Glinde. Das Kulturdenkmal verkommt. Untätigkeit des Eigners ärgert auch Politik. Stadt erwägt nun Gang vors Gericht für ein Enteignungsverfahren.
Die Kommunalpolitiker in Glinde lassen nichts unversucht, um die Suck’sche Kate vor dem Verfall zu retten. Das 1855 erbaute, reetgedeckte und unbewohnte Haus ist das älteste in der Kommune und genießt als Kulturdenkmal Bestandsschutz. Der Eigner löst die seit Jahren versprochene Sanierung nicht ein. Nun ziehen die Entscheidungsträger alle Register. Womöglich geht die Stadt vor Gericht, leitet ein Enteignungsverfahren ein. Oder sie drängt auf eine sogenannte Ersatzvornahme. Das kann teuer werden. Im schlimmsten Fall zahlt sie nämlich dafür, um das Gebäude auf Vordermann zu bringen – und bleibt auf den Kosten sitzen.
Wissenschaftlerin soll Gutachten erstellen
Die Politiker hatten entschieden, eine Wissenschaftlerin mit der Erstellung eines Gutachtens zu beauftragen. Ziel ist, Handlungsoptionen für die Stadt aufzuzeigen – und den Druck auf den Eigentümer, einem Geschäftsmann aus Hamburg-Bergedorf, zu erhöhen. Im Bauausschuss diskutierten die Parteien nun über das Thema. Dabei ging es um einen Antrag der SPD, der mit großer Mehrheit beschlossen wurde. Darin heißt es unter anderem, dass die im Gutachten „vorgeschlagenen Maßnahmen in Abstimmung mit der Kanzlei sofort einzuleiten sind“. Im zweiten Absatz sind ergänzend Ersatzvornahme und Einleitung einer Enteignung aufgeführt, die in Betracht kämen.
Welchen Weg Glinde einschlägt, hängt auch von Bürgermeister Rainhard Zug ab. Er soll jetzt Rücksprache mit Experten halten. Der Verwaltungschef möchte zur Angelegenheit keine langen Ausführungen machen, sagt nur: „Ich soll alle Möglichkeiten prüfen.“ Zug hatte jüngst vermehrt Kontakt zum Eigentümer und war optimistisch, dass die Sanierung beginnt. Sie war für März angekündigt – geschehen ist nichts.
„Wir dulden diese Verzögerungstaktik nicht länger. Der Eigner führt uns an der Nase herum“, sagt SPD-Fraktionschef Frank Lauterbach. Auch Grünen- Ortsvorsitzender Jan Schwartz wettert: „Wir müssen jede Möglichkeit ergreifen.“ Dazu gehört auch die Ersatzvornahme, laut Baurecht eine Mängelbehebung durch Dritte. Demnach könnte Glinde vor Gericht eine Sanierung auf eigene Kosten durchsetzen, müsste das Geld dann vom Eigner einfordern. Ob der zahlen würde, ist ungewiss. „Was bleibt uns anderes übrig, wenn wir das Denkmal erhalten wollen?“, fragt Schwartz. Um die Kate wieder in ihren ursprünglichen Zustand zu versetzen, fallen nach Expertenangaben Kosten in Höhe von mehr als 600.000 Euro an.
Baugenehmigung für die Sanierung liegt seit 2017 vor
Eine Enteignung ist ebenfalls schwer durchzusetzen. Laut Michael Paarmann, Leiter des Landesamtes für Denkmalpflege, hat es so eine in der Nachkriegsgeschichte in Schleswig-Holstein auf seinem Gebiet noch nicht gegeben. Der Auflage der Unteren Denkmalschutzbehörde des Kreises Stormarn, das Gebäude standsicher zu machen, ist der Eigner nachgekommen. Dazu reichte eine Plane auf dem Dach sowie Stützbalken an der Außenwand. Trotzdem verkommt das Haus an der Dorfstraße weiter. Eine Baugenehmigung für die Sanierung liegt seit 2017 vor, läuft aber im Sommer 2020 aus. Wenn sie nicht verlängert wird, reicht das Aufstellen eines Bauzauns aus, um das Projekt zu starten. Der Eigner könnte es über Jahre weiter verzögern, ohne das Gebäude anzufassen. Das sagte eine Expertin dem Abendblatt, die namentlich nicht genannt werden will.
Der Hamburger hatte die Kate 2012 erworben. Das war möglich, weil die Stadt ihr Vorkaufsrecht ungenutzt ließ. Inzwischen bereuen es die Politiker. Jetzt würden sie auch Geld in die Hand nehmen, damit das Haus ins Eigentum der Stadt übergeht. „Der Eigner hat einen Verkauf aber mehrmals abgelehnt“, sagt Bürgermeister Zug. Der Geschäftsmann stand dem Abendblatt für eine Stellungnahme zum wiederholten Mal nicht zur Verfügung.