Ammersbek. Interessenten müssen Gebot für Objekt in Ammersbek bei Makler abgeben. Voraussetzung ist Konzept, Vergabekriterien nicht transparent.
Wer sich in jüngster Zeit auf dem Immobilienportal www.immobilienscout24.de über die zum Kauf stehenden Häuser in Ammersbek informieren wollte, konnte unter den vorgeschlagenen Objekten ein bekanntes Gebäude mit reger Vergangenheit entdecken: Das Haus am Schüberg, einstmaliger kirchlicher Bildungsort des Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreises Hamburg-Ost und Heimat des Kunst- und des UmweltHauses, ist online als „Seminar- und Tagungszentrum mit Beherbergungsmöglichkeiten“ für einen Kaufpreis von zwei Millionen Euro inseriert. Ein Schnäppchen, könnte man meinen, bei einer Gesamtfläche von fast 2000 Quadratmetern und mehr als 12.000 Quadratmeter Grundstücksfläche. Doch der Teufel liegt in den Details.
Kleingedrucktes steht ganz unten unter Sonstiges
Von denen erfährt der Nutzer erst ganz unten auf der Seite unter dem Punkt „Sonstiges“. Dort heißt es „Der Flächennutzungsplan weist eine Zweckbindung für den Gemeinbedarf mit der Zuordnung Kirche/kirchliche Zwecke und soziale Zwecke aus.“ Das Objekt werde im sogenannten Gebotsverfahren verkauft. Und weiter: „Sie besichtigen und informieren sich im Vorhinein über die Immobilie, danach haben Sie Zeit bis zum 15.11.2021, 12.00 Uhr ein schriftliches Kaufangebot mit der Darstellung Ihres zukünftigen Nutzungskonzeptes abzugeben.“ Das Mindestgebot liege bei zwei Millionen Euro.
Im März hatte der Kirchenkreisrat Hamburg-Ost auf einer Sitzung das Aus der Anlage beschlossen (wir berichteten). Für viele Menschen, die miterleben konnten, wie durch diese beispielhafte Einrichtung über viele Jahre Begriffe wie Spiritualität, Umweltschutz, Kunst, Dialog und Nachhaltigkeit mit Sinn erfüllt und ganzheitlich in Einklang gebracht wurden, war die Nachricht ein Schock.
Corona-Krise verschärfte wirtschaftliche Situation
Axel Richter, Leiter des KunstHauses am Schüberg, äußerte sich Ende März in einem Brief an Unterstützer und Freunde des KunstHauses zu den Gründen. Er schrieb: „Es fiel den für Haus und Ort Verantwortlichen und dem Kirchenkreisrat alles andere als leicht, die Aufgabe des Tagungsbetriebes und dieses besonderen kirchlichen Ortes in Hoisbüttel/Ammersbek zu beschließen.“
Die Corona-Krise habe die ohnehin schwierige Situation des Tagungshauses derart verschärft, dass aus betriebswirtschaftlicher Sicht ein Weiterbetrieb nicht mehr möglich sei. Ende Juni stellte das Tagungshaus seinen Betrieb ein.
Gibt es eine Gruppe, die Kriterien entwickelt hat?
Kirchenkreis-Pressesprecher Remmer Koch bestätigt, dass dieser als Verkäufer des Hauses am Schüberg „einen Makler beauftragt hat, das Objekt anzubieten“. Noch bis Mitte November könnten Interessenten ihr Gebot abgeben. „Mit dem Gebot verbunden ist aber auch die Beschreibung für die künftige Nutzung“, so Koch. Und weiter: „Am Ende wird nicht der Preis ausschlaggebendes Kriterium sein, sondern auch, wie die Pläne für die Zukunft aussehen.“ Doch was erwartet der Kirchenkreis vom künftigen Käufer? Nach welchen Kriterien wird über den Zuschlag entschieden?
Ende Mai hatte der Pressesprecher in Aussicht gestellt, dass eine „Gruppe von Menschen, die sich Gedanken um eine sinnvolle Nachnutzung und deren Machbarkeit machen“, demnächst ihre Arbeit aufnehmen und Kriterien entwickeln werde. Die aktuelle Nachfrage unserer Redaktion, wer zu dieser Gruppe zählt, ob sie die entsprechenden Kriterien inzwischen erarbeitet hat und welches diese sind, ließ der Pressesprecher jedoch unbeantwortet. Fraglich bleibt zudem, warum die Kirche in dieser Hinsicht nicht transparenter agiert.
Kunst- und UmweltHaus ohne neuen Standort
Axel Richter hat keine Sorge, dass sich potenzielle Käufer durch das Nutzungskonzept abschrecken lassen und ausbleiben. Er sagt: „Das läuft, immer wieder lassen sich Interessenten das Haus zeigen.“
Für das KunstHaus sei noch kein neuer Standort gefunden, doch „wir sind noch in der Entwicklung, da ist alles auf einem guten Wege“. Zum einen sei er das mobile Arbeiten gewohnt. Zum anderen werde der Bürotrakt, der noch bis auf Weiteres im Sonnenhaus untergebracht sei, weiterhin von Umwelt- und KunstHaus genutzt. „Das ist eine gute Zwischenlösung, so können wir im Bildungsbereich weiterarbeiten.“
KunstHaus-Leiter ist mit Projekten beschäftigt
Sein Schwerpunkt werde vermehrt Friedenskunst sein. „Es muss nicht wie gehabt an einem Ort weitergemacht werden, es läuft auch immer projekthaft“, zeigt sich Richter offen. Aktuell sei er mit einem großen Kunstprojekt auf der Insel Föhr beschäftigt. „Ich bin viel im Nordkirchenkontext unterwegs.“ Über seine eigene berufliche Zukunft muss sich Axel Richter offensichtlich keine Sorgen machen „Ich bleibe bis zur Rente Leiter des KunstHauses.“
Nach welchen internen Vorgaben auch immer der Kirchenkreis sich für einen neuen Besitzer entscheidet: Kaufinteressenten, die zusätzlich zu dem erforderlichen Kapital ein Konzept mit ins Spiel bringen, das Kunst- und UmweltHaus mit einbezieht, könnten durchaus die besseren Chancen haben.