Bad Oldesloe. Kreisverwaltung begrüßt Umfrage an Berufsschule Ahrensburg. Umstellung auf elektrisch betriebene Busse wird forciert.
Es war ein nachgerade dramatischer Appell, den Johannes Kahlke im Verkehrsausschuss des Kreises an die Mitglieder des Gremiums und die anwesenden Vertreter der Stormarner Verwaltung richtete. „Die Anbindung an den Öffentlichen Personennahverkehr ist längst zu einem wichtigen Standortfaktor für die duale Ausbildung geworden“, sagte der Leiter der Beruflichen Schule in Ahrensburg. Im Wettbewerb mit der benachbarten Metropole Hamburg seien die Fachkräfte von morgen für den Kreis schnell verloren, wenn es nicht gelinge, den Berufsschülern ausreichende und verlässliche Busverbindungen zur Schule und den Ausbildungsbetrieben anzubieten.
2200 Schüler sollen umfassend befragt werden
Wer sich erst einmal für eine Berufsschule in der Hansestadt entschieden habe, dort eine Wohnung bezogen und vielleicht die Liebe gefunden habe, kehre nach dem Abschluss meist nicht nach Stormarn zurück. „Viele Unternehmen im Kreis suchen schon jetzt händeringend Nachwuchskräfte, da gibt es klare Signale aus der Kreishandwerkerschaft. Deshalb müssen wir den Sog nach Hamburg unbedingt stoppen“, sagt Kahlke.
Anlass für seinen Vorstoß im Verkehrsausschuss war eine Schulkonferenz, in der Elternvertreter deutliche Kritik am Schulbusverkehr äußerten. Nun plane die Berufsschule in Ahrensburg eine umfassende Befragung unter den mehr als 2200 Schülern zwischen 15 und 28 Jahren.
An der BS Ahrensburg gibt es fünf Schulformen
Ihnen werden in Ahrensburg fünf Schulformen angeboten. Neben der Berufsschule für Auszubildende die Fachoberschule, die Berufsoberschule, neuerdings auch für die Fachrichtung Gesundheit und Soziales, sowie die Berufsfachschulen für Gesundheit und Ernährung, Wirtschaft, den kaufmännischen Bereich und Sozialpädagogik. Neben diversen Berufsabschlüssen können auch sämtliche allgemeinbildenden Schulabschlüsse erworben werden.
Björn Schönefeld, ÖPNV-Fachmann der Kreisverwaltung, begrüßt die Befragung an der Ahrensburger Berufsschule. „Eine grundlegende Analyse woher die Schüler kommen und welche Wege sie im Zusammenhang mit ihrer Ausbildung zurücklegen müssen, hilft uns, den Busverkehr bedarfsgerecht aufzustellen und zu steuern“, erklärte Schönefeld.
Finanzielle Entlastung durch Schüler-Ticket
Es bleibe indes eine schwierige Aufgabe, da das Einzugsgebiet der Berufsschule „immens groß“ sei und alle Wünsche deshalb kaum umzusetzen seien. Andererseits habe sich bei der Tarifgestaltung schon einiges getan. Nicht zuletzt mit der Einführung des preisgünstigen Schüler-Spezial-Tickets für Vollzeitschüler an Berufsschulen und Oberstufenschüler ab Klasse 11.
Dass die Schülerverkehre schon heute ein erheblicher Kostenfaktor sind, zeigte sich in einer erheblichen Nachforderung der Autokraft für den Zeitraum zwischen August 2020 und August 2021. Die Tochter der Deutschen Bahn organisiert den Busverkehr im Herzogtum Lauenburg, bedient aber auch mehrere Linien, die durch Stormarn führen. Dazu zählen etwa Schülerverkehrslinien in Bargteheide, Trittau (je 2) und Mollhagen, sowie drei Regionallinien zwischen Lübeck und Trittau, Ratzeburg und Ahrensburg, sowie Ratzeburg und Bad Oldesloe.
Autokraft forderte Nachzahlung von 534.000 Euro
Laut Autokraft ist es im besagten Zeitraum zu diversen Zubestellungen und Fahrzeitverlängerungen gekommen. Das habe zu einer Zunahme von Leerfahrten und „unproduktiven Fahrpersonalstunden“ geführt, die wiederum erhebliche Kostensteigerungen verursacht hätten.
Alles in allem summierten sich die Mehrkosten nach Angaben des Verkehrsunternehmens auf 534.000 Euro. Da die Autokraft das aber nach Ansicht der Vertragspartner Kreis Herzogtum Lauenburg (65 Prozent Anteil), Kreis Stormarn (25 Prozent) und Stadt Lübeck (10 Prozent) zu spät moniert hatte und es zudem viel Kritik an der Leistungserbringung gab, wurde der Nachforderungsbetrag in den Nachverhandlungen letztlich auf 275.000 Euro fixiert. Davon hat der Kreis Stormarn einmalig 69.000 Euro zu tragen. „Wir haben dem zugestimmt, schließlich sind wir nicht als Erbsenzähler bekannt“, so Reinhard Niegengerd von der SPD-Kreistagsfraktion.
VHH soll Ahrensburg mit E-Bussen befahren
Unterdessen plant der Kreis das Busnetz Ahrensburg ab Dezember 2024 direkt an die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) zu vergeben und alle 16 Linienverkehre inklusive Nachtbuslinien und Schülerverkehr dann nur noch mit elektrisch betriebenen Bussen zu bedienen. „Damit wollen wir dem Gesetz über die Beschaffung sauberer Straßenfahrzeuge und dem Kreistagsbeschluss zur Erreichung des 1,5-Grad-Klimaziels Rechnung tragen“, sagt ÖPNV-Experte Schönefeld.
Der Start soll zügig mit 20 Fahrzeugen erfolgen. Dafür ist eine Umrüstung des Betriebshofs in Ahrensburg geplant. Damit auf diese Weise künftig eine vollständige Beladung der Fahrzeuge vor Ort möglich ist. Die VHH haben bereits über mehrere Jahre Erfahrungen im Einsatz mit elektrisch betriebenen Bussen und der Umrüstung von Betriebshöfen gesammelt.
CDU sieht Festlegung auf E-Antriebe kritisch
Damit sie in Ahrensburg Ende 2024 aber sofort durchstarten können, bedarf es eines zeitlichen Vorlaufs von etwa zwei Jahren. „Deshalb sollten die Verhandlungen nach der Sommerpause beginnen und möglichst zum Jahreswechsel 2022/2023 abgeschlossen sein“, sagt Björn Schönefeld. Die CDU sieht die einseitige Festlegung auf E-Antriebe indes kritisch. „Warum vergeben wir das Netz bei einer Vertragslaufzeit von zehn Jahren nicht technologieoffen“, fragte Dennis Möck mit Blick auf Wasserstoff. Seine Fraktion beantragte deshalb ebenso weitergehenden Beratungsbedarf wie die FDP.