlag aus den Reihen der Trittauer Politik, den Posten mit einem Mann zu besetzen, „weil es schließlich um Gleichberechtigung geht“.

Doch es ist inzwischen beschlossene Sache, dass sich künftig wieder eine Frau für Geschlechtergerechtigkeit und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie im Amtsgebiet einsetzen wird: Saskia Betke tritt am 11. Juli die Nachfolge von Inge Diekmann an. In Vollzeit, mit mehr Stunden als ihre Vorgängerin. Die 28-Jährige bringt Erfahrung auf dem Gebiet mit. Seit April 2021 ist sie in Oststeinbek ehrenamtlich als kommunale Gleichstellungsbeauftragte tätig. Dass sie dieses Amt trotz ihrer neuen beruflichen Aufgabe beibehalten will, beweist, wie sehr sie für das Thema brennt und es mit Leidenschaft und Eigeninitiative angeht.

Den Masterabschluss hat sie im Studiengang „Europäisches Regieren“ abgelegt

Letztere zählt zu den Eigenschaften, die in der Stellenausschreibung gefordert waren. Ebenfalls erwünscht waren Durchsetzungsvermögen, Konfliktfähigkeit und Verhandlungsgeschick. Denn all das wird Betke brauchen, wenn sie ihre Projekte verwirklichen und ihre Ziele in einem eher konservativ geprägten politischen Umfeld erreichen will.

Trittau Bürgermeister Oliver Mesch sagt: „Durch das besondere Auswahlverfahren genießt Saskia Betke einen großen Rückhalt, weil sie die Wunschkandidatin aller ist.“
Trittau Bürgermeister Oliver Mesch sagt: „Durch das besondere Auswahlverfahren genießt Saskia Betke einen großen Rückhalt, weil sie die Wunschkandidatin aller ist.“ © Elvira Nickmann

Betke hat ihren Masterabschluss im Studiengang „Europäisches Regieren“ abgelegt. Das Studium beschreibt sie als „eine Mischung aus Politik, Wirtschaft und Sozialwissenschaften“. Während der Studienzeit entdeckte sie ihr Interesse für Gleichstellung und Frauenförderung.

Betke sagt: „Ein Seminar hieß ,Arbeit im Wandel‘, und es ging darum, was als Arbeit deklariert wird und was nicht.“ Das Seminar habe die ungerechte Verteilung zwischen den Geschlechtern und deren Folgen deutlich gemacht. „Wer Erziehungszeiten in Anspruch nimmt, verdient viel weniger, was zu Einkommens- und Rentenlücken und zu statistischer Diskriminierung bezüglich der Leistung von Frauen führt“, erläutert sie.

Sie nennt ein typisches Beispiel für die unterschiedliche Wertigkeit: „Die Leistungsfähigkeit einer Frau, die sich vor und nach dem Job um die Kinder kümmert, wird von ihrem Boss als weniger hoch angesehen als die eines Mannes, der nebenbei für einen Marathon trainiert.“

Sie habe nach dem Studium hauptamtlich in der Gleichstellung oder Frauenförderung arbeiten wollen, sich dann aber für die ehrenamtliche Stelle in Oststeinbek beworben. Im Hauptjob habe sie als Vollzeitspringerin in der Gemeindeverwaltung gearbeitet. Eine gute Entscheidung, da sie sich zusätzlich verwaltungstechnische Kenntnisse aneignete, die sie für ihre neue Aufgabe gut gebrauchen kann.

Voraussetzungen, die den Trittauer Bürgermeister Oliver Mesch überzeugt haben. Er sagt: „Saskia Betke bringt mit Studium und Verwaltungskenntnissen das nötige Handwerkszeug mit.“ Deswegen habe sie ein gutes Gesamtpaket, die Gleichstellung auf gesellschaftlicher Ebene sowie in der Verwaltung voranzubringen. „Das Gute ist ja, dass wir konsensual ausgewählt haben mit Vertretern des Amtes und Mitgliedern der Fraktionen und aus der Gemeindeverwaltung.“ Durch dieses besondere Auswahlverfahren genieße die neue Gleichstellungsbeauftragte einen großen Rückhalt, weil sie die Wunschkandidatin aller sei.

Es ist ein fraktionsübergreifendes Treffen mit Kommunalpolitikerinnen geplant

Die Gleichstellungsbeauftragte sei weisungsfrei, so Mesch. Sie müsse jedoch bei der Politik werben, dass sie die notwendigen Mittel für ihre Projekte bekomme. Da kann ein langer Atem nicht schaden. „Ich habe in der Verwaltung gelernt, dass manche Vorgänge einfach Zeit brauchen“, sagt Betke. Gewöhnungsbedürftig für eine Frau, die anpacken und etwas bewirken will. Sie möchte aufklären, zum Beispiel indem sie Tagesmütter und -väter sowie Kindergärten mit Literatur ausstattet, die von Anfang an die Akzeptanz von Diversität fördert. Oder ein Projekt verwirklichen, das sie in Oststeinbek umgesetzt hat: Wartebereich und Toiletten im Verwaltungsgebäude mit Infomaterial über Themen wie häusliche Gewalt, Schwangerschaft und Beratungsangebote auszustatten. „Denkbar wäre, das auf andere öffentliche Liegenschaften wie Sporthallen und Schulen auszuweiten.“ Das seien kleine Projekte, die sie gut angehen könne.

Betke will zu mehr Gerechtigkeit für Mütter und Väter beitragen und dazu, dass bei gleicher Eignung mehr Frauen in Führungspositionen arbeiten und die tarifliche Einstufung angemessen ist. So wirkt sie an jeder personellen Entscheidung mit und prüft alle Vorhaben im Hinblick auf mögliche Auswirkungen auf Geschlechtergerechtigkeit. „Und ich werde mich stark für den Frauenförderplan einsetzen“, kündigt sie an. Ihre Expertise ist gefragt, nicht nur bei der Fortschreibung des alten Plans, sondern auch bei der anschließenden Umsetzung.

Außerdem ist ein fraktionsübergreifendes Treffen mit Kommunalpolitikerinnen geplant, und Betke will Kontakt zu anderen hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten aufnehmen. „Ich glaube, dass ich viel lernen werde“, sagt sie. „Es ist gesellschaftliche Realität, dass Frauen eine hohe intrinsische Motivation haben“, meint Mesch. Aus dem Mund von Saskia Betke klingt das so: „Ich freue mich auf jede Woche, in der ich mich in Vollzeit mit Gleichstellung beschäftigen darf.“