Glinde. Bürgermeister unterzeichnet in Anwesenheit von Innenministerin Europäische Charta. Stadt ist diesbezüglich erste Kommune im Kreis.
Links an der Tischreihe neben Glindes Bürgermeister Rainhard Zug sitzt Landrat Henning Görtz, einige Meter weiter hat Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) an der Seite des Bürgervorstehers Martin Radtke Platz genommen. Und im Publikum ganz vorn schlägt der SPD-Landtagsabgeordnete Martin Habersaat aus Reinbek auf einem Stuhl die Beine übereinander. Es muss schon ein besonderer Anlass sein, wenn diese Personen bei einer Sondersitzung der Stadtvertretung zusammenkommen.
Die Stadt sei Vorreiter in Schleswig-Holstein
In diesem Fall ging es um Frauen. Der Verwaltungschef der rund 19.000 Einwohner zählenden Stadt unterzeichnete die Europäische Charta für Gleichstellung. Glinde ist die erste Stormarner Kommune, die diesen Schritt geht und die dritte in Schleswig-Holstein nach Flensburg und Lübeck. Sie hatten 2019 signiert. Bislang sind 1800 Städte, Gemeinden und Landkreise aus 36 Nationen dabei.
Die Charta auf lokaler Ebene wurde bei einem Projekt in den Jahren 2005 und 2006 erarbeitet. Verantwortlich dafür war der Rat der Gemeinden und Regionen Europas. Unterzeichner entwickeln innerhalb von maximal zwei Jahren einen sogenannten Gleichstellungs-Aktionsplan. In ihm sind Ziele samt Prioritäten formuliert, die dann umzusetzen sind. „Das ist nicht nur ein formaler Akt, Glinde hat auch eine Verpflichtung“, sagte Sütterlin-Waack in ihrer Rede im Festsaal des Bürgerhauses. Sie betonte, die Stadt sei Vorreiter in Schleswig-Holstein. Darauf könne sie stolz sein.
Auch Stormarns Landrat ergriff das Wort
Für die Ministerin war der Auftritt eine Art Heimspiel. Sie wurde in Reinbek geboren, verbrachte die ersten dreieinhalb Lebensjahre in Glinde. Sütterlin-Waack erzählte auch aus ihrer Kindheit: „Ich bin mit zwei starken Frauen groß geworden, meiner Mutter sowie der Großmutter. Was Glinde nach dem Signieren unter anderem anpacken muss, beschrieb sie so: „Es geht darum, Diskriminierten zu helfen und Gewalt zu verhindern sowie Motivation zu schaffen für Frauen, sich in der Kommunalpolitik zu engagieren.“
Stormarns Landrat wurde auch gebeten, das Wort zu ergreifen. Henning Görtz hielt sich kurz, brachte es aber auf den Punkt: „Es ist ein besonderer Moment. Handeln ist aber wichtiger als reden.“ Bürgermeister Zug sagte unserer Redaktion, es werde zu diesem Thema Veranstaltungen mit Bürgern geben. „Es ist die Frage, wie wir es hinbekommen, dass Frauen und Männer gleiche Teilhabe bekommen.“
Höheres Einkommen für Reinigungskräfte gefordert
Vor den rund 50 Anwesenden äußerte sich auch Ulrike Müller-Kopsch von den Grünen in ihrer Funktion als Mitglied des Frauenforums und zeichnete Wege auf, die nun zu bestreiten sind. Der Glinder Gruppe gehören rund 15 Personen an, Frauen aus der Politik und solche, die in anderen Bereichen ehrenamtlich aktiv sind. Dazu zählt auch eine Vertreterin der Arbeiterwohlfahrt (Awo). Von dem Frauenforum ging die Initiative aus, dass Glinde die Charta unterschreibt. Dafür wurde mit Kerstin Schoneboom die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt mit ins Boot geholt. Im Juni fasste die Stadtvertretung den Beschluss.
Auch die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Marlies Kröpke und FDP-Stadtvertreterin Barbara Bednarz machen beim Frauenforum mit. Sie finden, dass die städtischen Putzfrauen zu niedrig eingestuft sind und mehr Geld verdienen sollen. „Wenn ein Arbeitgeber will, geht alles“, sagt Kröpke und verweist dabei auf den Bürgermeister. Aus Sicht der beiden Politikerinnen wäre ein höheres Einkommen für die Putzfrauen ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Gleichstellung von Frau und Mann.