Bargteheide. Mehr als 100 Bäume wurden gefällt. CDU und Wählergemeinschaft kritisieren die Entscheidung vorbei an den Gremien.
Die Empörung über den Kahlschlag am Südring in Bargteheide zieht Kreise. Nun hat sich auch die CDU dezidiert zu Wort gemeldet. „Durch den Kahlschlag hat die Bürgermeisterin Tatsachen geschaffen, ohne eine hinreichende Beteiligung der Bürger und der politischen Gremien“, moniert der Ortsverbandsvorsitzende Hans-Werner Harmuth.
Sein Parteifreund Friedrich Westerworth ist noch einen Schritt weitergegangen. Er hat jetzt offiziell Anzeige gegen die Stadtverwaltung „wegen des unzulässigen Kahlschlags auf dem Flurstück 60/19“ gestellt.
Vertreter der Kommunalpolitik kritisierten Aktion
Wie bereits berichtet, sind in der vorvergangenen Woche auf besagtem Areal von Mitarbeitern des städtischen Bauhofs mehr als 100 Bäume, darunter vornehmlich Rotbuchen, Eschen und Lärchen, gefällt worden. Begründet wurde das massive Vorgehen seitens der Stadtverwaltung mit „zwingend erforderlichen Pflegemaßnahmen“, der „Pflicht zur Verkehrssicherung“ sowie mit einer „Bestandssicherung und Läuterung der Fläche“.
Der Kahlschlag war zuvor nicht nur von Anwohnern und Passanten scharf kritisiert worden, sondern ebenso von Vertretern der Kommunalpolitik und der Umweltverbände. SPD-Fraktionschef Mehmet Dalkilinc etwa sprach von einem inakzeptablen „Diktat aus dem Rathaus“. Karl Dziomba vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hatte die Aktion gar als „Skandal“ bezeichnet, der fassungslos mache.
Untere Forstbehörde ist nicht informiert worden
Friedrich Westerworth, bürgerliches Mitglied im Ausschuss für Umwelt, Klima und Energie (UKE), fordert nun sogar „disziplinarrechtlich oder ggf. strafrechtlich“ gegen die Amtsleitung der Stadt Bargteheide vorzugehen. „Ein politischer Beschluss, dass die Fläche entwaldet wird, um sie anderweitig zu nutzen, liegt nicht vor“, sagt Westerworth. Überdies sei nicht einmal die für Bargteheide zuständige Forstbehörde in Mölln über die Maßnahme informiert worden.
Aus seiner Sicht seien die genannten Begründungen für die Baumfällungen „laienhaft“ und würden die Notwendigkeit des vollzogenen Kahlschlags keineswegs belegen. „Dass der etwa 35 Jahre alte Wald auf einer Fläche von 3500 Quadratmetern zum größten Teil gefällt wurde, kann ich nicht nachvollziehen“, so Westerworth.
Eigenmächtigkeit soll dringend aufgeklärt werden
Der CDU-Ortsverband ging in einer am Mittwoch auf seiner Homepage veröffentlichten Stellungnahme unter dem Titel „Es war einmal ein Wald in Bargteheide!“ insbesondere mit Bürgermeisterin Birte Kruse-Gobrecht (parteilos) einmal mehr hart ins Gericht. Kein Fraktionsmitglied sei über das Ausmaß des Eingriffs vorab informiert worden. Diese „Eigenmächtigkeit“ müsse „dringend aufgeklärt werden“.
Von einer „Läuterung der Fläche“ könne überhaupt keine Rede sein. Die Forstwirtschaft definiere sie als Entnahme einzelner, zur gezielten Stärkung umstehender Bäume. „Die Begriffe Pflegemaßnahme und Läuterung werden hier also wissentlich falsch eingesetzt“, heißt es in der Erklärung.
Rodung ist Voraussetzung für Urban Gardening
Denn offenbar diene die Kahlschlagsfläche laut einer Vorlage für den Umweltausschuss als Potenzialfläche für das Projekt „Urban Gardening“. Bei dem laut Konzept Gemeinschaftsbeete fürs Stadtgärtnern entstehen sollen, samt Streuobstwiese, Imkerei, Heilkräuter-Lehrpfad und Kräuterschnecken.
Vor diesem Hintergrund werde verständlich, weshalb die Bäume in ungewöhnlicher Höhe abgesägt worden seien. So könnten die hohen Stubben mit Kette und Traktor besser entfernt werden. Die „totale Rodung“ sei nämlich die Voraussetzung für die Umsetzung des „Urban Gardening“-Projektes.
Parallelen zu Oststeinbek und Timmendorfer Strand
„Dieser Zusammenhang zeigt, wie die Bürgermeisterin ihre wahren Absichten verschleiert und Bürger und Politik öffentlich an der Nase herumführt“, sagt Hans-Werner Harmuth. Damit beweise die Bürgermeisterin wiederholt, dass die Politik allen Anlass habe, ihr zu misstrauen. Weil eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Verwaltung, Bevölkerung und Politik so nicht gehe.
Wenn Kruse-Gobrecht ohne Bürgerbeteiligung, ohne politisches Mandat und ohne Beratung in den Gremien die Rodung eines Waldes anordne, baue sie selbst „Parallelen zu Oststeinbek und Timmendorfer Strand“ auf. In den Kommunen war es im März 2013 und im November dieses Jahres zu Abwahlverfahren noch während der laufenden Amtsperiode gekommen.
WfB moniert fehlende Untersuchung der Biodiversität
Auch die Wählergemeinschaft (WfB) hat noch einmal nachgelegt. Fraktionschef Norbert Muras stufte die Argumente für den Kahlschlag „als reine Schutzbehauptungen“ ein. Das Projekt „Urban Gardening“ als Vorwand für eine umfangreiche Waldrodung anzuführen, sei „moralisch fragwürdig“ und widerspreche dem Naturschutzgedanken.
„Die genannte Begründung, das Projekt habe positive Auswirkungen auf Stadtnatur und Insekten, ist angesichts des Totalausfalls von etwa 100 Bäumen als CO2-Speicher, Sauerstoffproduzent, Klimaregulierung, Lebensraum für Kleintiere und als Luftreiniger geradezu zynisch“, so Muras wörtlich. Eine Untersuchung der Biodiversität in dem Waldstück sei erst gar nicht durchgeführt worden. „Brokkoli statt Baumkronen? Ernsthaft?“, fragt der WfB-Chef.
Die Untere Naturschutzbehörde sieht bislang indes keinen Grund zum Eingreifen. Pflege- und Erhaltungsmaßnahmen bedürften nicht grundsätzlich einer Zustimmung ihrerseits. Und „eine Betroffenheit naturschutzrechtlicher Belange“ sei auch nicht festgestellt worden.