Ahrensburg. Mehr als die Hälfte der Coupons wurde im Kaufhaus Nessler eingelöst. Dann folgen Filialisten. Nur ein Drittel ging an kleine Geschäfte.

Vom Ahrensburger Stadtgeld hat vor allem ein Unternehmen profitiert: Nessler. Mit mehr als 50.000 entfällt deutlich über die Hälfte der 93.069 eingewechselten Gutscheine auf das Kaufhaus. Auf den Plätzen zwei und drei folgen abgeschlagen die Filialisten Schuh Bode mit rund 5300 und Heymann mit 3600 Zehn-Euro-Coupons.

Vor allem große Unternehmen haben vom Stadtgeld profitiert

Beide betreiben nach dem Shop-in-Shop-Konzept Geschäfte im Nessler-Gebäude. Insgesamt entfallen somit Zweidrittel der Gutscheine auf das Kaufhaus Nessler und seine Untermieter. Erst an vierter und fünfter Stelle folgen mit der Buchhandlung Stojan (2500) und der Jeanspassage (2300) kleine, inhabergeführte Läden, auf deren Unterstützung das von CDU und Grünen beschlossene Stadtgeld vor allem zielte.

Großteil der 90 registrierten Unternehmen erhält dreistellige Zahl Gutscheine

Eine vierstellige Zahl Coupons konnten noch der Spielwarenhändler Ollefant, das Fahrrad- und Metallwahrengeschäft Ernst Kretzschmann sowie das Café Zeitlos, die Cocktailbar Ramrob, das Restaurant Rockefeller und die Vinothek Wein Ahrens verbuchen. Alle übrigen der 90 für die Aktion registrierten Unternehmen erhielten nur eine dreistellige Zahl. Das geht aus einer Auflistung hervor, die die Verwaltung dem Hauptausschuss unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorgestellt hat.

Das Rathaus wollte sich nicht zur Statistik äußern

Mehrere Quellen haben der Redaktion die Zahlen bestätigt. Das Rathaus wollte sich auf Anfrage nicht zu der Statistik äußern, verweist auf den Datenschutz. „Mit Hinweis auf fehlende Einwilligungserklärungen des Handels zur Veröffentlichung der Daten können diese nicht herausgegeben werden“, sagt Stadtsprecher Fabian Dorow. Nessler ließ eine entsprechende Anfrage der Redaktion unbeantwortet.

WAB hatte in der Vergangenheit Einsicht in die Zahlen gefordert

Bei der Wählergemeinschaft WAB hatte die Argumentation der Verwaltung schon im Hauptausschuss im August für Ärger gesorgt. Die Fraktion hatte die öffentliche Herausgabe der Zahlen beantragt, um einen Überblick zu erhalten, inwieweit lokale Einzelhändler und Gastronomen tatsächlich von der 1,3 Millionen Euro teuren Aktion profitiert haben. „Wir hätten uns eine detaillierte Aufschlüsselung gewünscht, zumal Steuergeld aufgewendet wurde“, sagte WAB-Fraktionschef Peter Egan damals.

„Wir hätten uns gewünscht, dass die Kleinen mehr abbekommen“

Jetzt – von dieser Redaktion mit den Zahlen konfrontiert – sagt er: „Wir hätten uns gewünscht, dass kleine Händler mehr vom Kuchen abbekommen.“ Egan führt den großen Anteil für Nessler auf zwei Faktoren zurück. „Zum einen hat Nessler sehr intensiv und großflächig für das Stadtgeld geworben.“ Zum anderen sei das Kaufhaus mit seinem breiten Sortiment gegenüber kleinen Geschäften im Vorteil.

FDP hätte Geld lieber in ein Stadtmarketing investiert

Deutlicher in ihrer Kritik wird die FDP. „Die Befürchtung, die wir von Beginn an hatten, dass hier ziellos Geld ausgeschüttet wird, hat sich bestätigt“, sagt Fraktionschef Thomas Bellizzi. Natürlich freuten sich die Liberalen über jede Unterstützung für den Ahrensburger Einzelhandel. „Jeder Euro, der bei uns in der Stadt ausgegeben wird, ist ein guter“, so Bellizzi. „Aber es hätte sinnvollere Wege gegeben, das Geld auszugeben, die zu einer gleichmäßigeren Verteilung geführt hätten,“ sagt der FDP-Politiker und nennt ein Stadtmarketing. „Von einem solchen hätten die Einzelhändler und die Gastronomie langfristig profitiert“, so Bellizzi.

SPD und Linke wollen die Zahlen nicht kommentieren

SPD und Linke wollten die Zahlen auf Anfrage nicht kommentieren und verwiesen auf die nichtöffentlichen Beratungen zu dem Thema. Die CDU verteidigt die Aktion. „Dass Nessler viel abbekommen würde, war uns von Beginn an klar“, sagt der Fraktionsvorsitzende Detlef Levenhagen. Es sei auch Geld bei den kleinen Geschäften angekommen. Die intensive Reklame des Kaufhauses für das Stadtgeld habe sicherlich eine Rolle gespielt. „Nessler hat das sehr gut gemacht“, so Levenhagen.

CDU-Fraktionschef spricht dennoch von „hervorragendem Ergebnis“

Die Politik habe wenig Einfluss auf das Kaufverhalten der Kunden. „Das ist auch nicht unsere Aufgabe“, so der Christdemokrat. Levenhagen verweist darauf, dass rund 77 Prozent der ausgegebenen Gutscheine eingelöst worden seien. „Für den Ahrensburger Einzelhandel ist das ein hervorragendes Ergebnis.“ Ähnlich äußert sich Grünen-Fraktionschefin Nadine Levenhagen. „Auch das Kaufhaus Nessler ist ein Ahrensburger Betrieb, insofern bleibt ein Großteil des Geldes in der Stadt“, sagt sie.

Fraktionsvorsitzende der Grünen lobt Werbekonzept von Nessler

Nessler habe geschickt auf das Stadtgeld aufmerksam gemacht. „Es wurde großflächig mit Plakaten dafür geworben, die Gutscheine im Kaufhaus einzulösen, dazu gab es noch eine Rabattaktion“, so Levenhagen. Die Grünen hätten sich auch von anderen teilnehmenden Betrieben mehr Reklame gewünscht. „Wir haben die Händler und Gastronomen immer aufgefordert, Werbung für die Aktion zu machen, denn einigen Kunden war möglicherweise nicht klar, wo sie das Stadtgeld überall einlösen können“, so die Fraktionschefin.

Stadtgeld sollte Händlern aus der Corona-Krise helfen

Das Stadtgeld war von CDU und Grünen initiiert worden, um Handeltreibenden und Gastronomen zu helfen, die unter den Lockdowns gelitten haben. Jeder erwachsene Ahrensburger bekam drei Zehn-Euro-Coupons, Kinder und Jugendliche fünf. Im Juni und Juli hatten sie acht Wochen Zeit, das Stadtgeld in teilnehmenden Geschäften einzulösen.